Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 229c

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Vom Punkt zur vierten Dimension. Geometrie für Jedermann.

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Neunundzwanzigstes Kapitel
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Winkelfunktionen
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Wir haben bisher absichtlich über die Beziehungen zwischen den Seiten eines Dreiecks und seinen Winkeln nicht viel gesprochen, da die Lehre von diesen Beziehungen ein geschlossenes Reich der Geometrie, nämlich die sogenannte Trigonometrie, bildet. Unter Trigonometrie versteht man einen Teil der Geometrie, der es sich zur Aufgabe setzt, aus gegebenen Stücken eines Dreiecks nichtgegebene Stücke im Wege der Rechnung entweder in allgemeinen oder konkreten Zahlen zu bestimmen. Vorstufe dieser „Dreieckausmessung“ (Tri = = drei, Gonü = Winkel, metron = Maß) ist die sogenannte Goniometrie oder Winkelmessungslehre. Die beiden Wissensgebiete werden aber nicht streng auseinandergehalten und das Wort Trigonometrie wird gewöhnlich für beide gebraucht. Wir werden also auch nicht so strenge scheiden, sondern alle unsere Untersuchungen als „trigonometrische“ bezeichnen.
Zuerst ein allgemeiner Dreiecksatz: Wir behaupten, daß von zwei Seiten eines Dreiecks stets die größere Seite dem größeren Winkel und die kleinere Seite dem kleineren Winkel gegenüberliege. Beim rechtwinkligen Dreieck haben wir diese Tatsache schon festgestellt. Denn der größte Winkel in einem solchen Dreieck ist ja stets der rechte Winkel und diesem liegt stets die Hypotenuse, also die größte Seite gegenüber. Wir könnten diesen Spezialfall auch aus dem Winkel im Halbkreis streng beweisen. Denn dem rechten Winkel liegt dort der Durchmesser, also die längstmögliche Sehne gegenüber, während den beiden anderen Winkeln Sehnen gegenüberliegen, die als Nicht-Durchmesser unbedingt kürzer sein müssen. Da wir aber Spezialfall-Beweise nicht gelten lassen, bringen wir den strengen Beweis für den allgemeinen Fall.


 
Zu diesem Zweck tragen wir im Dreieck ABC, in dem   ist, die Seite BC von C an auf CA ab und erhalten dadurch den Punkt D und damit das gleichschenklige Dreieck BCD, in dem Winkel   gleich sein muß Winkel  . Der Winkel   ist aber ersichtlich nur ein Teil des Winkels  . Da aber weiters   als Außenwinkel des Dreiecks ABD gleich ist dem Winkel   plus dem Winkel  , so muß, da Winkel   Winkel   (oder  ) und Winkel   Winkel  , nach dem „Prinzip der Transitivität“ natürlich auch  ,
was zu beweisen war.
Durch Wiederholung dieses Schlusses für andere Seitenpaare kommen wir dazu, die Behauptung aufzustellen, daß sich in Bezug auf Größer- und Kleinersein die drei Seiten eines Dreiecks entsprechend den Winkeln verhalten: Der größten Seite liegt der größte, der kleinsten Seite der kleinste und der „mittelgroßen“ Seite der „mittelgroße“ Winkel gegenüber. Nun ist diese Beziehung vorläufig noch keine Maßbeziehung. Denn beim „Pythagoras“ etwa liegt dem rechten Winkel nicht eine Seite gegenüber,die entsprechend der übrigbleibenden Winkelsumme von 90 Graden ebenfalls die Summe der anderen Seiten wäre. Sondern ihr Quadrat ist die Summe der Quadrate der beiden anderen Seiten. Die rein lineare Beziehung wäre auch gar nicht möglich, da ja aus   kein Dreieck, sondern eine Gerade entstehen würde. Allerdings sind zwar nicht die beiden kürzeren Seiten gleich der dritten, sondern ihre Projektionen. Die kürzeren Seiten müssen gleichsam perspektivisch verlängert werden, um ein Dreieck zu bilden.
Wir werden uns nun bei einem beliebigen Winkel ansehen, wie sich seine Projektion zur Dreieckseite verhält, wenn er gleichsam aus der Projektion herausgedreht wird. Und zwar fällen wir, den Gesetzen orthogonaler (rechtwinkliger) Projektion folgend, stets vom Endpunkte des sich drehenden Winkelschenkels ein Lot auf die ruhende Basislinie. Dabei wählen wir an „Drehsinn“ wieder die verkehrte Drehungsrichtung des normalen Uhrzeigers.


 
00 px
Der Winkel al hat die Projektion   und das Lot  , der Winkel   die Projektion   und das Lot   usw. Liegt der bewegliche Schenkel, den wir   nennen wollen, in der Basis b, dann ist der Winkel   Grade, die Projektion   und das Lot  . Ebenso würden bei 180 Graden Drehung das Lot verschwinden und die Projektion gleich r werden. Bei 0 Graden verschwindet die Projektion und das Lot wird gleich r.
Wir sehen also, daß für jede Größe des Winkels sich die Beziehungen zwischen q, r und p irgendwie ändern müssen. Wenn etwa das Lot wächst, verkleinert sich bei konstantem r die Projektion und umgekehrt. Es liegt somit nahe, jedem Winkel zur Bestimmung oder Festlegung seiner Größe Verhältnisse von Dreieckseiten zuzuordnen, da, wie man in der Mathematik sagt, dieses Seitenverhältnis eine „Funktion“ des Winkels oder der Winkel eine „Funktion“ des Seitenverhältnisses ist. Nähere Ausführungen über den Begriff der Funktion müssen wir uns an dieser Stelle versagen. Wir verweisen hiezu auf unser Buch „Mathematik von A bis Z“ und erläutern nur kurz, daß man unter Funktion eine Beziehung versteht, bei der sich durch willkürliche Änderung der einen Größe eine andere Größe zwangsläufig ändert. Und zwar nach einem bestimmten Gesetz, das für den ganzen „Bereich“ der Funktion dasselbe ist. Wir sehen aus unserer Zeichnung sofort solche Gesetzmäßigkeiten. Etwa wird im Bereiche O bis 90 Grade bei willkürlicher Vergrößerung des Winkels das Lot stets zwangsläufig größer und die Projektion kleiner, während der „Vektor“, das heißt der wandernde Schenkel, gleich bleibt.
Wir haben es aber weiters in der Hand, für jeden Winkel aus den drei Seiten des zugeordneten Dreiecks (mit den Seiten: Projektion, Lot und Vektor) sechs Verhältnisse zu bilden, da aus drei „Elementen“ nach den Lehren der Kombinatorik sechs Variationsamben möglich sind. Zur Aufstellung dieser Verhältnisse, die auch Winkelfunktionen, goniometrische Funktionen, trigonometrische Funktionen oder trigonometrische Zahlen genannt werden, verlassen wir die Ausdrucksweise Projektion, Vektor und Lot und sprechen lieber von Hypotenuse (Vektor), Gegenkathete (Lot) und Ankathete (Projektion). Wir bezeichnen als
  (Gegenkath. zur Hyp.)
  (Ankath. zur Hyp.)
  (Gegenkath. zur Ankath.)
  (Ankath. zur Gegenkath.)
  (Hyp. zur Ankath.)
  (Hyp. zur Gegenkath.)
„Hyp.“ bedeutet Hypotenuse, „Ankath.“ die dem Winkel   anliegende, „Gegenkath.“ die dem Winkel   gegenüberliegende Kathete.
In der Praxis werden kaum je andere als die vier ersten Funktionen benützt. Und wir beschränken uns auch im Folgenden auf diese vier Funktionen. Nun ersieht man schon aus unserer Zeichnung, daß bei Drehung des Winkels a über 90 Grade hinaus, stets wieder gleiche Beziehungen periodisch wiederkehren müssen. Man nennt diese Erscheinung das „Verhalten der Winkelfunktionen in den verschiedenen Quadranten“, worunter man die Bereiche 0° bis 90°, 90° bis 180°, 180° bis 270° und 270° bis 360° versteht. Würde sich der Winkel noch weiter, das heißt über 360° öffnen, so überdeckt er sich und es ist dasselbe, wie wenn ich die 360° überhaupt fortlasse. Jede Funktion von   ist also gleich der Funktion von   Graden. Wenn wir weiter festsetzen, daß die Projektionen vom Scheitel nach rechts positiv und die Lote nach oben positiv genommen werden sollen, während Projektionen nach links und Lote nach unten als negativ gelten; und wenn man schließlich den Vektor als vorzeichenlos (oder stets als positiv) betrachtet, dann gelangen wir zu folgender höchst wichtigen Beziehungstabelle, mittels derer wir schon ein riesenhaftes Gebiet goniometrischer Funktionen beherrschen (s. u.). Die in der Tabelle aufgezählten Gleichheiten gewinnt man aus Dreieckskongruenzen und zwar auf Grund des WSW-Satzes oder des WWS-Satzes, die ja beide im rechtwinkligen Dreieck dasselbe bedeuten. Die kongruente Seite ist der Vektor.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
So muß z. B. ein rechtwinkliges Dreieck, dessen einer Winkel a ist, als anderen spitzen Winkel   haben. Wenn ich also nach einer Funktion für   frage, habe ich sofort wieder ein Dreieck vor mir, das als zweiten spitzen Winkel   hat. Wenn in beiden aber noch die Hypotenuse (Vektor) gleich ist, dann sind sie unbedingt einander kongruent und nur lagemäßig gegeneinander versetzt, so daß aus dem Lot die Projektion und aus der Projektion das Lot wird. Dadurch aber verwandelt sich etwa der Sinus in den Cosinus usw.
Um in diese ganzen Beziehungen, die weniger schwierig als vielfältig sind, näheren Einblick zu gewinnen, möge der Leser versuchen, einige der Beziehungen in unserer Tabelle selbst abzuleiten, wobei stets auf das Vorzeichen zu achten ist, das Lot und Projektion haben. Wären beide negativ, dann ist die Winkelfunktion natürlich positiv, da sie nichts ist als ein Bruch oder Quotient. Nun wissen wir zwar schon allerlei, sind aber im Grunde nicht viel weiter als zu Beginn. Denn wir würden uns, um wirklich rechnen zu können, eine Tafel wünschen, die uns für jeden beliebigen Winkel sofort den Wert der Winkelfunktionen bietet. Nun, es gibt solche Tafeln, nur enthalten sie nicht unmittelbar den Wert der Winkelfunktionen, sondern deren Logarithmen. Und zwar kann man aus solchen Tafeln, sogenannten logarithmisch-trigonometrischen Tafeln; die Logarithmen, der Winkelfunktionen bis auf Winkelsekunden genau entnehmen. Natürlich kann man nun zu den Logarithmen jeweils den „Numerus“ suchen und hat damit den Wert der Winkelfunktion selbst. Wir können allerdings leider diese arithmetischen Einzelheiten hier nicht besprechen, sondern müssen auf die Erläuterungen in guten Logarithmenbüchern bzw. auf Lehrbücher verweisen, in denen Wesen und Gebrauch der Logarithmen vorgetragen wird.
In manchen Logarithmen-Tafeln sind auch die „Numeruswerte“ oder „wirklichen Längen“ der Winkelfunktionen enthalten, allerdings gewöhnlich nicht so ausführlich wie ihre Logarithmen.
Damit wir aber einen Begriff davon erhalten, wie man einen Winkel zahlenmäßig gleichsam in eine Strecke oder in die „wirkliche Länge“ des Winkels verwandelt, machen wir einen sehr fruchtbaren Kunstgriff, der uns zugleich noch eine ganze Reihe neuer Beziehungen zwischen den Winkelfunktionen mit Hilfe des „Pythagoras“ erschließen wird. Es ist das der Kunstgriff des sogenannten „Einheitskreises“. Da wir nämlich nirgends bisher verlangt haben, daß die einzelnen Strecken (Lot, Projektion, Vektor) eine bestimmte Größe oder Länge haben müßten, dürfen sie natürlich auch die Länge 1 (eins) besitzen. Nun sind die Winkelfunktionen Brüche. Und es wird für uns daher von besonderem Vorteil sein, die Division zu vermeiden. Dies geschieht aber dann, wenn der Bruchnenner stets 1 ist. Wir werden also unsere Funktionen, die wir festgelegt haben, so in den „Einheitskreis“ einbauen, daß der Nenner als die Eins erscheint. Also werden wir beim Sinus den Vektor, beim Cosinus ebenfalls den Vektor, beim Tangens die Projektion und beim Cotangens das Lot als eins bezeichnen. Dann ergibt sich
 
 
 
 
Nun scheint es auf den ersten Blick, als ob die „wirkliche Länge“, des Sinus mit der des Tangens und die des Cosinus mit der des Cotangens identisch wäre. Dies ist aber nicht so. Denn wenn die Eins in allen vier Fällen das Gleiche bedeuten soll, dann kann nicht   sein.


 
Die p und q bei Tangens und Cotangens sind als Katheten natürlich andere Größen als bei Sinus und Cosinus, das heißt, sie gehören einem anderen rechtwinkligen Dreieck an, das dem ersten zwar ähnlich, nicht aber mit ihm kongruent ist. Denn das erste Dreieck hat die Hypotenuse  , während das andere beim Tangens die Hypotenuse   oder   hat. Wir werden diese Verhältnisse nunmehr der besseren Übersicht halber zeichnerisch festlegen, wobei wir aus den entstehenden rechtwinkligen Dreiecken sofort nach dem pythagoräischen Lehrsatz das Material zur Anlegung einer neuen Tabelle gewinnen werden.
Wenn wir nun unsere Dreiecke gesondert zeichnen und die Seiten sogleich mit den „wirklichen Längen“ der Winkelfunktionen, bzw. mit 1 oder einem aus dem Lehrsatz des Pythagoras gewonnenen Wert beschreiben, dann wird es uns möglich, jede Winkelfunktion durch eine beliebige andere auszudrücken. Den Lehrsatz des Pythagoras darf ich aber deshalb ruhig anwenden, weil ich ja nur mehr „wirkliche Längen“, also Strecken (oder Winkel, im Streckenmaß ausgedrückt) vor mir habe, sonach alle Sätze über Streckenverhältnisse benützen kann.


 
Aus den vorstehenden Dreiecken kann man jede Funktion durch jede andere ersetzen, indem man einfach das betreffende Seitenverhältnis von einem der Dreiecke mit den danebenstehenden Werten abliest. Es gilt demnach die Tabelle etwas weiter unten.
In ähnlicher Art könnte man noch andere goniometrische Beziehungen finden, etwa den Satz, daß  , was man aus einer Verschmelzung der beiden ersten Dreiecke mit Hilfe des „Pythagoras“ errechnen kann. Aus eben dieser verschmolzenen Figur könnte man weiter ablesen, daß Sinus durch Cosinus stets der Tangens desselben Winkels und Cosinus durch Sinus stets sein Cotangens ist. Dies könnte ich nebenbei auch dadurch aus der Tabelle berechnen, daß ich einfach   und   durch   ausdrücke und durcheinander dividiere usw. Unsere bisherigen Kenntnisse geben uns bei richtiger Anwendung schon eine unübersehbare Fülle von Material an die Hand.
 
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Wir wollen noch nachtragen, wie man negative Winkel behandelt. Dazu dient uns unsere erste große Tabelle. Da nämlich Winkel, die um eine volle Umdrehung voneinander verschieden sind, gleiche Winkelfunktionen haben müssen, so ist etwa   usw., welch letzteres wir dort angegeben finden.   ist also gleich   usw.
Der Anschaulichkeit halber wollen wir einige „wirkliche Längen“ von Winkeln bringen. Und zwar Werte für alle vier Funktionen.
        Sinus       Cosinus       Tangen       Cotangens
α = 0°       0,00000       1,00000       0,00000       +∞
α = 10°       0,17365       0,98481       0,17533       5,67128
α = 30°       0,50000       0,86603       0,57735       1,73205
α = 45°       0,70711       0,70711       1,00000       1,00000
α = 57°       0,83867       0,54464       1,53937       0,64941
α = 60°       0,86603       0,50000       1,73205       0,57735
α = 79°       0,98163       0,19081       5,14455       0,19438
α = 90°       1,00000       0,00000       +∞       0,00000


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