Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 128c

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Geschichte der Mathematik (Teil 28)

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Zehntes Kapitel
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JOST BÜRGI
Mathematik als Tabelle
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Doch unser Zauberteppich reißt uns in verwirrender Art vorwärts und rückwärts. Deshalb müssen wir unsre Darstellung wieder dadurch in disziplinierte Bahnen lenken, daß wir ein neues Problem, das geradezu eine unabsehbare Epoche bedeutete, in den Vordergrund schieben. Wir wollen uns noch aus einem zweiten Grund naher mit dieser Frage befassen, da gerade bei ihr eine halb unbewußte Falschmeldung der Wissenschaft am Werk ist, zumindest jedoch eine Flüchtigkeit, von der selbst ansonst subtile Mathematikbücher nicht frei sind. Wir meinen die Logarithmen, das konzentrierte Grauen so manches Mathematikschülers.
Es wäre sehr natürlich gewesen, wenn man die Logarithmen gleichsam systematisch entdeckt hatte. Man hatte sich auf Grund der eingehenden Analyse aller Rechenoperationen sagen müssen, daß noch weitere Grundoperationen möglich seien. Wie zur verbindenden (thetischen) Operation der Addition die Subtraktion ein auflösendes, rückgängig machendes (lytisches) Gegenspiel ist, so findet man die genaue Entsprechung bei der Multiplikation und Division. Ja, diese Zweiheit geht noch weiter, denn Potenzerhebung und Wurzelausziehen zeigen wieder dieselbe bilaterale Struktur. Nun wäre aber noch eine weitere Frage möglich. Es könnte nämlich bei einer Potenz die Basis bekannt und der Exponent unbekannt sein, also die Form   vorliegen, wobei  , irgendeine Größe konkreter Art, etwa 10 oder 500 oder 7.324 oder irgendeine Zahl bedeutet. Ist nun  , wobei auch   bekannt ist, dann muß man zugeben, daß es sich hierbei um eine aufbauende oder thetische Operation, nämlich um eine Spielart der Potenzierung handelt, bei der diesmal nicht die Basis  , sondern der Exponent x unbekannt ist. Diese zweifache Möglichkeit bei der Potenzierung ergibt sich aus der Nichtgeltung des kommutativen oder Vertauschbarkeitsprinzips bei der Potenzerhebung.
Bei Addition und Multiplikation ist es infolge der Kommutativitat gleichgültig, ob man   oder   ansetzt.
Ebenso ist bei der Multiplikation   und   gleichwertig.
Nicht aber bei der Potenzierung, bei der   etwas weltweit andres aussagt als  . Das erste heißt heute Potenzierung, das zweite Exponentialfunktion. Die Umkehrung von   ist die lytische Operation des Wurzelziehens, also  .
Was aber ist die Umkehrung von  ?
Falls ich etwa   setze, komme ich um keinen Schritt weiter. Denn jetzt erhebt sich erst recht die Frage, wie man   berechnen soll.
Wir werden darauf bald zurückkommen. Wir brechen aber bei dieser letzten Fragestellung hier vorläufig ab, da die historische Entwicklung tatsächlich einen ganz anderen Verlauf nahm, bis man endlich das Problem in voller Allgemeinheit durchschaute. Und gerade diese etwas bizarre Annäherung an das eigentliche Zentrum ist entdeckungsgeschichtlich äußerst reizvoll. Denn die Wirklichkeit, auch in der Mathematik, wählt oft den Weg des Kolumbus. Er hat bei seiner Ausfahrt nicht gesagt: „Ich will jetzt Amerika entdecken.“ Er hat nicht einmal an einen noch unbekannten Weltteil gedacht, sondern wollte den Weg nach Ostindien abkürzen. Fast genau so vollzog sich die Erfindung der Logarithmen.
Die ersten Spuren des Geheimnisses gehen bis auf Archimedes zurück und stammen aus dem Vergleich von arithmetischen und geometrischen Reihen. Deutlicher wird der Zusammenhang bereits bei Michael Stifel und bei Chuquet, der überhaupt, ebenso wie Stifel, ein genialer Mathematiker war. Wie gesagt, handelt es sich um den Vergleich einer arithmetischen und einer geometrischen Reihe, die bei Stifel in der „Arithmetica integra“ schon in folgender Form auftritt:
... -4; - 3; -2; -1; 0 ; 1; 2; 3; 4; 5; 6; ...
...  ;  ;  ;  ; 1; 2; 4; 8; 16; 32; 64; ...
Stifel bemerkt dazu: „Man könnte ein ganz neues Buch über die wunderbaren Eigenschaften dieser Zahlen schreiben, aber ich muß mich an dieser Stelle bescheiden und mit geschlossenen Augen daran vorübergehen.“ An anderer Stelle allerdings öffnet er die Augen ein wenig, denn er bemerkt: „Addition in der arithmetischen Reihe entspricht der Multiplikation in der geometrischen, ebenso Subtraktion in jener der Division in dieser. Die einfache Multiplikation in den arithmetischen Reihen wird zur Multiplikation in sich (Potenzierung) bei der geometrischen Reihe. Die Division in der arithmetischen Reihe ist dem Wurzelausziehen in der geometrischen Reihe zugeordnet wie etwa die Halbierung dem Quadratwurzelausziehen.“
Damit war eigentlich schon im Jahre 1544 das logarithmische Prinzip voll und deutlich ausgesprochen, die Möglichkeit nämlich, die Stufe der ersten sechs Rechenoperationen nach Bedarf um je eine Stufe herabzusetzen. Um deutlicher zu sein, wollen wir die zweite Behauptung Michael Stifels an der von ihm selbst aufgestellten Reihe exemplifizieren. Hätte man etwa die Multiplikation   auszuführen, dann braucht man bloß die darüberstehenden beiden Zahlen der arithmetischen Reihe, also 3 und 6 zu addieren und erhält 9.
Unter dieser Neun aber steht jetzt in der geometrischen Reihe das Multiplikationsergebnis 512.
Natürlich darf man auch mehr als zwei Faktoren nehmen,
etwa  ;  ; 2 und 256.
Addition ihrer Entsprechungen in der arithmetischen Reihe ergibt
 ; worauf sofort 16 als Ergebnis abgelesen werden kann, da es unterhalb der Vier steht.
Zum Zweck der Division muß subtrahiert werden. So ist etwa   äquivalent mit   und als Quotient ergibt sich unterhalb der Drei die Zahl 8. Die Potenzierung, die man ja auch als wiederholte Multiplikation „in sich“ auffassen kann, wie Stifel sagt, erfolgt bei unseren Reihen durch Aufaddition der arithmetischen Reihenglieder „in sich“ oder, was dasselbe ist, durch Multiplikation.
So ist etwa   zu finden durch  , unter welcher Zahl 512 steht, oder noch einfacher durch  , was dasselbe liefert. Wurzelausziehen wird durch Division geleistet. Die vierte Wurzel aus 256 wird gewonnen, indem man ansetzt   und damit als Wurzelwert 4 erhält.
An und für sich ist diese Zauberei nicht mystisch, wenn man unsere Reihen algebraisch anschreibt.
... -5; - 4; -3; -2; -1; 0; 1; 2; 3; 4; 5; ...
...  ;  ;  ;  ;  ;  ;  ;  ;  ;  ;  ; ...
Man sieht sofort, daß die „arithmetische Reihe“ nichts andres ist als die „Folge“ der Potenzexponenten und daß man beim konkreten Rechnen nichts andres vorgenommen hat als die Ausführung der Rechnungsoperationen mit Potenzgrößen.
Denn  
oder
 
und
 
und
 
und schließlich
 
usf.
Daher nennt man auch heute die Tatsache, daß
 
schlechtweg die „logarithmische Eigenschaft“, da sich aus dieser ersten Eigenschaft alle weiteren ableiten lassen.
Zu dieser Verallgemeinerung allerdings stieg man, hauptsächlich wegen der noch nicht vollkommen ausgebildeten algebraischen Schreibweise, nicht sofort auf. Doch wurden die Erkenntnisse Michael Stifels von den späteren Algebraikern, insbesondere von Simon Jacob, übernommen und gelangten dadurch zur Kenntnis des Jost Bürgi, der ein ebenso genialer Mathematiker wie ein gehemmter und verschrullter Kopf war. Aber fast gleichzeitig entstand der gleiche Gedanke im Gehirn eines Schotten, des Gutsherrn von Merchiston, Lord John Napier oder latinisiert Neperus (Neper). Dadurch ist die Entdeckung der Logarithmen ein Schulbeispiel der Duplizität von Neuerungen, was Späteren hätte zu denken geben müssen, die in ähnlichen Fällen oft ohne Prüfung des Sachverhalts einen Prioritätsstreit entfesselten, der sowohl den Streitenden als der Wissenschaft schadete. Nebenbei bemerkt, entstand über die Priorität der Erfindung der Logarithmen keinerlei Streit. Nur die Nachwelt, bis in die modernsten Lehrbücher hinein, hat sowohl das Wesen dieser Entdeckungen als auch den Anteil, den Napier und Bürgi daran hatten, vollkommen verwirrt und entstellt.
Beginnen wir also systematisch bei der allgemeinen Problemlage der Zeit um die Wende des sechzehnten und siebzehnten nachchristlichen Jahrhunderts. Wir haben schon einmal bemerkt, daß speziell die germanischen Völker das rein Rechnungsmäßige an der Mathematik förderten und ausbildeten. Nun wurden aber trotz Durchsetzung des algorithmischen Zahlenrechnens, trotz sehr vertiefter Einsichten in das Wesen dieser Rechnungen und Rechnungsarten, die Berechnungen, die man brauchte, stets unübersichtlicher und verwickelter. Wir erinnern nur an Ludolf van Ceulen, dem es bekanntlich im Jahre 1596 gelang, weit über Archimedes hinauszugehen und
die Zahl   aus dem 1.073.741.284-Eck auf 35 Dezimalen mit
  zu berechnen. Astronomie, Astrologie und Trigonometrie sowie eine erweiterte Handelsbuchhaltung und Staatsverrechnung trugen das Ihrige zum Bedürfnis nach Rechenerleichterung und nach größerer Genauigkeit des Rechnens bei. Und dazu hatten, wie wir schon wissen, sowohl Stifel als Jacob als auch noch andere geradezu mit dem Finger auf die Fundgrube hingewiesen, die zu all diesen Zwecken unter der arithmet-ischen und der geometrischen Reihe verborgen lag. Dies alles wurde noch verstärkt durch das allmähliche Eindringen der Dezimalbruchschreibung in die Rechentechnik und durch das Vorhandensein von Tabellenwerken als Hilfsmittel für Multiplikation und Division. Aus diesen und nur aus diesen Gründen machten sich, als die Zeit reif geworden war, Bürgi und Napier an die Arbeit. Wir wissen heute, besser, wir sollten wissen, daß Bürgi früher im Besitze des neuen Hilfsmittels war. Er ließ es aber, angeblich aus Zeitmangel, nicht an die Öffentlichkeit gelangen, so daß ihm der große Kepler Vorwarf, er habe „das Kind seines Geistes im Stich gelassen, statt es für die Öffentlichkeit zu erziehen“. Und zwar habe er so gehandelt, weil er ein „cunctator“, also ein Zauderer, und ein „secretorum suorum custos“ (ein Hüter seiner eigenen Geheimnisse, also ein Geheimniskrämer) gewesen sei.


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