Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 073c

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Mathematik von A bis Z (Teil 10)

10 editar

Zehntes Kapitel
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Algebraische Schreibweise
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Kehren wir zuerst zu unserer Zimmerbodenfläche und zum Spannteppich zurück. Nur daß wir auch hier einen Schritt der Verallgemeinerung machen wollen, und nicht mehr den Gegenstand, sondern nur mehr die Form betrachten werden. Wir werden also jetzt und in Zukunft vom „Rechteck“ sprechen. Von einer geometrischen Form, die dadurch gekennzeichnet ist, daß vier, paarweise parallele Gerade (Strecken) ein Viereck mit vier sogenannten rechten Winkeln bilden, also paarweise aufeinander senkrecht stehen, in senkrechter Art zusammenstoßen. Das ist die Flächengaltung, für die unsere Formel   gilt; wobei (was wir willkürlich festsetzen) a die längere Seite, die Länge, b dagegen die kürzere Seite, die Breite, bedeutet. Daß also etwas „breiter als lang“ ist, kommt für uns infolge dieser Definition nicht in Betracht. „Breiter als lang“ hat nämlich, rein geometrisch und größenmäßig betrachtet, überhaupt keinen Sinn. Es ist vielmehr sinnvoll bloß in bezug auf die Lage eines Gegenstandes. Doch das nur nebenbei.
Nun kommen wir gleichsam zur „algebraischen“ Bedeutung des Produktes  , wenn wir uns die Allgemeinheit dieser Formel voll vergegenwärtigen. Das a kann jede beliebige Zahl bedeuten, die zwischen 0 und einer unendlich großen Zahl liegt. Vorausgesetzt, daß es unserer Nebenbedingung entspricht und jeweils größer ist als das danebenstehende b, das ebenfalls jede beliebige Zahl bedeuten kann. Ein Rechteck 2×1 ist ebenso denkbar, wie ein solches von den Ausmaßen 1.994.373×284.786 und in beiden Fällen bedeutet das Ergebnis der Multiplikation den Flächeninhalt, ausgedrückt in Quadrat- (Geviert-) Einheilen, deren Bedeutung vorläufig nicht untersucht werden soll, da sie jedem von uns als Quadratmeter, Quadratzentimeter usw. hinlänglich bekannt sind. Nun wollen wir unseren algebraischen Algorithmus an den Grenzen seiner Anwendungsmöglichkeit prüfen. Und wollen zu diesem Behuf bei feststehender Länge die Breite so groß als möglich wachsen und so stark als möglich abnehmen lassen. Da gibt es nun, unter Beachtung unserer Fest Setzungen, zwei „Grenzfälle“, zwischen denen alle übrigen „Normalfälle“ liegen. Es kann nämlich geschehen, daß die Breite ebenso groß wird wie die Länge, so daß man nicht mehr weiß, was Länge und was Breite ist. Also das b wird gleich dem a, die Breite ist bis zum Betrag der Länge gewachsen. Dazu wird bemerkt, daß unser Wachstum nicht kontinuierlich, sondern sprunghaft von Zahl zu Zahl weiterschreitel, da wir ja bisher nur die natürlichen, ganzen Zahlen gebrauchen.
 
Fig. 2


Da nun b gleich wird mit a, kann ich schreiben:  , was wir schon als Produkt gleicher Faktoren in der Form einer Potenz kennengelernt haben, a×a ist also gleich a2, „a der Zweiten“ oder auch „a zum Quadrat“. Aus dem Rechteck ist ein Quadrat geworden. Ich gebe zu, daß wir unsere Bedingung, daß die Länge stets größer sein muß als die Breite, etwas weitherzig ausgelegt haben. Nämlich in ihrer negativen Form: „Die Breite darf nicht größer sein als die Länge.“ Wir haben also ein wenig geschwindelt und haben eine „Lücke des Gesetzes“ benützt, um uns einzuschleichen. Das wollen wir jedoch auf uns nehmen und nun den zweiten „Grenzfall“ suchen. Was geschieht, wenn die Breite so klein wie möglich, wenn sie Null wird?   ! Also die Fläche des Rechtecks wird Null. Geometrisch gesprochen: Es bleibt als „Rechteck“ nur eine Strecke a, und die ist nach den Regeln der Geometrie nur nach einer Richtung hin ausgedehnt, nämlich nach der Länge. Eine Breite besitzt sie durchaus nicht. Also habe ich nach der Flächenformel das Gegenteil einer Fläche errechnet. Fürwahr eine erstaunliche Kraftprobe unseres Algorithmus und ein guter Beweis des Ineinandcrspielens mehrerer Algorithmen: des „algebraischen“ und des puren Zahlenalgorithmus. Unsere Denkmaschine beginnt erfreulich sicher zu funktionieren. Wir wagen uns deshalb an eine weit schwerere Aufgabe. Wir stellen eine zweite Nebenbedingung. Daß sich nämlich die Länge zur Breite ganz allgemein verhalten soll wie 5 zu 2. Ob das fünf und das zwei Lichtjahre, Kilometer oder Kleineres sind, ob es überhaupt im Metersystem ausgedrückt wird, ist gleichgültig. Es könnten Zoll, Werst, Yards, altgriechische Parasangen, Kinder-Nasenlängen, Spannen, Fuß, Stadien, was immer sein.  . Der Flächeninhalt unseres Rechtecks ist stets fünf mal zwei gleich zehn Geviertmaßen des vorgeschriebenen Maßsystems. Nun wollen wir uns, ohne ein bestimmtes Maß zu fordern, die Sache in verschiedene Einheiten untergeteilt hinzeichnen.
 
Fig. 3


Jedes dieser Rechtecke hat, in seinem besonderen Maß gemessen, 10 Gevierteinheiten seiner Maßgröße an Flächeninhalt. Stets stimmt die Formel: a=5, b=2, folglich a•b=5×2=10. Wenn ich mir nun, wieder nicht kontinuierlich, sondern mit einem letzten merkbaren Sprung, das kleinste aller möglichen Rechtecke erzeugt denke, in dem jetzt sowohl die Länge als die Breite Null werden, dann ergibt die Rechnung  . Unser kleinstes Rechteck hat also wieder die Fläche Null, das heißt, es entbehrt überhaupt einer Flächenausdehnung. Während aber im vorhergeschilderten Fall wenigstens die Länge zurückblieb (oder, was man bei Verletzung unserer ersten Bedingung: „Länge stets größer als Breite“ auch hätte durchführen können, wenn man die Breite gelassen und die Länge auf Null gebracht hätte, so daß 0×b=0), sind in unserem jetzigen Fall die Fläche, die Länge und die Breite zugleich verschwunden. Zurückgeblieben ist ein pures Nichts, ein geometrischer Punkt, ein Gebilde ohne jede Ausdehnung. Es ist aber rätselhafterweise doch noch etwas anderes zurückgeblieben, was wir im ersten Schrecken übersehen haben. Nämlich die Bedingung, daß sich die Seiten des Rechtecks wie 5 zu 2 verhalten. Da sich diese Bedingung als vollkommen unempfindlich gegen Maßsystem und absolute Größe zeigte, da sie Formbeharrung (Struktur-Invarianz) gegen jede, aber auch jede Größen bewies, dürfen wir den Satz der griechischen klassischen Geometrie, das Gesetz Euklids, daß das Verhältnis zweier Größen von deren absoluten Größen unabhängig sei, als allgemeinsten Satz fordern. Und wir behaupten, natürlich durch keine Anschauung unmittelbar unterstützt, daß auch innerhalb unseres Punktes die nicht mehr vorhandene Länge des nicht mehr vorhandenen Rechtecks sich zu seiner nicht mehr vorhandenen Breite verhalte wie 5 zu 2. Kurz, das „Nichts fünf“ mal dem „Nichts zwei“ gibt als Fläche das „Nichts zehn“. Also die Fläche eines bizarren nichtexistenten Rechtecks, das ein mathematischer ausdehnungsloscr Punkt und doch ein Rechteck ist. Wenn wir das nämlich nicht annehmen, geraten wir von der anderen Seite, rein algebraisch und algorithmisch, in die Zwickmühle. Schreiben wir, der Denkmaschine und der wahren Kabbala blind vertrauend, einmal unsere Bedingung als sogenannte Proportion
a verhält sich zu b sowie 5 sich zu 2 verhält, oder
a : b = 5 : 2,
eine Schreibart, die jedem von der Elementarschule her bekannt ist. Wenn ich nun a und b gleichzeitig bis auf Null verkleinere, erhalte ich
0 : 0 = 5 : 2.
Wenn nun weiter plötzlich die beiden Nullen das gleiche bedeuteten, dann würde 0:0 gleich eins. Denn jede Zahl durch sich selbst dividiert gibt eins. Dann müßte aber, damit der Gleichheitsbefehl zu Recht besteht, auch 5 dividiert durch 2 gleich 1 sein, was offenbar eine unsinnige Forderung ist. Ich habe also, nach dieser Überlegung, nur die Wahl, mir die sogenannte „Proportion“ so vorzustellen, daß die beiden Nullen sich zueinander wie 5:2 verhalten. Und man sagt dann, daß 0 durch 0 dividiert an sich ein unbestimmter Wert sei, der von Fall zu Fall indirekt bestimmt werden müsse und auch bestimmt werden dürfe.
Wir sind aber jetzt in der zweiten Zwickmühle. Es gibt eine Regel für die Proportion, die besagt, daß das Produkt der beiden Außenglieder dem Produkt jder Innengliedcr gleich sein müsse. Wenn also
0 : 0 = 5 : 2, dann muß
0 × 2 gleich sein 0 × 5
und das ist tatsächlich richtig, da ja 0×2 gleich 0, also dasselbe wie 0x5=0 ist. Der Deutlichkeit halber möge die Regel über die Produkte der äußeren und der inneren Glieder an einem anderen Beispiel demonstriert werden.
13 : 39 = 7 : 21, woraus folgt
13 × 21 = 39 × 7 oder 273 = 273.
Nun sind wir aber noch nicht fertig mit unseren Zweifeln. Denn wir können die Richtigkeit der Proportion algebraisch auch auf andere Art erhalten. Indem wir schrieben:
(5×O) : (2×0) = (5×l) : (2×l), was wieder
0 : 0 = 5 : 2 ergäbe.
Ich bin zu dieser Schreibweise berechtigt, da ich ja die ins Verhältnis zu setzenden Einheiten voraussetzungsgemäß so groß wählen darf als ich will. Also als Nullen oder als Einser oder als Zweier usw., da sich die Richtigkeit eines Verhältnisses nicht ändert, wenn ich beide Glieder mit einer beliebigen Zahl multipliziere.


Wir sind jetzt — mit voller Absicht — zu einer Zeit, wo wir noch nicht einmal die einfachsten Regeln der Algebra beherrschen, tief in die Grundlagen der höheren Mathematik, der Unendlichkeitanalysis, eingebrochen. Wir sind dabei, allerdings bloß ungefähr, einem Gedankengang des großen Leibniz gefolgt, der Ähnliches unter dem Titel: „Herleitung der Differentialrechnung aus dem gewöhnlichen algebraischen Kalkül“ darlegte. Wir haben aber natürlich dadurch noch nicht die Grundwidersprüche, unsere „Zwickmühlen“, aufgeklärt. Wir wissen nur, daß wir vor der Wahl stehen, entweder Unvorstellbares annehmen zu müssen, indem wir einen nach beiden Richtungen unausgedehnten Punkt als Rechteck unterschiedlicher Seitenlänge denken sollen; oder aber den Algorithmus, das Rechensystem, die Sicherheit der Proportion zum Teil aufzugeben. Auf jeden Fall macht uns die „verrückte“ Annahme des verschieden großen Nichts nach Länge und Breite weniger Unannehmlichkeiten als die starre Leugnung solcher Möglichkeiten.
Nun verlassen wir aber, scharf von unserem Widersacher gerügt, unsere vorgreifenden Betrachtungen und wenden uns jetzt den Äpfeln und Birnen zu. Daß ein Apfel plus fünf Äpfeln gleich sechs Äpfeln ist, dürfte als Problem für uns vorläufig nicht in Betracht kommen. Böser sieht es schon aus, wenn wir einmal behaupten, 3 Äpfel plus 5 Birnen seien 8 Obststücke oder auch wieder ein Teller Obst. Wenn wir den Apfel mit a, die Birne mit b, das Obststück mit c und den „Teller voll Obst“ mit d benennen, dann dürfen wir schreiben
3a + 5b = 8c oder
3a + 5b = d.
Da es nun eine unanfechtbare Wahrheit der Mathematik ist, daß zwei Größen, die einer dritten gleich sind, auch untereinander Gleichheit aufweisen, ergibt sich
8c = d
oder 8 Obststücke bedeuten einen Teller voll Obst. Auch diese Schlußfolgerung wollen wir noch als unproblematisch hinnehmen, da wir sie ja eigentlich definitorisch vorausgesetzt haben, als wir aus der Addition von 3 Äpfeln und 5 Birnen den neuen Artbegriff eines Tellers von Obst, und zwar eines bestimmten, eben so zusammengesetzten bildeten. Viel mysteriöser ist die Behauptung, daß 3 Äpfel plus 5 Birnen 8 Obststücke seien; obgleich sie auf den ersten Blick selbstverständlicher erscheint als die Behauptung über den Teller. Sie hat nämlich eine schwerwiegende Folge. Wenn wirklich 3 Äpfel plus 5 Birnen gleich 8 Obststücken sein sollen, dann habe ich unbewußt eine Rechnungsoperation durchgeführt. Ich habe nämlich in gewissem Sinn durch Bildung eines Oberbegriffs eine Gleichheit der Äpfel und Birnen auf höherer Ebene erzeugt. Sobald ich in Obststücken zu rechnen beginne, brauche ich überhaupt nicht mehr a und b und c zu schreiben. Ich kann dann einfach 3+5=8 schreiben und alle Bezeichnungen bis zum Endresultat vernachlässigen. Prinzipiell ist die Rechnung in Obststücken nichts anderes, als ob ich überhaupt nur Äpfel oder nur Birnen vor mir hätte. Jede einzelne Frucht ist ein Obststück und a wird gleich b und beides ist gleich c (a=b=c). Ich rechne also nicht mehr mit den Buchstaben, sondern mit den „Koeffizienten“.
Nun kann ich aus dieser Betrachtung einen sehr allgemeinen, alles Bisherige verbindenden Begriff der „Algebra“ gewinnen. Bekanntlich bleibt jede Größe, wenn sie mit 1 multipliziert wird, sich selbst gleich. Daher kann ich, um die gewöhnliche Zahlenrechnung als Untcrfall in die Algebra einzubezichen, sämtliche möglichen Zahlen einfach als Koeffizienten betrachten, während an Stelle der Äpfel oder Buchstaben überall „Einser“ treten. 5 Einser plus 17 Einser geben 22 Einser. Oder
5+17=22.
9348 Einser mal 15=140.220 Einser oder 9318×15=140.220. Alle Rechnungen mit unbenannten Zahlen in irgendeinem Zahlensystem sind also algebraische Operationen von Zahlen, die mit „Einsern“ benannt sind. Oder Operationen mit Koeffizienten von „Einsern“. Dadurch haben wir einen prächtigen ununterbrochenen Zusammenhang, einen kontinuierlichen, stetigen Übergang aus den Ziffernsyslemen zur Algebra gewonnen. Es sei noch bemerkt, daß die Multiplikation mit der Eins natürlich in jedem, selbst im dyadischen System die multiplizierte Zahl selbst als Resultat liefert. Alle Ziffernsysteme sind formbeharrend, invariant gegenüber der Multiplikation mit eins.
Nach dieser Zusammenfassung alles Bisherigen, glaube ich, wird es jetzt keine grundsätzliche Schwierigkeit mehr geben, tiefer in die Algebra einzudringen. Zuerst eine Vorfrage. Muß man stets mit Buchstaben und Zahlen gemischt rechnen? Oder könnte man, wie man mit Zahlen allein rechnet, so auch mit BuchsLaben allein rechnen? Eine sehr berechtigte Frage, die wir sofort näher untersuchen wollen. Wir wollen sie als das „Problem der allgemeinen und konkreten Koeffizienten“ formelmäßig für unseren eigenen Gebrauch umschreiben.
Was „konkrete Koeffizienten“ sind, haben wir an mehr als einer Stelle schon gezeigt. Plump gesprochen, sind es die Bezeichnungen für die Mengen irgendwelcher Einheiten. Bei 5a ist 5 der Koeffizient, a die Einheit, in der ich rechne. Bei 5a+7b+3c+8d ... sind 5, 7, 3, 8 die Koeffizienten, a, b, c, d ... die verschiedenen Einheiten, derer ich mich bediene. In diese „Einheiten“ oder „allgemeinen Größen“ darf ich jede beliebige Zahl einsetzen, wenn ich diese eingesetzte Zahl nur durch die ganze Rechnung bis zum Ergebnis festhalte. Die eingesetzte Zahl bleibt in der ganzen Rechnung dieselbe, bleibt gleich, konstant, unveränderlich. Daher nennt man a, b, c, d ... auch „Unveränderliche“ oder „konstante Größen“ oder einfach „Konstante“. Eine Jahrhunderte alte Entwicklung und Übereinkunft hat es mit sich gebracht, daß man die Konstanten im allgemeinen mit den kleinen Buchstaben des lateinischen Alphabets bezeichnet. Und zwar mit Buchstaben vom Anfang des Alphabets bis etwa zum u hinauf. Von u ab sind die Buchstaben für andere Zwecke reserviert, die wir später erörtern werden, r, s und t nehmen eine Art von Zwischenstellung ein und dürfen nur dann, wenn es unvermeidbar ist, als „Konstanten“ benützt werden.
(Z. B. wenn zahlreiche Buchstaben in lexikographischer Anordnung erforderlich sind, wie bei Koeffizienten langer Potenzreihen.)
Aber auch am Beginn des Alphabets sind mehrere Plätze konventionell besetzt. Der Buchstabe e dient seit Euler ausnahmslos zur Bezeichnung der Basis des sogenannten „natürlichen Logarithmensystems“, der Buchstabe i seit Gauß als Schreibung der „imaginären Zahl“ und der Buchstabe h wird in der höheren Mathematik gern als beliebig kleine Zuwachsgröße verwendet. Auch das d ist (als Operationssymbol der Differentialrechnung) bei Konstantenbezeichnungen in der höheren Mathematik zu vermeiden. Da wir nun in einer größeren Rechnung als Alphabet nur a, b, c, f, g, k, l, m ... hätten und diese unterbrochene Reihenfolge der wahren Eleganz und Übersicht widerspricht, bedient sich die modernste Algebra (auch noch aus anderen gewichtigen Gründen) der im Wesen von Leibniz vorgeschlagenen indizierten oder Indexschreibweise. Allgemeine Größen gleicher Art, etwa Summanden einer additiven Reihe, werden mit dem gleichen Buchstaben geschrieben, dem rechts unten als Unterscheidungsmerkmal der sogenannte Index angefügt ist. Also  ,  ,  ,   usw. Als Beispiel zeigen wir eine beliebige dekadische Zahl in dieser Schreibart, wobei wir sogar den Index 0 verwenden.
Dekadische Zahl   usw.
Mein Widersacher, den ich absichtlich provozierte, fährt sofort dazwischen und wirft mir ein, daß ich hier die Koeffizienten mit Buchstaben bezeichnete, während ich für die Einheiten Zahlen schrieb. Recht so! Wir wollen ja sehen, wie wir überhaupt ohne Zahlen auskommen können.
Wir müssen aber gründlicher antworten, um den Widersacher zum Schweigen zu bringen, denn er gestikuliert noch immer. Also zuerst:  ,  ,  ,   usw. bedeutet nur, daß an diesen Stellen, in der Reihenfolge der „Indizes“, Ziffern stehen können. Sonst nichts. Hier bei der Dekadik natürlich nur Ziffern von 0 bis 9. Dabei darf außerdem neben der höchsten Potenz nur eine der Ziffern 1 bis 9 stehen, da ja die Zahl nicht mit Null beginnen soll. Also zwei „Nebenbedingungen“. Innerhalb dieses Rahmens kann ich für jedes a stets die Ziffer setzen, die mir paßt. Also  ,  ,  ,  ,  ,  . Ich hätte dann die dekadische Zahl 204.175. Ich könnte aber auch wählen:  ,  ,  ,  ,  ,  . und hätte die Zahl 989.520;  ,  ,  ,  ,  ,   und hätte 600.000 usw. Ich habe also durch meine Schreibweise das Gcstaltbild einer dekadischen Zahl gegeben, die natürlich auch nicht sechsstellig sein muß. Ich könnte ja  ,  ,  ,  ,   usw. durch irgendwelche Ziffern ausdrücken und erhielte dann irgendeine 7-, 8-, 9-, 10-, 11-ziffrige Zahl. Ich darf natürlich auch anders indizieren. Etwa:
 
wodurch ich den Vorteil gewinne, daß mir der höchste Index sofort die Stellenanzahl der Zahl sagt, während der Polenzanzeiger die Nullenanzahl angibt. Wir sehen also, daß wir schon wieder eine selbsttätige Denkmaschine, einen Algorithmus der Ordnung, gewonnen haben.
Wie wir es schon gewohnt sind, wollen wir jetzt weiter verallgemeinern. Wir wollen jetzt nicht mehr eine dekadische, sondern eine Zahl irgendeines Systems schreiben, wobei wir wissen, daß die Grundzahl eines Stellenwertsystems mindestens zwei (Dyadik) betragen muß, während die Koeffizienten von der 0 bis zu einer Zahl laufen dürfen, die um eins kleiner ist als die Grundzahl. Die höchste Stellenziffer (der jeweils neben der höchsten, noch verwendeten Potenz siehende Koeffizient) dagegen darf nur von 1 bis zu der um eins verminderten Grundzahl „laufen“. „Laufen“ heißt in der Mathematik, daß eine allgemeine Zahl alle Werte zwischen den jeweiligen Grenzen annehmen darf. Hier natürlich nur ganzzahlige.
Wohl vorbereitet wollen wir noch eines feststellen: Die Grundzahl werden wir allgemein g nennen. Da sie stets gleich bleibt, das heißt innerhalb des Systems sich nicht ändern kann und darf, erhält sie keinen Index. Wohl aber einen Potenzanzeiger, da ja das Steigen der Potenzen von Stelle zu Stelle das Wesen eines Stellenwertsystems ist. Nun können wir schon schreiben: Zahl des Systems  .
Nun will ich daraus eine Zahl des Sechsersystems machen, g ist also gleich 6, während  ,   usw. nur von 0 bis einschließlich 5 laufen dürfen.  , die ich als höchste Stelle willkürlich festsetze, sogar nur von 1 bis 5.
Also etwa:  ,  ,  ,  ,  ,  .
Reihe   (dekadisch) oder als Zahl des Sechsersystems 215.032. Nun verwende ich dieselbe allgemeine Reihe für das Zweiersystem und wähle:
 ,  ,  ,  ,  ,  .
Zahl des Zweiersystems = 101.001 (g ist dabei 2).
Oder ich will im Dreizehnersystem arbeiten, also mit g=13.
 ,  ,  ,  ,  ,  .
Also: Zahl des Dreizehnersystess = 7C0.5A9 (wobei wir A und C als Ziffern betrachten).
Man sieht, daß ich mit obiger Reihe   das allgemeine Gestaltbild jeder Stellenwertzahl vor mir habe. Ich brauche bloß unter Beachtung gewisser Bedingungen einzusetzen.
Wir können es an dieser Stelle noch gar nicht ermessen, was wir damit gewonnen haben. Es ist die allgemeinste Aufgabe, das Endziel der Algebra, nunmehr mit diesen Strukturbildern zu rechnen, als ob es wirkliche Zahlen wären. Das heißt, ich darf den Algorithmus konkreter Zahlen auf allgemeine Zahlen anwenden. Ich kann sie addieren, subtrahieren, multiplizieren, dividieren, potenzieren usw. Und brauche dann erst in das Ergebnis konkrete Zahlen einzusetzen, wenn es mir nicht überhaupt genügt, die allgemeine Formel, gleichsam ein neues Gesetz, als Ergebnis aufzubewahren, um es irgend einmal zu verwenden.
Nun haben wir aber noch immer nicht die Frage beantwortet, ob wir unter Umständen auch ganz ohne Ziffern auskommen können. Wir wissen zwar schon, daß man nicht nur „Einheiten“, „Konstanten“ mit Buchstaben schreiben kann, sondern sogar die Koeffizienten. Wir haben aber als „Anzeiger“ noch immer Ziffern verwendet. Rechts unten bei den Koeffizienten als Platznummer, als Reihenfolgeanzeiger, rechts oben bei der Grundzahl als Potenzanzeiger. Denken wir nun energisch von den Zahlensystemen weg, vergessen wir sie einfach und schreiben wir uns eine summarische Aufeinanderfolge allgemeiner Zahlen, irgendeine, meinetwegen abgeschlossene Reihe an, in der überhaupt keine Ziffer vorkommt, und sehen wir dann zu, ob wir dieser Reihe einen konkreten Sinn abgewinnen können. Etwa:
 .
(Bei Indizierungen und Potenzanzeigern dürfen wir eher auch „verbotene“ Buchstaben wie e, d, h usw. verwenden!)
Was kann das heißen? Nun, es kann heißen, was wir wollen! Mit der einzigen Einschränkung, daß g stets gleich bleiben soll und daß die Indizes und die Potenzanzeiger steigend geordnet sind, da uns dies durch die alphabetische Reihenfolge nahegelegt wird. Fügen wir noch Ganzzahligkeit als Bedingung hinzu, dann kann unsere Reihe lauten:
15•75 + 8•79 + 932•710 + 20•713 + 0•725 + l•726 + 10•749 + 42.535•71.000.000
oder
0•00 + 0•01 + 0•02 + 0•015 + 1•030 + 17•031 + 2•050 + 27•0642.
Kurz, wir können hier schon zu einer sehr großen Mannigfaltigkeit von Auslegungen unseres „Gestaltbildes“ gelangen, weil es sich bei diesem Gestaltbild um nichts anderes als um eine Addition beliebig steigender Potenzen von g handelt, die mit ganz beliebigen Koeffizienten kombiniert werden dürfen.
Noch allgemeiner wäre die Reihe:
 .
Hier habe ich überhaupt nur mehr die Bedingung, daß alle Koeffizienten beliebig sind, während die Grundzahlen der Potenzen voneinander verschieden sein sollen. Die Potenzanzeiger dagegen sind weder steigend noch fallend geordnet. Eine solche Reihe könnte in Ziffern etwa folgendermaßen lauten:
0•27 + 25•73 + 4•940018 + 74•110 + 1•32.
Wir wollen aber durch Weitertreiben der Allgemeinheit nicht den Anschein erwecken, als ob nur solche Reihen, bestehend aus Koeffizienten mal Potenzen, die man dann addiert, möglich wären. Es gibt ungleich verwickeltere und zusammengesetztere Gestaltbilder, die nur aus Buchstaben bestehen. Wir wollten im Gegenteil nur an ganz einfachen Strukturen (Gestalten) zeigen, daß man sowohl Indizes, als Koeffizienten, als Grundzahlen, als Potenzanzeiger usw. in Buchstaben schreiben darf. Ich darf jede Zahl, jede Größe als Buchstaben anschreiben, vorausgesetzt, daß mich ihr konkreter Wert vorläufig noch nicht interessiert. Das ist eben das „Allgemeine“ an der Algebra. Nur werden mir trotz aller Allgemeinheit manchmal plötzlich konkrete Zahlen auftauchen, die ich einfach nicht vermeiden kann. Dies hat seinen Grund in der Gestalt der Rechnungsoperationen (der Befehle). Wenn ich verlange, man solle mir sagen, wieviel a•a•a ist, kann niemand behaupten, es sei an, sondern man muß a3 schreiben. Aber auch da gäbe es einen Ausweg: und zwar, wenn ich behauptete, ich wüßte noch nicht, in welchem Ziffernsystem ich das Resultat schreiben solle. Im Zweiersystem etwa wäre a•a•a die Potenz a11 und im Dreiersystem a10. Jetzt also kann ich antworten, a•a•a sei an, da der Exponent n, der Potenzanzeiger, erst durch die Angabe des Ziffernsystems realisierbar wird. Ebenso wäre es bei einer Addition a+a+a+a+a=5a. Bei vorläufig unbestimmtem Ziffernsystem dürfte ich behaupten a+a+a+a+a sei vorläufig ma. Den Wert von m könnte ich erst sagen, wenn man mir mitteilte, in welchem System ich es schreiben solle. Und so fort.
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