Diferencia entre revisiones de «Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 284c»

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:Der Diener war bald wieder zur Stelle und Leibniz trug ihm auf, schmale Papierstreifchen mit der Schere zu schneiden und dann den Kleister bereitzuhalten.
 
:Eine sonderbare Fügung des Schicksals: Er setzte das Werk Stenos an der Stelle fort, wo dieser es hatte liegen lassen. Auch Stenos bahnbrechende Erkenntnisse einer weit über Agricola aus Joachimstal hinausreichenden Geologie hatten den Forschungen hier im Oberharz ihren Ursprung verdankt. Und wie dem Agricola und dem hellsichtigen Steno, erzählte auch Leibnizen die durch Bergwerke erschlossene Erdrinde jetzt ihreverborgenstenihr everborgensten Geheimnisse. Bei ihm aber kam zum Forscherdrang noch etwas hinzu, das seine Untersuchungen mit Urgewalt vorwärtstrieb: die eherne Notwendigkeit, der Grubenwässer Herr zu werden.
 
:Vor etwa sechs Wochen war endlich seiner Abreise aus Hannover nichts mehr im Wege gestanden. Gleichwohl wäre noch im letzten Augenblick durch eine politische Verwicklung beinahe alles wieder vereitelt worden. Es hatte sich nämlich um den in voller Fruchtlosigkeit zu Ende gehenden Kongreß von Nimwegen gehandelt, auf dem seit fast drei Jahren die Neuordnung des durch Ludwigs Vorstoß gegen Holland aus den Fugen geratenen Europa beraten wurde. Leibniz hatte, einer sonderbar phantastischen politischen Logik folgend, mit einer Staatsschrift in den Gang der Ereignisse eingegriffen. Sie behandelte das Gesandschaftsrecht der deutschen Fürsten und trat für ein besonderes Privileg der Kurfürsten ein. Niemand wußte genau, ob diese Staatsschrift ernst gemeint oder eine große Ironie sei. Denn Hannover hatte schon seit Jahren sowohl um eine Erhöhung des Ranges seiner Gesandten als auch um die Möglichkeit gestritten, die Kurwürde zu erlangen. Und da hatte Otto von Grote zum erstenmal Leibniz Vorwürfe gemacht, er verhindere durch seine Vorschläge geradezu jede Möglichkeit, daß Hannover zuerst das „hohe Gesandtschaftsrecht“ erhalte und dann, später vielleicht, sich auf dieses Gesandtenrecht stütze, um die Kurwürde zu erreichen. Leibniz war gegenteiliger Meinung gewesen. Er hatte behauptet, irgend eine Rangerhöhung müßte den Welfen über kurz oder lang zufallen und es wäre dann um so besser, wenn alle Nebenfragen, die mit dieser Rangerhöhung verknüpft seien, vorher schon geklärt worden wären. Die tatsächlichen Ereignisse jedoch hatten alle juristischen Feinheiten in den Hintergrund geschoben. Der kaiserliche Deligierte, Herr von Stratmann, kämpfte in Nimwegen um Sein oder Nichtsein des Deutschen Reiches, und auch für Hannover, das durch allerlei Umstände aus seiner Allianz mit Ludwig XIV. hinausgedrängt und zur Neutralität gezwungen worden war, gab es mehr als eine bange Stunde: trotz der vierzehntausend Mann des HerrnvonPodewilsHerrn von Podewils und trotz der Inventio phosphori. Und in solch einer krisenhaften Lage war, kurz vor Leibnizens Abreise in den Silberdistrikt, Herr von Grote schon entschlossen gewesen, persönlich in die Beratungen von Nimwegen einzugreifen, und Leibniz hatte den Auftrag bekommen, sich zu Grotes Unterstützung bereitzuhalten. Im letzten Augenblick war Grote allein abgereist, da der Herzog die Münzangelegenheit plötzlich doch wieder für dringender ansah. Und so war, wie schon erwähnt, Leibniz vor etwa sechs Wochen im Ober-Harz eingetroffen.
 
:Er hatte sich zuerst sogleich zu den Münzprägwerkstätten begeben, um zu sehen, ob seine Pläne genau verwirklicht würden. Er hatte es nämlich beim Herzog durchgesetzt, daß Taler hergestellt werden sollten, die alle Münzen Europas, selbst die englischen, an innerem Wert überträfen. Denn Stabilität der Währung bedeute Schaffensruhe, Sparsinn und Werkfreude. Und bedeute weiter Ansehen der Kaufleute und Lust des Auslandes, das Beste vom Besten nach Hannover zu liefern. Und dies alles zusammen wieder ergebe Wohlstand und Auf blühen Hannovers. „Die Staatswirtschaft“, hatte er zu Johann Friedrich einmal im geheimen Rat gesagt, „ist der bei weitem wichtigste Teil der Staatswissenschaft. Und ich bin überzeugt, daß Deutschland zugrunde gehen muß, wenn es sich im Gegensatz zu Frankreich um diesen Teil der Staatskunst nicht kümmert oder ihn gar ablehnt. Ganz gleich, ob solche negative Handlung aus Unwissenheit oder schlechtem Willen entspringt.“ Und er hatte es durchgesetzt, daß die neuen Taler beinahe unlegiert geprägt werden sollten. Denn nur solches Geld von unzerstörbarem und gleichbleibendem inneren Wert könnte bei all der von Jahr zu Jahr zunehmenden Verwirrung des Münzwesens und der Warenpreise einen ruhenden Pol bilden. Solches Geld würde auch trotz scheinbarer Kostspieligkeit politische Umschichtungen unberührt überdauern, und dadurch geradezu verbilligend wirken, daß die Finanzverwaltung und die Hofkammern, auf Jahre hinaus, bei Heller und Pfennig planen und rechnen könnten. Am allerwenigsten jedoch sei die gute Gesinnung zu unterschätzen, die alle Untertanen einem Fürstenhause entgegenbringen müßten, das sie nicht nur nicht um das Erworbene und Ersparte prellte, sondern es in geradezu vorbildlicher Weise schützte und erhielt.
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:Dabei hatte sich gleich der erste „Umschwung“ durch Schicksal, durch persönliche Fähigkeiten Leibnizens und durch seine ganze Gemüts- und Kräftelage fast zu unendlicher Größe erweitert.
 
:Schon durch seine Einfahrt in die Höllentiefen der Zellerfelder Schächte, die todeskühne Knappen seit Jahrhunderten stets Weiter gegen das Erdinnere vorgetrieben hatten, war er belehrt worden, daß hier, in den Schächten und Stollen und in deren naher Umgebung, eine Aufklärung über die letzten Ursachen der überall unheimlich raus chendenrauschenden und rieselnden Wasser nichts zu erhalten seinwerdesein werde. Die Grubenwässer waren nichts andres als die äußerste Wirkung und FolgevonFolge von Dingen, die, so ahnte er, mit dem Aufbau des ganzen Harzes zusammenhingen. Und bei dieser Überlegung vereinigte sich Wieder in glücklichster Weise eine unabweisliche Forderung seiner körperlichen Natur mit einem Zufall und mit der richtigen Methode der Forschung.
 
:Baron Dinkhofen besaß, irgendwo in den Bergen, ein kleines Jagdschloß, eigentlich ein winziges, bescheidenes, uraltes Raubnest. Der junge Offizier, der ihn nach Zellerfeld begleitet hatte, war ihm hartnäckig-freundlich in den Ohren gelegen, wenigstens für eine Woche dieses Schlößchen zu besuchen. So waren die beiden, begleitet vom zottigen Hunde, mit Gewehr und Hirschfänger, durch die Eichen- und Buchenwälder geritten, und Leibniz hatte, zum erstenmal seit Jahren, sich bloß der lebendigen Schau hingegeben. Aber nur ganz kurze Zeit hatte er die Luft der Wälder eingesogen und Sonne und Wind genossen. Schon hatten sich seinem in weit andrer Jagdbereitschaft glühenden Geist Fährten aufgedrängt und er war, während Dinkhofen dem Wild folgte, kreuz und quer durch Wälder, durch Täler und über Hochebenen geritten, hatte, mit Hammer und Meißel bewaffnet, Wanderungen gemacht, hatte Gesteinsschichten gemessen, geprüft, gezeichnet, bis sich ihm, langsam und doch mit Urgewalt, viele Rätsel zu erschließen begannen. Allgemeinstes - Erkenntnisse, die bis in die Urzeiten der Erdgeschichte reichten - drängte er vorläufig zurück. Desto eifriger aber blieb er auf der Fährte der Grubenwässer. Bis zwei Entdeckungen ihm zufällig letzte Aufschlüsse gaben. Das einemal hatte er auf einer flachen Kuppe einen Morast entdeckt, der nicht durch Regen entstanden sein konnte, da es tagelang keinen Tropfen geregnet hatte und tieferliegende Teile der Kuppe staubtrocken waren. Das zweitemalzweite mal fand sein lechzender Hund sogar eine fließende Quelle auf der Spitze eines namhaft hohen Berges.
 
:Zuerst hatte er das Gefühl gehabt, die Naturgesetze seien ins Wanken geraten. Und er hatte sich des Berichtes eines Missionars in Paris erinnert, dem in China erzählt worden war, ein buddhistischer Mönch habe vor einer tausendköpfigen Menge das Wasser eines Baches bergan fließen lassen; eine Fabel, der der Missionar weit und breit nachgegangen war und die er sich schließlich, da alle, selbst die zum Christentum bekehrten Augenzeugen, ihre Wahrheit beschworen, nur dadurch erklären konnte, daß der buddhistische Mönch den Geist der Zuseher behext habe. Kurz, Leibniz war beim Anblick dieser Quelle zuerst in die Stimmung eines jener Chinesen geraten. Dann aber hatte er ringsherum geblickt, hatte die umliegenden Berge mit einem wagrecht gehaltenen Stock anvisiert und war in den Besitz der Rätsellösung gelangt. Nicht des chinesischen Rätsels, sondern des Rätsels im wogenden Wald des Ober-Harzes: Die umliegenden Berge nämlich waren höher als die Kuppe mit der Quelle. Und die Täler zwischen diesen Bergen und seinem „Quellen-Berg“ waren anscheinend Mulden aus gefaltetem, undurchlässigem Gestein; so daß das Wasser dieser höheren Berge dem Gestein entlang, unter der Erde herabfloß und, dem Gesetz des Wassergleichstands folgend, an den Hängen des Quellenberges wieder unter dem Humus emporstieg, bis es auf der Bergspitze aus dem Rasen quoll. Die Wässer folgten also allgemein den geknickten und verworfenen Gesteinsschichten, wennsie das Moos und die Erde, von denen sie wie durch einen Schwamm aufgesogen wurden, nach unten sickernd verließen. Und so waren auch die Grubenwässer in Zellerfeld, die weiß Gott auf welchen Wegen und aus welchen Weiten daherkamen, schlechterdings nicht abzudämmen. Da man nicht gut den Bau der Erdrinde verändern konnte. Was man äber konnte, war nach diesen Erkenntnissen etwas anderes. Man konnte genau die gleiche Eigenschaft des Gesteins, die das furchtbare Wasser brachte, dazu benützen, das Wasser zu verjagen. Man konnte die Erdrinde überlisten. Man brauchte bloß aus den Zonen, die vor den größten Wassereinbruchsstellen lagen, einen geneigten Stollen bis dorthin zu treiben, wo sich lockere, wasserdurchlässige Gesteinsschichten gegen das Erdinnere senkten. Dann würde und mußte sich das schreckliche Grubenwasser ohne Anwendung aller Pumpen und Wasserkünste jenseits der Bergwerke in das Dunkel unerforschlicher Tiefen ergießen.