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:Mathematik und Philosophie
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:Vitruvius erzählt in seinem
:Die Fährte echter, wahrer Menschen, wollen wir hinzufügen. Fast denken wir bei diesem Ausruf an unser: „Wo man singt, dort laß dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder.“ Für den Hellenen war es klar: kein Barbare hauste hier. Denn böse Menschen haben keine „schemata geometrica“, keine geometrischen Figuren. Das Antlitz des Kulturmenschen leuchtet im Glanz geometrischen Wissens und seine Fährte ist die geometrische Figur.
:Diese Anekdote soll sich etwa zur Zeit Platons zugetragen haben, also um 400 vor Christi Geburt. Daher obliegt es uns diesmal, mit unserem Zauberteppich nicht den Raum, sondern die Zeit zu durcheilen, um den Inhalt all dessen wiederzugeben, was von Pythagoras steil ansteigend zum leuchtenden Kulm des hellenischen Geisteswunders führte. Wir wollen diese garende, vorwärtsstürmende Zwischenzeit als die Zeit des Einbruches der Philosophie in die Mathematik charakterisieren, obgleich es in ihr durchaus nicht an mathematischer Eigenleistung und Eigenentwicklung fehlte. Sie hatte aber trotz all dieser Erfolge nicht die letzte Höhe erreicht, wenn sich nicht eine weitere Zone hellenischen Genies teils befruchtend, teils zersetzend zu ihr gesellt hatte.
:Auf demselben unteritalischen Boden Großgriechenlands nun, auf dem die Reste der pythagoreischen Schule ihre tiefgründigen, noch geheimnisumhüllten Forschungen fortsetzten, erwächst auch eine philosophische Schule, die Schule der Philosophen von Elea, die, vom großen Philosophen Parmenides gegründet, in Zenon schließlich einen fast ins Karikaturenhafte verzerrten Vertreter fand. Er war kein Mathematiker, sondern, wie Gantor sagt, eher das Gegenteil eines Mathematikers, eröffnete aber durch seine Skepsis, durch seine vor keiner Paradoxie zurückschreckende Zweifelsucht einen Streit, der sich bis in unsre Tage zieht, ohne je zum endgültigen Abschluß kommen zu können. Er rührte als erster in aller Scharfe an die große Gegengesetzlichkeit innerhalb des Menschengeistes, an die Antinomie zwischen Stetigkeit und unendlicher Teilbarkeit, zwischen Ruhe und Bewegung. Bevor wir jedoch über Zenon selbst sprechen, müssen wir zurückgreifen: schon von Anaximandros von Milet wird behauptet, er habe den Begriff des Unendlichen in die Wissenschaft eingeführt, und die Pythagoreer deckten sowohl durch ihre Betrachtungen der Zahlenfolgen als auch durch die Entdeckung des Irrationalen tiefe Einblicke ins Unendliche, in das niemals zu Ende zu Führende auf. Gewiß, das Alogon, das Unaussprechliche, wurde abgelehnt und zurückgeschoben. Man erklärte, es entspreche zwar jeder Zahl eine Größe oder Strecke, nicht aber jeder Größe oder Strecke eine Zahl. Was nützte dieses Zurückschieben des Urproblems? Das Irrationale war nun einmal durchgesickert und es existierte, ob man es als gleichsam vollbürgerliche hellenische Denkkategorie anerkannte oder nicht.
:Nun war aber, noch vor Zenon, ein mächtiger geometriekundiger Philosoph, Anaxagoras, aufgestanden, der dem Stetigkeitsprinzip seine schärfste Formulierung gegeben hatte. Anaxagoras erklärte: „Im Kleinen gibt es kein Kleinstes, sondern es gibt stets noch ein Kleineres ...
:Aber auch im Großen gibt es stets noch etwas, das größer ist.“ Und schon etwa zwanzig Jahre nach der Geburt des Anaxagoras wurde wieder ein Bahnbrecher geboren, Demokritos aus Abdera, aus jener verrufenen Schildbürgerstadt des Altertums, von deren Bewohnern man sich die tollsten und albernsten Geschichten erzählte. Der „Abderite“ Demokrit aber sollte als Stern erster Größe in die Weltgeschichte eingehen. Er war sozusagen der erste Entdecker des Materialismus und hat dem Begriff des Atoms, des letzten unteilbaren kleinsten Teiles, sein erstes und sein bleibendes Bestehen verschafft. Demokrit war auch ein hochrangiger Mathematiker, hatte, wie schon so viele, Ägypten besucht und hat - eine sonderbare Laune der Wissenschaftsgeschichte - gerade auf mathematischem Gebiet eine grundlegende Entdeckung gemacht, die seiner atomistischen Philosophie schnurstracks zuwiderlief. Er bestimmte nämlich als erster das Volumen der Pyramide und des Kegels, indem er diese Gebilde in dünnste Scheiben zerschnitt und ihre Volumen als ein Drittel eines Prismas, bzw. Zylinders von gleicher Grundfläche und gleicher Höhe erklärte. Diese an sich durchaus richtige Erkenntnis ist - und das wollten wir oben sagen - auf atomistischer Grundlage nicht möglich. Es genügen dazu nicht dünne Scheiben, sondern dünnste und wieder noch dünnere Schnitte, sonst erhält man keine glatte Pyramide, sondern eine Stufenpyramide, und keinen glatten Kegel, sondern einen Stufenkegel, den man zu den glatten Gebilden - Prisma und Zylinder - nicht in Beziehung setzen kann. Wie es nun auch immer mit dieser Entdeckung des Demokrit oder mit jener des Anaxagoras ausgesehen haben
:Nun war Zenon von Elea ein zu heller Kopf, um auf den Einwurf, daß der Pfeil in Wirklichkeit abfliege, daß die Vielheit
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