Diferencia entre revisiones de «Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 215c»

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:Ich gebe die Tatsache solcher Verwirrung ohneweiters zu. Ich gebe auch zu, daß es uns allen einmal so ergangen ist. Es haben aber auch schon junge Menschen, die zum erstenmal Goethes Faust lasen, gewähnt, solche „Binsenwahrheiten“ könnte wohl ein jeder formulieren und all das »Geschrei um Goethe sei zumindest übertrieben, wenn nicht gar unbegreiflich.
:Wir sind nun in der'glücklichen Lage, nicht bloß auf das Weltgesetz hinzuweisen, daß das Selbstverständliche und Einfachste gewöhnlich das Schwerste und das zuletzt Entdeckte ist. Und daß eine Wahrheit, die gleichsam alle Inhalte deckend ausdrückt, als größte Genietat angesprochen werden muß. Wir berufen uns in diesem Zusammenhang auch gar nicht auf das Ei des Kolumbus. Sondern wir sind, wie erwähnt, in einer glücklichen Lage: Wir können nämlich sofort zeigen, in welch rasender Schnelligkeit aus dem unscheinbaren Samen der Axiome der ganze Hochwald der Geometrie herauswachsen kann. Und wie dabei alle Fragen, die uns bisher gequält haben, beinahe spielerisch gelöst werden können. Vor allem aber ein Problem, vielleicht das Kernproblem der Geometrie überhaupt. Wir wollen es deshalb in aller Schärfe aussprechen und festlegen.
:Was ist wohl der letzte Zweck unserer Wissenschaft? Was ihr letztes Ziel? Was ihre besondere Eigenschaft, die sie zur weltbeherrschenden Stellung unter allen Wissenschaften geführt hat? Wenn wir diese Fragen genau überlegen, dann müssen wir finden, daß es nicht der Sinn der Geometrie sein kann, bloß eine höchst luftige, gleichsam geisterhafte Welt von Figuren aufzubauen und deren äußerliche Eigenschaften zu studieren, wie etwa die Anzahl der Flächen, Kanten, Winkel und dergleichen. Gewiß, es ist notwendig, auch diese Eigenschaften zu erforschen. Wir kommen dabei aber allzu leicht in die Gefahr, daß unsere Forschung entweder zu einem Spiel oder gar zu einer Betrachtung entwertet wird, die nach dem Volksmund der Schlange ähnelt, die sich in den eigenen Schwanz beißt. Figuren zu ersinnen und dann aus diesen Figuren die ersonnenen Eigenschaften wieder abzuleiten, ist nicht mehr als ein verderblicher Kreisgang (Circulus vitiosus). Nun ist aber auch dieser Kreisgang nicht stets vorhanden. Denken wir etwa an den „Pascal“ und an das Dualitätsprinzip. Dort fanden wir Dinge, die sicherlich vor der Entdeckung niemand geahnt hätte. Wir fanden eben „Neues“. Was aber fangen wir mit diesem „Neuen“ an? Das werden wir bald erfahren. Wir verraten vorgreifend, daß die Sätze von Pascal und Brianchon sich auf sogenannte Kurven zweiter Ordnung oder Kegelschnitte beziehen, die fast jedem als Kreis, Ellipse, Parabel und Hyperbel mehr oder weniger bekannt sind. Und wir können eben mittels dieser Sätze eine Unzahl von Konstruktionsaufgaben über Kegelschnitte in elegantester und in vergleichsweise einfacher Art lösen. Weil aber wieder unser Sehen auf dem Strahlenkegel beruht, der aus unserem Auge sowohl auf die Welt als auf die Netzhaut fällt, und weil weiters die projektive oder natürliche Geometrie eine solch enge Verwandtschaft zum Abbildungsvorgang im Auge hat, deshalb stehen alle Kegelschnittsätze in engster Beziehung zur projektiven Geometrie, sind gleichsam das Fundament dieser Geometrie. Man hat auch schon oftmals die projektive Geometrie geradezu als die Geometrie der Kegelschnitte bezeichnet.
:Was ist wohl der letzte Zweck unserer Wissenschaft? Was ihr letztes Ziel? Was ihre besondere Eigenschaft, die sie zur weltbeherrschenden Stellung unter allen
:Nun wird aber der Skeptiker mit Hecht einwerfen, daß das alles zwar sehr interessant sei, daß man sich aber daraus allein noch nicht die weltbeherrschende Stellung der Geometrie erklären könne. Es fehle trotz aller bisherigen Verteidigung unserer Wissenschaft noch immer ihre Befugnis, überall mitzusprechen. Denn höher als die Erkenntnis stehe für den Aufstieg der Menschheit die Tat. Und aus der Erkenntnis bloßer Lage- und Abbildungsbeziehungen könne keine Tat erwachsen. Ein solcher Einwand ist berechtigt. Wir haben es ja außerdem schon am Beginn unserer gemeinsamen Entdeckungsfahrt auf der Terrasse gesehen, was auf unsere braven Wirtsleute den größten Eindruck machte, was diesen schlichten Menschen als das eigentliche Wunder erschien. Es war die Möglichkeit, Dinge zu messen, die sich bisher jeder Messung entzogen zu haben schienen. Messen ist aber zum Teil eine Tätigkeit mit Verhältnisbeziehungen, zum Teil eine Tätigkeit, die ins Reich der Zahlen hinüberspielt. Wenn wir aber weiters nur alle Dinge messen könnten an die wir unmittelbar die Maßstäbe anlegen, so würden wir auch niemals auf den Gedanken gekommen sein, die Geometrie sei ein Mirakel. Imponiert hat uns etwa die Messung der Entfernung unserer Leuchtboje, die wir auf dem Umweg über logische Schlüsse und geometrische Lehrsätze aus einem einzigen wirklich gemessenen Bestimmungsstück, der Standortshöhe, und aus dem Anvisieren der Boje gewonnen haben.
:Wir sind uns, glaube ich, über das Wesentliche schon im klaren: die praktische Krönung der Geometrie ist stets die Maßgeometrie. Und unser Bestreben muß es immer sein, aus einer zugänglichen, gewöhnlich beschränkten Anzahl von Bestimmungsstücken, auf Grund erforschter Eigenschaften geometrischer Gebilde, andere uns noch unbekannte, gleichwohl aber notwendige und interessante Stücke größenmäßig zu bestimmen; wobei unter „Stücke“ auch Größen verstanden werden können, wie der Flächen- oder Rauminhalt.
 
 
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