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:Mathematik von A bis Z (Teil 25)
 
 
 
 
== 25 ==
 
 
:'''Fünfundzwanzigstes Kapitel'''
:---
:'''Das Differential und das Problem der Rektifikation '''
:---
:Wir haben zu wiederholten Malen schon von <math> \Delta x </math>, von <math> \Delta y </math>, von ''dx'' und von ''dy'' gesprochen. Besonders ''dx'' und ''dy'' bezeichneten wir als eine Art Schlüssel zum Tor der höheren Mathematik. Wir werden uns also jetzt einmal diese winzigen Dinge näher ansehen. Dabei müssen wir bemerken, daß schon der Ausdruck „Dinge“ eine schwere Ketzerei ist. Die Differentiale sind nicht einmal „Undinge“. Sie sind, theoretisch richtig, verschwundene oder „hinschwindende“ Differenzen, sind Grenzwerte der körperlich noch faßbaren <math> \Delta x </math> und <math> \Delta y </math>.
:Wenn wir sie gleichwohl verdinglichen, so hat das sowohl historische als pädagogische Gründe. Da wir in diesem Buche nur einführen wollen, nur gleichsam das erste Verständnis für Infinitesimales wecken müssen, so können wir gar nicht gegenständlich genug vorgehen. Geschichtlich hat unsere Wissenschaft auch sehr sinnfällig begonnen. Und durch diese Sinnfälligkeit wurden die ersten großen Entdeckungen gemacht. Daß dann auf diesem Grundsockel jede logische Verfeinerung durch zwei weitere Jahrhunderte geleistet wurde, berechtigt niemanden, die ersten Bahnbrecher als primitiv anzusehen. Auch der herrlichste Diamant wird aus der blauen Erde Südafrikas oft wie ein trüber Glasscherben zutage gefördert. Sicherlich ist die Arbeit der Steinschleifer von Amsterdam nicht zu verachten, die den Stein schließlich im Glanze tausendfachen Facettenschliffs aufblitzen lassen. Aber ohne Diamant kein Schliff. Und ebenso ohne eine vielleicht grobe Vorstellung des „Differentials“ keine modernste puritanische Mathematik.
:Wir vertagen also alle subtilen Fragen auf die Zeit, wo wir durch lange Studien sämtliche Grundlagen beherrschen werden. Dann werden wir auch mit Vergnügen die Präzision eines Cesaro, eines Kowalewski, eines Peano und anderer bewundern und genießen können.
:Für jetzt aber stellen wir uns beherzt eine Kurve vor, bei der durch Wachsen des ''x'' auch das ''y'' wächst. Zuwachs des ''x'' ist <math> \Delta x </math>, Zuwachs des ''y'' ist <math> \Delta y </math> [oder <math> \Delta f(x) </math>].
 
 
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Fig. 46
 
 
 
:Das ''x'', dessen zugehöriges ''y'' uns den Punkt ''P'' der Kurve eindeutig feststellt, ist um <math> \Delta x </math>, also um einen endlich großen Betrag gewachsen. Dadurch sei das neue ''y'' zwangsläufig entstanden, das sich als <math> (y + \Delta y </math> darstellt. Ordinaten-Endpunkt ist der Kurvenpunkt <math> P_1 </math>. Das Stück <math> PP_1 </math> ist ein gekrümmtes Stück der Kurve. Würde ich nun nicht um den endlich großen Betrag <math> \Delta x </math> auf der Abszissenachse vorrücken, sondern etwa nur um einen gleichsam unendlich kleinen Betrag ''dx'', so wäre die Kurve auch gestiegen. Allerdings in unserem Fall auch nur um ein verschwindend kleines Stück ''dy''. Die Punkte <math> P</math> und <math> P_1 </math> würden in einen „Doppelpunkt“ zusammenrücken und das Kurvenstück <math> PP_1 </math> wäre ebenfalls verschwindend klein: So klein, daß es gleichgültig ist, ob wir es als krummes oder gerades Stückchen betrachten. Dieses „Gleichgültig“, ob gerade oder krumm, ist der Angelpunkt der Unendlichkeitsanalysis. Denn dadurch gewinnen wir die Möglichkeit, alle Regeln geradlinig begrenzter Figuren auf Kurventeilchen anzuwenden. Wir werden hievon sowohl bei der „Quadratur“ als bei der „Rektifikation“ Gebrauch machen.
::(<small>Wird später erklärt!</small>)
::Um aber unsere Erkenntnis noch zu verliefen, wollen wir uns das sogenannte „charakteristische Dreieck“ Leibnizens ansehen. Leibniz fand im Nachlaß Blaise Pascals eine Zeichnung, die ganz anderen Zwecken (nämlich der Untersuchung der Sinusfunklion) diente. Diese Zeichnung aber führte Leibniz wie eine Fackel, die bisher Verborgenes erhellte, zu seiner großen Entdeckung, der Differentialrechnung. Um nicht zu verwirren, wollen wir das „triangulum characteristicum“ (char. Dreieck), ohne im Wesen etwas zu ändern, ein wenig anders zeichnen, als dies Pascal und Leibniz taten (s. Fig. 47).
:An eine beliebige Kurve sei im Punkte ''A'' eine Tangente gelegt. Auf dieser Tangente gäbe es rechts und links von ''A'' in gleichen Abständen die Punkte ''B'' und ''C''. Es ist nun nach einfachsten geometrischen Gesetzen offensichtlich, daß das schraffierte Dreieck ähnlich ist dem dickgeränderten Dreieck. Denn die Hypotenuse des dickgeränderten Dreiecks steht senkrecht auf der
 
 
 
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Fig. 47
 
 
:Hypotenuse des schraffierten, was vorausgesetzt ist. Und die längere Kathete des dickgeränderten Dreiecks ist senkrecht zur längeren Kathete des schraffierten. Daher sind die spitzeren Winkel der beiden Dreiecke gleich. Wenn aber in zwei rechtwinkligen Dreiecken ein spitzer Winkel gleich ist, ist auch der andere spitze Winkel in beiden gleich (er muß <math> 90 - \alpha </math> Grade sein). Dreiecke, in denen aber alle Winkel paarweise gleich sind, heißen eben ähnliche Dreicckc.
:Nun würden die Punkte ''B'' und ''C'' auf der Tangente gleichmäßig gegen ''A'' zu gleiten. Dadurch wird das schraffierte Dreieck immer kleiner, ohne jedoch an seiner Gestalt etwas zu verändern. Wir können uns schließlich vorstellen, daß ''B'' und ''C'' im Punkt ''A'' zusammenstoßen. Nun haben wir das Wunder der Differentiale in der Hand: Im Punkt ''A'' befindet sich jetzt gleichsam ein mikroskopisch kleines, dem freien Auge unsichtbares Dreieck. Seine Gestalt ist riesengroß im dickumränderten Dreieck vor uns stehen geblieben. Dadurch auch die Größe seiner Winkel und das Verhältnis seiner Seiten. Es gibt aber noch ein zweites Wunder. Die Hypotenuse des schraffierten Dreiecks ist ein Stück der Tangente im Punkte ''A''. Es steckt also im Punkt ''A'', der ja der Kurve und der Tangente gemeinsam ist, ein winziges gerades Tangentenstückchen, das aber dazu noch ebensogut ein winziges Kurvenstückchen ist.
:Wir geben zu, daß diese Janusköpfigkeit des „Kurvenelementes“, das einmal krumm, einmal gerade sein soll, etwas von „schwarzer Magie“ an sich hat. Man denke aber an die Kette eines Fahrrades, die ja, sogar sehr groh, aus geraden Stückchen besteht, und sich gleichwohl um die kreisrunden Zahnräder schmiegt. Und denke sich jetzt noch die Kettenglieder als unvorstellbar winzig. Natürlich gibt es logisch einen Punkt, wo etwas aufhört, gerade zu sein. Gerade und krumm sind vom einen Standpunkt betrachtet so verschieden wie Feuer und Wasser, schwarz und weiß. Vom anderen Standpunkt aus kann man sich sehr gut einen Übergang vorstellen. Die Oberfläche eines Teiches erscheint uns ideal eben. Gleichwohl ist sie wegen der Kugelgestalt der Erde meßbar gekrümmt. Noch weniger gekrümmt wäre die Oberfläche desselben Teiches auf einer Kugel von Sonnengröße. Nehme ich eine Kugel von der Größe des Milchstraßensystems, wird die Krümmung noch kleiner usw. ins Unendliche. Unsere Annahme des Differentials setzt aber solch kosmische Annäherungen voraus. Denn es ist „denkbar“, die Punkte ''B'' und ''C'' stets näher aneinanderzurücken.
:Im Idealfall enthält also unser Punkt ''A'' ein winzigstes geschrafftes Dreieck, das dem „charakteristischen“ ähnlich ist und das wir uns, riesenhaft vergrößert, zeichnen können (s. Fig. 48). :Seine drei Seiten nennen wir „Differentiale“. Die eine Kathete, die mit der Abszissenachse parallel ist, heißt ''dx'', die andere Kathete heißt ''dy'' und das janusköpfige „Kurven-Tangenten-Element“, das sich uns als Hypotenuse präsentiert, taufen wir ''ds''.
 
 
 
 
 
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Fig. 48
 
 
:Nun hätten wir aber an jedem Punkt der Kurve die Spitze eines charakteristischen Dreiecks annehmen können. Wenn wir dann weilers an jedem Punkt unseren Trick vorgenommen hätten, würde unsere Kurve sich gleichsam aus einer Perlenschnur solcher geschaffter Dreieckchen zusammensetzen. Die Kurvenlänge aber wäre die Aneinanderfügung aller Elemente ''ds''. Und ein riesenhaft vergrößertes Stück der Kurve sähe so aus:
 
 
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Fig. 49
 
 
 
:Nun würde man aber den Sinn der Analyse mißverstehen, wenn man allzusehr am charakteristischen Dreieck klebte und dabei unsere erste Zeichnung vergäße. Wir müssen nämlich beachten, daß <math> dx_1 </math>, <math> dx_2 </math> usw. winzige Zuwächse von ''x'' sind. <math> dy_1 </math> usw. sind die aus der Kurvengleichung <math> y=f(x) </math> sich zwangsläufig ergebenden Zuwächse von ''y''. Und die <math> ds_1 </math>, <math> ds_2 </math> usw. sind die dabei entstehenden Kurventeilchen bzw. die Tangentenstückchen. Jede Kurve kann man sich nämlich auch aus unzähligen Tangentenstückchen entstanden vorstellen. Wenn etwa eine Löschwiege auf dem Papier schaukelt, dann ist das Papier die Tangente und die Wiegenkufe die Kurve.
 
 
 
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Fig. 50
 
 
:Würde ich die Sache umdrehen, die Wiege mit der Kufe nach oben auf das Papier stellen und dann ein starres Lineal in der gezeichneten Weise über die Kurven legen, dann wäre das Lineal in jedem Punkt die Tangente i nd man könnte sich die Krümmung der Kufe aus unendlich vielen Punkten oder Stückchen der Tangente entstanden denken. In der Geometrie werden ja Kurven häufig aus Tangenten konstruiert. Streng genommen ist die Zirkelreißfeder auch nichts anderes als ein Stückchen der Kreistangente.
:Nun sind wir soweit, daß wir knapp vor einer riesigen Zusammenfassung stehen, die uns mit einem Schlag den ganzen Algorithmus der höheren Mathematik liefern wird. Zuerst die „Rektifikation“. Darunter versteht man die Ausmessung der Länge einer Kurve. Da wir nur mit geraden Maßstäben messen, müssen wir gedanklich die Kurve „rectam facere“, das heißt gerade machen. Daher der Ausdruck Rektifikation (Reclificatio). Das ist im Prinzip nicht so schwer. Früher glaubte man, jede Kurve sei in ihrer Länge nur durch eine Irrationalzahl auszudrücken wie die Kreislinie bei rationalem Radius. Wir haben schon darauf hingewiesen, daß Irrationalität etwas relatives ist. Für Kurven überhaupt braucht niemals Irrationalität der Kurvenlänge zu bestehen. Ich kann ja jede Schnur in einer Kurve auf den Tisch hinlegen. Dies aber nur nebenbei. Wir wissen — um zur Rektifikation zurückzukehren —, daß die Kurve eine unendliche Perlenschnur aller ''ds'' ist. Jedes ''ds'' läßt sich aber nach dem Lehrsatz des Pythagoras ausdrücken als
:<math> (ds)^2 = (dx)^2 + (dy)^2 </math> oder
:<math> ds = \sqrt{(dx)^2 + (dy)^2} </math>.
:Das wäre in schönster Ordnung. Fehlt nur noch die Kleinigkeit, wie wir die unendliche Summe aller ''ds'' bilden sollen. Hier stoßen wir auf einen dem Integral analogen, für uns noch unausführbaren Befehl. Und es hilft uns wenig, wenn wir vermuten, daß die Bogenlänge zwischen den Grenzen <math> x=a </math> und <math> x=b </math> gleich sein dürfte dem Integral aller ''ds'' oder dem Integral aller <math> \sqrt{(dx)^2 + (dy)^2} </math>, was ja dasselbe sein muß. Das Integral <math> \int_{a}^{b} ds </math> können wir noch nach dem Nalurverstand lösen. Es ist einfach die Kurvenlänge ''s'' zwischen den Abszissen ''a'' und ''b''. Davon haben wir aber nichts. Denn das ist ja nicht die Antwort, sondern die Frage. Die Antwort wäre die Lösung des Integrals <math> \int_{a}^{b} \sqrt{(dx)^2 + (dy)^2} </math>, wobei wir hoffen, für die Rechnung die Gleichung der Kurve <math> y=f(x) </math> irgendwie verwenden zu können. Aber wie?
:Damit sind wir zum Ausgangsproblem zurückgekehrt. Wir wissen jetzt sowohl bei der Quadratur als bei der Rektifikation genau, was wir machen sollen. Wir haben sogar ein schönes Zauberzeichen, das Integralzeichen. Aber wir stehen wie angewurzelt und können den Befehl gleich jenem Träumenden nicht erfüllen, der gelähmt an seine Stelle gebannt ist und endlich in Angstschweiß gebadet erwacht. Dieses erlösende Erwachen aber wird uns das nächste Kapitel bringen.