Diferencia entre revisiones de «Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 068c»

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:Mathematik von A bis Z (Teil 5)
 
 
== 14 ==
 
 
:'''Vierzehntes Kapitel'''
:---
:'''Unbestimmte Gleichungen'''
:---
:Wir haben den Geist des Diophantos hier nicht ohne Absicht beschworen. Dieser große Mathematiker gilt nämlich als Entdecker einer sonderbaren Art von Gleichungen, der unbestimmten oder diophantischen Gleichungen. Wieweit sie auf ihn zurückzuführen sind, ist mindestens ebenso unbestimmt wie „seine“ Gleichungen. Aus den erhaltenen Schriften des Diophantos geht nach Ansicht der Mathematikhistoriker nichts hervor, was ihn als Entdecker eben dieses Gleichungstypus kennzeichnete. Da der Name aber einmal eingebürgert ist, wollen wir ihn beibehalten.
:Was sind nun diese doppelt rätselhaften „diophantischen“ Gleichungen?
:Wir wollen diesmal mit einer eingekleideten Aufgabe beginnen und Wesen und Behandlungsart dieser höchst wichtigen Gleichungen gemeinsam entdecken. Wir fragen also: Welche zwei Zahlen sind so beschaffen, daß das Achtfache der ersten, vermehrt um das Dreifache der zweiten, als Summe 91 ergibt?
:Das ist eine Frage, an die wir mit unserer bisherigen Weisheit nicht herankönnen. Denn wir bemerken sofort, daß hier nicht ein unbekanntes ''x'', sondern zwei Unbekannte zu suchen sind, die wir mit ''x'' und ''y'' bezeichnen wollen. Wir schreiben also
:8x + 3y = 91.
:Was sollen wir aber weiter machen? Nach unseren Regeln wäre <math>8x = 91 - 3y </math> und <math> \textstyle x = \frac{91-3y}{8} </math> oder <math> 3y = 91 - 8x </math> und <math> \textstyle y = \frac{91-8x}{3} </math>.
:Offenbar führt uns das nicht weiter. Denn wir drücken dadurch stets nur die eine Unbekannte durch 91 und durch die andere Unbekannte aus. Ein glücklicher Instinkt hätte mich dazu geführt, ''x'' als 5 und ''y'' als 17 anzunehmen. Tatsächlich ist
:8•5 + 3•17 = 40 + 51 = 91.
:Das wäre also eine Lösung. Aber ich argwöhne, daß es nicht die einzige ist. Wir müssen also auch hier nach einem Algorithmus suchen, nach einer Kabbala, die uns unfehlbar ans Ziel führt. Dabei müssen wir noch eine Nebenbedingung erwähnen. Als Lösung einer solchen diophantischen Gleichung werden nur ganze Zahlen akzeptiert. Sonst hätten wir von vornherein unendlich viele Lösungen. Wir brauchten bloß das ''x'' irgendeiner Zahl, etwa 7, gleichzusetzen und erhielten
:<math> \textstyle \begin{align}
8 \cdot 7 + 3y &= 91 &\\
56 + 3y &= 91 &\\
3y &= 91 - 56 &\\
3y &= 35 &\\
y &= 35 : 3 &= \textstyle 11 \frac{2}{3}
\end{align} </math>
:Ich hätte ja stets durch Wald des ''x'' oder ''y'' die Gleichung auf eine unbedingt lösbare Gleichung mit einer Unbekannten zurückgeführt. Denn willkürliche Wahl einer Zahl für eine Unbekannte hieße nichts anderes, als daß ich diese Unbekannte gleichsam für den speziellen Fall zur Konstanten machte.
:Wir fordern also Ganzzahligkeit der Lösung gleichzeitig für beide Unbekannten. Diese Ganzzahligkeit ist aber nicht für jede Gleichung mit zwei Unbekannten möglich. Doch davon später.
:Bevor wir die geniale allgemeine Lösungsmethode erläutern können, die uns Leonhard Eulcr geschenkt hat, müssen wir vorher noch einen sehr gebräuchlichen mathematischen Kniff erlernen, der in dieser Methode eine überragende Rolle spielt. Nämlich die „Anstellesetzung“ oder „Substitution“.
:Wählen wir ein konkretes Beispiel. Niemand wird behaupten, daß die Gleichung
:<math> \textstyle 2(\frac{x-4}{3}) + 3(\frac{x-4}{3}) - 4(\frac{x-4}{3}) = </math><math> \textstyle 9 - 2(\frac{x-4}{3})</math>
:sehr anheimelnd aussieht. Bei näherem Zusehen merken wir aber, daß der Ausdruck <math> \textstyle (\frac{x-4}{3}) </math> stets wiederkehrt und daß sich das ''x'' in keiner als in eben dieser Konstellation befindet. Ich kann nun dieses <math> \textstyle (\frac{x-4}{3}) </math> gleichsam als neue allgemeine Größe, als neue Unbekannte betrachten und es so behandeln, als ob es (in unserer Sprechweise) ein Apfel wäre. Diesen Apfel nennen wir nun n und schreiben:
:<math> 2n + 3n - 4n = 9- 2n </math>.
:Die Bedeutung des ''n'' schiebe ich in Gedanken vorläufig zurück. Ich frage nicht, welchen Detailbau ein Apfel hat, aus wieviel Kernen, Stengeln und Butzen der Apfel besteht, sondern ich vertraue mich sozusagen einem größeren Algorithmus an und versuche zuerst herauszubringen, welche Zahl, welche Konstante einem Apfel zugeordnet ist. Dann — so hoffe ich — kann ich das Detail des Apfels weiter erforschen. Unsere neue Gleichung mit ''n'' als der Unbekannten ergibt:
:<math> 2n + 3n - 4n + 2n = 9</math>, oder
:<math> 3n = 9 </math> und
:<math> n = 3 </math>.
:Nun weiß ich aber, da ich es ja selbst so einführte, daß ''n'' gleich ist <math> \textstyle (\frac{x-4}{3}) </math>. Ich habe jetzt also eine neue Gleichung, in der ''n'' nicht mehr unbekannt, sondern konstant und gleich 3 ist. Diese Gleichung lautet:
:<math> \textstyle n = \frac{x-4}{3} </math> und
:<math> x = 3n + 4 </math>.
:Das ''n'' ist aber, wie gesagt, gleich drei. Also ist das
:<math> x = 9 + 4 = 13 </math>.
:Wir überlassen es dem Leser, die Gleichung ohne „Substitution“, ohne „Anstellesetzung“ einer neuen Hilfs-Unbekannten oder Zwischen-Unbekannten direkt auszurechnen. Sicherlich wird diese Probe oder die Probe durch Einsetzen der 13 für das ''x'' die Richtigkeit unseres Vorgehens beweisen. Wir wissen also jetzt praktisch, was eine „Substitution“ ist. Sie ist die Bezeichnung einer kompliziert gebauten Größe durch eine neue einfachere Benennung. Wenigstens auf unserer Stufe. In der höheren Mathematik, insbesondere in der Integralrechnung, wo Substitutionen eine ausschlaggebende und unentbehrliche Rolle spielen, kann es ebensogut vorkommen, daß eine einfachere Größe durch eine kompliziertere ersetzt wird. Übrigens kennen wir selbst schon solche Fälle. Wenn wir aus irgendwelchen Gründen statt 1 etwa <math> 15^0 </math> schreiben oder ''b'' durch <math> b^1 \cdot b^0 </math> entstanden denken, ist das eine Art von Substitution ins Kompliziertere. Allerdings nur eine sehr spezielle Art. Um die größte Allgemeinheit zu wahren, müssen wir sagen, daß man unter Substitution schlechtweg das Ersetzen einer Größe durch eine andere versteht. Natürlich nicht wahllos. Man darf bekanntlich niemandem ein ''x'' für ein ''u'' vormachen. Aber man darf überall, wo ''x'' vorkommt, dafür ''u'' schreiben, wenn man am Schluß die „Bedingungsgleichung“ nicht vernachlässigt, daß ''x'' eben ''u'' ist oder ''x&nbsp;=&nbsp;u''. Ich kann auch überall für ''x'' den Wert ''2u'' schreiben. Oder <math> \textstyle \frac{u}{2} </math> oder <math> \textstyle \frac{u}{250} </math>. Das ''x'' ist dann am Ende eben das Doppelte von ''u'' oder die Hälfte oder ein 250tel.
:Gut, wir haben gesehen, daß sich durch Substitutionen komplizierte Rechnungen vereinfachen lassen. Worin aber besteht eigentlich der Rechtstitel, daß ich überhaupt substituieren darf? Logisch ist die Sache einfach. Wir haben etwa aus <math> \textstyle \frac{x-4}{3} </math> den Oberbegriff ''n'' gebildet, der forderungsgemäß dieses <math> \textstyle (\frac{x-4}{3}) </math> in sich enthält. Denn wir substituieren ja unter der Bedingung: <math> \textstyle n = \frac{x-4}{3} </math>!
:Streng mathematisch sagen wir, daß hier ein Fall von Isomorphismus, von Gcstaltgleichheit vorliegt. Die Struktur, die Gestalt der Gleichung oder sonstigen Rechnungsoperation ist durch das „Anstellesetzen“ nicht berührt worden, und die Koeffizienten und die Befehle sind die gleichen geblieben. Algebraisch liegt ein System mehrerer Gleichungen, und zwar einer Grundgleichung und einer Bedingungsgleichung vor. Nämlich:
:<math> \textstyle 2(\frac{x-4}{3}) + 3(\frac{x-4}{3}) - 4(\frac{x-4}{3}) = </math><math> 9 - 2(\frac{x-4}{3})</math>
:und <math> \textstyle \frac{x-4}{3} = n </math>.
:Aber auch das müssen wir vertagen, um endlich zur diopliantischen Gleichung zu kommen. Wir werden ja dabei, wie schon angekündigt, eine besondere Art von Substitution durchführen, bei der zur „Bedingungsgleichung“ noch andere Forderungen hinzutreten.
:Wenn wir also unser Beispiel einer diophantischen Gleichung:
:<math> 3y + 8x = 91 </math>
:in etwas umgestellter Form noch einmal anschreiben, dann verlangt die Methode Eulers vorerst, daß wir die eine Unbekannte durch die andere ausdrücken. Und zwar aus gewissen praktischen Gründen die Unbekannte mit dem kleineren Koeffizienten durch die Unbekannte mit dem größeren Koeffizienten. Hier also ''y'' durch ''x''.
:Wir erhallen:
:<math> 3y = 91 - 8x </math>
:<math> \textstyle y = \frac{91-8x}{3} </math>
:Das wäre der ersLe Schritt. Nun sollen wir — nach Euler — den Bruch, der als unechter zu betrachten ist, in Ganze und Restbrüche zerlegen. Also:
:<math> \textstyle y = \frac{91}{3} - \frac{8x}{3} = </math><math> \textstyle 30 + \frac{1}{3} - 2x - \frac{2x}{3} </math>
:Nun stellen wir die „Ganzen“ und die „Restbrüche“ nebeneinander:
:<math> \textstyle 30 - 2x + \frac{1}{3} - \frac{2x}{3} = </math><math> \textstyle 30 - 2x - \frac{2x-1}{3}</math>.
:Ebenfalls aus praktischen Rücksichten haben wir vor den Bruch das Minus gestellt, so daß er nicht <math> \textstyle + \frac{1-2x}{3} </math>, sondern <math> \textstyle - \frac{1-2x}{3} </math> lautet, was ja größenmäßig dasselbe ist.
:Nun beginnt der eigentliche Kalkül. Wir haben, im Sinne diophanlischcr Gleichungen, gefordert, daß das ''y'' eine ganze Zahl sein muß. Da das ''x'' auch eine ganze Zahl sein soll, muß <math> 30 - 2x </math> ebenfalls eine ganze Zahl liefern. Wenn aber überdies ''y'' eine ganze Zahl ist, dann muß in der Summe oder Differenz <math> \textstyle 30 - 2x - \frac{2x-1}{3} </math> auch das <math> \textstyle \frac{2x-1}{3} </math> eine ganze Zahl sein, da sonst die anderen Bedingungen hinfällig würden. Nun beginnt die „Substitution“. Wir behaupten voraussetzungsgemäß, <math> \textstyle \frac{2x-1}{3} </math> sei eine ganze Zahl und nennen sie <math> n_1 </math>. Den Index rechts unten fügen wir bei, da wir vielleicht mehrere Male substituieren müssen. Wir haben also jetzt den Ansatz:
:<math> \textstyle n_1 ( \text{ganze Zahl} ) = \frac{2x-1}{3} </math>.
:Nach denselben Überlegungen wie oben kann ich diese neue Gleichung zuerst so umstellen, daß ich das <math> x </math> durch <math> n_1 </math>, ausdrücke.
:<math> \begin{align}
n_1 & = \textstyle \frac{2x-1}{3} \\
3n_1 & = 2x - 1 \\
2x & = 3n_1 + 1 \\
x & = \textstyle \frac{3n_1+1}{2}
\end{align} </math>
:Nun kann ich das ''x'', das ja auch eine ganze Zahl sein muß, wieder durch Zerlegung des Bruches in Ganze und Restbrüche versinnbildlichen.
:<math> \textstyle x = \frac{3n_1}{2} + \frac{1}{2} = </math><math> \textstyle n_1 + \frac{n_1}{2} + \frac{1}{2} = </math><math> \textstyle n_1 + \frac{n_1+1}{2}</math>.
:Wieder ist die Überlegung dieselbe, <math> x </math> und <math> n_1 </math> sollen ganze Zahlen sein. Daher muß <math> \textstyle \frac{n_1+1}{2} </math> auch eine ganze Zahl liefern. Meine Vorsicht, das <math> n </math> zu indizieren, war sehr angebracht. Denn diese neueste ganze Zahl nenne ich im Wege neuerlicher Substitution <math> n_2 </math>.
:Wir erhalten also:
:<math> \textstyle n_2 ( \text{ganze Zahl} ) = \frac{n_1+1}{2} </math>.
:Drücke ich nun das <math> n_1 </math> lediglich ganzzahlig, durch <math> n_2 </math> aus, dann resultiert
:<math> 2n_2 = n_1 + 1 </math> oder
:<math> n_1 = 2n_2 - 1 </math>.
:Da jetzt alle Restbrüche verschwunden sind, kann ich meine Aufgabe als gelöst betrachten. Nur habe ich noch eine, wenn auch nicht schwierige, so doch verwickelte Aufgabe zu erfüllen. Ich muß nämlich jetzt das ''x'' und das ''y'' wiedergewinnen, wobei nichts stehenbleiben darf als das letztsubstituierte <math> n </math>, also das <math> n_2 </math> in unserem Falle. Da nun <math> n_1 = 2n_2 - 1 </math> und <math> \textstyle \frac{n_1+1}{2} = n _2 </math>, so ist <math> \textstyle x = n_1 + \frac{n_1+1}{2} </math> nichts anderes als <math> 2n_2 - 1 + n </math> oder <math> x = 3n_2 - 1 </math>. Für ''y'' aber erhielten wir als letztes Resultat <math> \textstyle y = 30 - 2x - \frac{2x-1}{3} </math>. Also ist
:<math> \textstyle y = 30 - 2(3n_2-1) - \frac{2x-1}{3} </math>.
:Da aber weiter <math> \textstyle \frac{2x-1}{3} </math> nichts anderes als <math> n_1 </math> ist, da wir es ja gleich <math> n_1 </math> setzten, so ist <math> y = 30 - 2(3n_2-1) - n_1 </math>.
:Nun ist aber <math> n_1 </math>, wieder gleich <math> (2n_2-1) </math>. Folglich ist <math> y </math>, nur durch Konstante und <math> n_2 </math> ausgedrückt:
:<math> y = 30 - 2(3n_2-1) - (2n_2 - 1) = </math><math> y = 30 - 6n_2 + 2 - 2n_2 + 1 = </math><math> y = 33 - 8n_2 </math>.
:Der Übersichtlichkeit halber schreiben wir diese sogenannte endgültige und allgemeine Lösung unserer diophantischen Gleichung noch einmal an, wobei wir beim <math> n_2 </math> den Index fortlassen, da ja der Index ein Unterscheidungszeichen ist und jeden Sinn verliert, wenn man nichts mehr zu unterscheiden hat. <math> n_2 </math> oder <math> n </math>, wie wir es jetzt nennen, ist eine beliebige ganze Zahl und
:<math> x = 3n - 1 </math>
:<math> y = 33 - 8n </math>.
:Versuchen wir jetzt, ob unsere Eulersche „Lösung“ wirklich richtig ist. Wir dürfen, wie gesagt, in das ''n'' jede ganze, positive oder negative Zahl (hier figuriert auch die Null als ganze Zahl) einsetzen. Die Gleichung lautete:
::<math> 8x + 3y = 91 </math>.
:Für <math> n = 0 </math> ist <math> x = 0 - 1 = -1 </math> und <math>y = 33 - 0 = 33</math>.
:Also: <math>8 \cdot (-1) + 3 \cdot 33 = (-8) + 99 = 91</math>.
:Für <math> n = 1 </math> ist <math> x = 3 - 1 = 2 </math> und <math>y = 33 - 8 = 25</math>.
:Also: <math>8 \cdot 2 + 3 \cdot 25 = 16 + 75 = 91</math>.
:Für <math> n = -1 </math> ist <math> x = -3 - 1 = -4 </math> und <math>y = 33 + 8 = 41</math>.
:Also: <math>8 \cdot (-4)+ 3 \cdot 41 = -32 + 123 = 91</math>.
:Für <math> n = 5 </math> ist <math> x = 15 - 1 = 14 </math> und <math>y = 33 - 40 = -7</math>.
:Also: <math>8 \cdot 14 + 3(-7) = 112 - 21 = 91</math>
:usf. ins Unendliche nach Plus und Minus.
:Wahrhaftig ein zauberhafter Algorithmus, der es gestattet, unendlich viele ganzzahlige Lösungen für zwei Unbekannte durch eine einfache Formel zu bestimmen ! Unser erstes, bloß erratenes Wertepaar <math>x=5</math> und <math>y = 17</math> galt für <math>n=2</math>, da hiebei <math>x=6-1 = 5</math> und <math>y= 33-16=17</math>.
:Nun könnte man weitere Bedingungen stellen und etwa nur Lösungen zwischen 1 und 100 oder zwischen -10 und +10 oder nur positive und nur negative Lösungen zulassen. Praktisch sind solche Bedingungen oft sehr wichtig. Der geübtere oder spürsinnigere Leser wird leicht erraten, wie man solchen Einschränkungen genügt. Man setzt einfach von 0 aufwärts und abwärts einige Zahlen für n ein, legt sich am besten eine kleine Tabelle an und sieht dann bald, wieweit man gehen darf.
::(<small>Natürlich könnte man ganz korrekt auch Bedingungsungleichungen ansetzen. Etwa <math>x< 10</math>, also <math>(3n-1) < 10</math>, folglich <math>3n<ll</math> und <math>n< \frac{11}{3}</math>. Also dürfte das ''n'' höchstens 3 betragen, wenn ''x'' kleiner als 10 sein soll. Nur müßte man für ''y'' auch eine Ungleichung ansetzen usw.</small>)
:Doch die diopliantischen Gleichungen sind uns wieder nur Mittel zum Zweck gewesen, was später deutlich werden wird. Wir wollen daher nicht tiefer in ihre hochinteressanten Einzelgesetze eindringen und wollen nur noch etwas hinzufügen, was wir schon andeuteten. Nämlich, daß durchaus nicht jede Gleichung mit zwei Unbekannten der allgemeinen Form
:<math> ax+by=c </math> (wobei ''a'', ''b'', ''c'' positive oder negative ganze Zahlen)
:auch eine wirkliche diophantische, das heißteine für beide Unbekannten ganzzahlig lösbare Gleichung darstellt. Zum Charakter einer diophantischen Gleichung ist ein weiteres Erfordernis oder eine weitere Bedingung unerläßlich.
:Nehmen wir zuerst an, wir hätten, wie man sagt, die Gleichung auf die einfachste Form gebracht, das heißt wir hätten sie solange auf beiden Seilen durch ein allfälligcs gemeinsames Maß dividiert, bis eine weitere Division unmöglich ist. Etwa hätten wir die Gleichung
:<math> 9x+12y=51 </math> durch 3 dividiert und
:<math> 3x+4y=17 </math>
:als einfachste Form erhalten.
:Ebenso hätten wir
:<math> 32x+24y=124 </math> durch 4 dividiert und
:<math> 8x+6y=31 </math>
:als einfachste Form gewonnen.
:Hier stutzen wir schon, denn es ist unerfindlich, wie die Summe zweier gerader Zahlen eine ungerade Zahl ergeben soll. ''8x'' und ''6y'' müssen aber, falls ''x'' und ''y'' ganze Zahlen sind, gerade Zahlen sein. Denn 8•5 und 8•7 und 8•(-2) und 6•(-5) und 6•(-20) und 6•1 usw. sind unter allen Umständen gerade Zahlen.
:Wir behaupten sogar, daß die Gleichung
:<math> 3x+15y=19 </math>
:keine diophantische ist. Und zwar deshalb, weil es dabei nicht nur auf Geradzahligkeit der Koeffizienten ankommt, sondern vielmehr darauf, daß die Koeffizienten von ''x'' und ''y'' überhaupt kein gemeinsames Maß (hier 3) besitzen dürfen, das nicht auch in der oder den Konstanten enthalten ist.
:Diese Behauptung wollen wir nun als Beispiel eines richtigen und gültigen mathematischen Beweises ganz allgemein erhärten. Zuerst aber noch ein Veranschaulichungsbeispiel.
:<math> 9x+12y=51 </math> dividiert durch 3 ergibt
:<math> 3x+ 4y= 17 </math>.
:3 und 4 haben kein gemeinsames Maß, es handelt sich also hier um eine unzweifelhaft echte diophantische, ganzzahlig lösbare Gleichung. Nach Euler ist die Lösung:
:<math>3x + 4y=17 </math>
:<math> 3x = 17 - 4 y </math>
:<math> \textstyle x = \frac{17-4y}{3} = </math><math> \textstyle 5 + \frac{2}{3} - y = </math><math> \textstyle 5 - y - \frac{y-2}{3} - y = </math>
:<math> \textstyle \frac{y-2}{3} = n </math>
:<math> y - 2 = 3n</math>
:<math> y = 3n + 2 </math>; <math> x = 5 - (3n+2) - n = </math><math> 4 - 4n </math>.
:Hier haben wir kein indiziertes <math> n </math> gewählt, da wir sofort sahen, daß wegen des isolierten <math> y </math> in <math> \textstyle \frac{y-2}{3} </math> kein weiterer Restbruch zu erwarten ist.
:Bei <math> n=3 </math> wäre demnach <math> x=-9 </math>, <math> y= 11 </math> und
:<math> 3 \cdot(-9)+4 \cdot ll = </math><math> -27+44=17 </math>. In diesem Fall ist also alles in bester Ordnung, wie wir es erwarteten. Kehren wir aber jetzt wieder zum Beweis und zu den allgemeinen Zahlen zurück. In der Gleichung
:<math> ax+by=c </math>
:sollen ''a'', ''b'' und ''c'' kein gemeinsames Maß mehr haben, da ja sonst die Gleichung nicht auf die einfachste Form gebracht wäre. Nun hätten aber ''a'' und ''b'' noch ein gemeinsames Maß, was möglich ist, wie der Fall
:<math> 8x+6y=31 </math>
:zeigt, wo 8 und 6 das Maß 2 haben. Allgemein gesprochen könnte man sagen, daß ''a'' und ''b'' das Maß ''m'' hätten. Das hieße aber weiter, daß <math> \textstyle \frac{a}{m} </math> und <math> \textstyle \frac{b}{m} </math> noch immer ganze Zahlen wären. Diese ganzen Zahlen sind mit den als ganzzahlig geforderten ''x'' und ''y'' zu multiplizieren und die Produkte zu summieren. Also <math> \textstyle ( \frac{a}{m} x + \frac{b}{m} y ) </math>. Nun ist es klar, daß ich auch ''c'' durch ''m'' dividieren muß, wenn ich ''a'' und ''b'' durch ''m'' dividiert habe, da dies ja der Balancezustand der Gleichungs„waage“ verlangt. Denn <math> \textstyle \frac{a}{m} x + \frac{b}{m} y = </math><math> \textstyle \frac{ax+by}{m} = </math><math> \textstyle \frac{c}{m}</math>, wenn die ursprüngliche Gleichung <math> ax+by = c </math> hieß. Da nun aber weiter ''c'' im ursprünglichen Ansatz eine ganze Zahl war, dann mußte sie, wenn sie der Summe zweier ganzer Zahlen <math> \textstyle \frac{a}{m} x + \frac{b}{m} y = </math> auch nach der Division durch ''m'' gleich sein soll, selbstverständlich durch ''m'' mit ganzzahligem Ergebnis teilbar sein. Was aber der Voraussetzung widerspricht, daß nur ''a'' und ''b'' durch ''m'' teilbar sind. Somit ist eine Gleichung von der Form <math> m \cdot rx + m \cdot sy = c </math>, wobei ''c'' nicht durch in teilbar ist, '''niemals''' in ganzen Zahlen für beide Unbekannte zu lösen, wenn ''m'', ''r'', ''s'' und ''c'' ganze Zahlen sind.
:Noch einmal wiederholt: Eine diophantische Gleichung setzt voraus, daß die Koeffizienten der beiden Unbekannten zueinander „teilerfremd“ sind, das heißt kein gemeinsames Maß besitzen. Dagegen dürfen die Koeffizienten der Unbekannten und die Konstante ein gemeinsames Maß besitzen, wie etwa in der Gleichung <math> 3x+4y= 12 </math> (4 und 12 haben das Maß 4, 3 und 12 das Maß 3). Die allgemeinen Lösungen dieser Gleichung wären
:<math> x=4-4n </math> und
:<math> y=3n </math>,
:also etwa für
:<math> n=5 </math> ist
:<math> x=4-20=-16 </math>
:<math> y=15 </math>.
:Probe:
:<math> 3 \cdot (-16)+4 \cdot 15 = -48 + 60 = 12 </math> .
 
== 15 ==
 
 
:'''Fünfzehntes Kapitel'''
:---
:'''Negative und Bruchpotenzen'''
:---
:Es wäre sehr verlockend, die Lehre von den Gleichungen weiter zu durchforschen, weil wir dabei zudem noch auf einen Gleichungstyp stoßen würden, der uns den eigentlichen Zugang zur höheren und höchsten Mathematik erschließt: auf die sogenannte „Funktion“, die sich aus algebraischen Gleichungen zwanglos herleiten läßt.
:Wir bitten jedoch, diese Worte als eine vorläufig höchst unpräzise Andeutung hinzunehmen. Die nächsten Kapitel werden uns schon in diese neue Zauberwelt einführen. Da wir uns aber in der Lehre von den Funktionen viel ungehinderter bewegen können, wenn wir vorher noch die Geduld aufbringen, unseren Zahlbegriff zu erweitern und den Algorithmus der Potenz eingehender zu studieren, wollen wir uns dieser Mühe unterziehen.
:Wir erinnern uns, daß man Potenzen derselben Basis dividierte, indem man den kleineren Potenzexponenten vom größeren abzog. Also etwa <math> 10^5 : 10^3 = 10^{5-3} = 10^2 </math> oder <math> 100.000 : 1000 = 100 </math>. Oder <math> a^{17 : a^6 = a^{17-6} = a^{11} } </math> usw. Dabei hatten wir stillschweigend die Ubereinkunft getroffen, daß der Potenzanzeiger des Dividenden stets größer oder höchstens gleich war mit dem des Divisors. Also allgemein: Bei der Division <math> a^m : a^n </math> galt die Bedingung <math> m > n </math>. Oder, was dasselbe wäre, <math> n < m </math>. Da wir weiters ''m'' und ''n'' stets positiv wählten, kamen wir niemals in die Gefahr, als Ergebnis eine Basis mit einem negativen Potenzanzeiger zu erhalten. Nun ist aber an sich ein negativer Potenzanzeiger ganz gut denkbar. Es fragt sich nur, welchen Sinn er innerhalb unserer verschiedenen Algorithmen hat, ohne unser Gesamtsystem, das wir bisher aufbauten, zu sprengen.
:Wir wollen vorläufig noch daran festhalten, daß ''m'' und ''n'' positive Zahlen sind, wollen jedoch diesmal die Bedingungsungleichung umkehren und behaupten, ''n'' sei größer als ''m'' (<math> n>m </math> oder <math> m<n </math>). Da nun weiters gefordert ist, daß der Anzeiger ''n'' dem Divisor zugehört, erhalten wir bei der Division <math> a^m : a^n = a^{m-n} </math> als Anzeiger des Ergebnisses unbedingt eine negative Zahl, da wir ja voraussetzungsgemäß Größeres von Kleinerem abziehen sollen. Konkreter ausgedrückt: <math> a=10 </math>, <math> m=5 </math>, <math> n=7 </math>; folglich <math> 10^5 : 10^7 = 10^{5-7} = 10^{-2} </math>.
:Mit konkreten Zahlen können wir zwanglos rechnen. Wir werden uns also unser unangenehmes Ergebnis einfach ausrechnen. Etwa in folgender Weise: <math> \textstyle 10^5 : 10^7 = \frac{10 \cdot 10 \cdot 10 \cdot 10 \cdot 10}{10 \cdot 10 \cdot 10 \cdot 10 \cdot 10 \cdot 10 \cdot 10} </math>.
:Da wir nun offensichtlich die oberen fünf Zehnerfaktoren mit fünf Zehnerfaktoren des Nenners kürzen können, erhalten wir als Resultat <math> \textstyle 10^5 : 10^7 = \frac{1}{10 \cdot 10} = \frac{1}{10^2} </math>. Dieses <math> \textstyle \frac{1}{10^2} </math> aber soll <math> 10^{-2} </math> sein!
:Wir ahnen bereits den neuen Algorithmus, wollen aber vorsichtshalber noch eine Probe machen.
:<math> a^{11} : a^{16} = </math><math> \textstyle \frac{a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a}{a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a} = </math><math> \textstyle \frac{1}{a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a} </math>.
:Und dieses <math> \textstyle \frac{1}{a \cdot a \cdot a \cdot a \cdot a} = \frac{1}{a^5} </math> und das soll wieder gleich sein <math> a^{11} : a^{16} = a^{11-16} = a^{-5} </math>.
:Unsere gesuchte Regel lautet also höchst einfach: Eine Basis a mit einem negativen Potenzanzeiger ist gleich dem Kehrwert derselben Basis mit demselben positiven Potenzanzeiger. Als Formel <math> \textstyle a^{-r} = \frac{1}{a^r} </math>, wobei ''a'' verschieden sein muß von 0.
:Die letzte Einschränkung hat ihren guten Sinn. Denn wenn <math> a=0 </math>, dann ist <math> \textstyle a^{-n} = \frac{1}{0^n} = \frac{1}{0} </math>, und von diesem <math> \textstyle \frac{1}{0} </math> wissen wir schon, daß es einen eigentlich unausdrückbaren Wert hat, den wir mit „<math> \lim \infin </math>“ oder mit dem „Grenzwert, der nach unendlich strebt“ bezeichneten.
:Weiter brauchen wir über negative Potenzanzeiger kaum ein Wort zu verlieren. Durch unsere einfache Regel haben wir sie in unseren Algorithmus eingegliedert und wir können Ausdrücke wie <math> \textstyle b^{(-4+3-2+6-8)} = b^{-5} = \frac {1}{b^5} </math> ebenso sicher handhaben, wie <math> c^{5+4-3} = c^6 </math>.
:Aus dem Wesen des Kehrwertes folgt noch, daß wir <math> \textstyle \frac{1}{a^n} </math> als <math> a^0 : a^n = a^{0-n} = a^{-n} </math> darstellen können. <math> \textstyle \frac{1}{a{-n}} </math> dagegen könnte man sich aus <math> a^0 : a^{-n} = a^{0-(-n)} = a^n </math> entstanden vorstellen. Durch diese Regel sind wir instand gesetzt, jede Potenz nach Belieben durch Änderung des Vorzeichens des Potenzanzeigers aus dem Bruchzähler in den Bruchnenner (und umgekehrt) zu übertragen. Es ergibt sich somit:
:<math> \textstyle \frac{a^0}{a^n} = \frac{a^{-n}}{a^0} </math> und
:<math> \textstyle \frac{a^0}{a^{-n}} = \frac{a^n}{a^0} </math> oder
:<math> \textstyle \frac{1}{a^n} = a^{-n} </math>;
:<math> \textstyle \frac{1}{a^{-n}} = a^n </math>
:Nun wollen wir aber unseren Algorithmus noch erweitern. Wir behaupten nämlich, es müsse auch möglich sein, Potenzanzeiger in Form von gemeinen Brüchen anzuschreiben.
:Also etwa:
:<math> \textstyle 10^{ \frac{5}{6} } </math>, <math> \textstyle a^{ \frac{7}{9} } </math>, <math> \textstyle 15^{ \frac{a}{b} } </math>, <math> \textstyle 20^{ \frac{1}{10} } </math>, <math> \textstyle 4^{ \frac{3}{7} } </math>, <math> \textstyle 9^{ \frac{25}{8} } </math> usw.
:Vorstellen kann man sich — das wird sofort klar sein — unter einem Bruch als Potenzanzeiger vorläufig gar nichts. Denn die Forderung, ich solle die Basis 10 etwa <math> \textstyle \frac{5}{6}</math>mal als Faktor setzen, erscheint auf den ersten Blick als unsinniges Begehren. Selbst wenn ich mir dadurch helfen will, daß ich die <math> \textstyle \frac{5}{6}</math> in <math> \textstyle 5 \cdot \frac{1}{6}</math> zerlege, weiß ich nur, daß ich die 10 zuerst mit 5 potenzieren darf, da ja auch <math> \textstyle (10^5)^{ \frac{1}{6} }</math> gleich ist <math> \textstyle 10^{ \frac{5}{6} }</math>. Die Potenzierung mit der 5 macht weiter keine Schwierigkeiten.
:Wie aber potenziere ich dann das Ergebnis <math> 10^5 = 100.000 </math> mit dem <math> \textstyle \frac{1}{6} </math>? Wie setze ich 100.000 ein Sechstel mal als Faktor? Größer wird es dadurch kaum werden, da ich es ja nicht einmal ein einziges Mal als Faktor setzen soll. Ich stehe also hier allem Anschein nach vor einer neuen abbauenden, lytischen Rechnungsart, die sich zur Potenzierung verhält, wie die Division zur Multiplikation oder die Subtraktion zur Addition.
:Wir wollen verraten, um welche neue Rechnungsart, um welchen „Befehl“ es sich handelt: um das sogenannte Wurzelziehen oder um die Radizierung. Und <math> \textstyle (100.000)^{ \frac{1}{6} } </math> heißt als Befehl nichts anderes als: „Suche eine noch unbekannte Zahl, die, sechsmal als Faktor gesetzt, den Wert 100.000 ergibt.“
:Wenn wir allgemein <math> \textstyle c^{ \frac{a}{b} } </math> vor uns gehabt hätten, hätten wir schreiben können: <math> \textstyle c^{ \frac{a}{b} } = (c^a)^{ \frac{1}{b} } </math>, was soviel heißt, als man solle eine noch unbekannte Zahl ''d'' suchen, die, bmal als Faktor gesetzt, wieder <math> c^a </math> ergibt. Also <math> (d \cdot d \cdot d \cdot d \cdot d \dots \dots ) </math> ''b'' mal als Faktor <math> = c^a </math> oder
:<math> d^b = c^a </math>
:Nun werden Wurzeln, was ja jeder wissen dürfte, nicht nur in der Form des Kehrwertes von Potenzanzeigern, also als <math> \textstyle a^{ \frac{1}{2} } </math>, <math> \textstyle b^{ \frac{1}{3} } </math>, <math> \textstyle 10^{ \frac{1}{b} } </math> usw. geschrieben, sondern man hat seit vielen Jahrhunderten das sogenannte Wurzelzeichen in Anwendung, das aus dem Wort Radix (Wurzel) in der Weise entstanden sein soll, daß man das kleine lateinische r der geschriebenen Schrift zur Gestalt <math> \sqrt{ \quad } </math> zerzog, woraus dann unser Zeichen <math> \sqrt{ \qquad } </math> wurde. Wir schreiben also
:<math>\sqrt[2\,]{5816}</math>, <math>\sqrt[3\,]{a \cdot b}</math>, <math>\sqrt[a\,]{25a^4}</math> usw.
:Dabei erhält die Wurzel den sogenannten Wurzelanzeiger oder Wurzelexponenten, der nichts anderes ist als der Kehrwert des Bruches, den wir als gebrochenen Potenzanzeiger kennen lernten. Also:
:<math> \textstyle a^{\frac{1}{2} } = \sqrt[2]{a}</math> oder
:<math> \textstyle 10^{\frac{5}{6} } = (10^5)^{ \frac{5}{6} } = \sqrt[6]{10^5}</math>usw.
:Aus unserer Darstellung ergeben sich alle Regeln über die Behandlung von Wurzeln mit Leichligkeil. Und wir empfehlen, zur Sicherheit jede verwickeltere Rechnung mit Wurzeln durch eine Rechnung mit gebrochenen Exponenten nachzuprüfen oder den Algorithmus zu wechseln:
:<math> \textstyle \sqrt[3]{a^5} \cdot \sqrt[7]{a^9} </math> wäre
:<math> \textstyle a^{ \frac{5}{3} } \cdot a^{ \frac{9}{7}} = a^ { \frac{5}{3} + \frac{9}{7} }
= </math><math> \textstyle a^{\frac{7 \cdot 5 + 3 \cdot 9}{21} } =</math><math> \textstyle a^{\frac{62}{21} } =</math><math> \textstyle (a^{62})^{ \frac{1}{21} } =</math><math> \textstyle \sqrt[21]{a^{62}} =</math>.
:Hat die Wurzel einen gebrochenen Anzeiger, dann ist bei Schreibung als Potenz der Kehrwert zu nehmen. Etwa
:<math> \textstyle \sqrt[ \frac{4}{5} ]{a^3} = (a^3)^{ \frac{5}{4} } =</math><math> (a^{3 \cdot 5})^{ \frac{1}{4} } =</math><math> \sqrt[4]{a^{15}}</math> oder
:<math> \textstyle \sqrt[ \frac{4}{5} ]{a^3} = \sqrt[ 4 \cdot \frac{1}{5} ]{a^3} =</math><math> (a^3)^{5 \cdot \frac{1}{4} } =</math><math> [ (a^3)^5 ]^{\frac{1}{4} } =</math><math> [a^{15}]^{\frac{1}{4} } =</math><math> \sqrt[4]{a^{15}} </math>.
:Natürlich ist auch ein Dividieren von Wurzeln (Potenzen mit gebrochenen Anzeigern) möglich, wobei außerdem positive oder negative Ergebnisse resultieren können. Etwa
:<math> \textstyle \sqrt[5]{a^6} : \sqrt[3]{a^7} = (a^6)^{ \frac{1}{5}} : (a^7)^{ \frac{1}{3} } =</math><math> \textstyle a^{ \frac{6}{5}} : a^{ \frac{7}{3}} =</math><math> \textstyle a^{ \frac{6}{5} - \frac{7}{3} } =</math><math> \textstyle a^{ \frac{6 \cdot 3 - 7 \cdot 5}{15} } =</math><math> \textstyle a^{ \frac{-17}{15}} =</math><math> \textstyle a^{ - \frac{17}{15}} =</math><math> \textstyle \sqrt[-15]{a^{17}} =</math><math> \textstyle \sqrt[15]{a^{-17}} =</math><math> \textstyle \sqrt[15]{ \frac{1}{ a^{17}}} =</math><math> \textstyle \frac { \sqrt[15]{1} }{ \sqrt[15]{a^{17}} } =</math><math> \textstyle \frac {1}{ \sqrt[15]{a^{17}} }</math>.
:Zum Abschluß sei bemerkt, daß die zweite Wurzel gewöhnlich nicht geschrieben wird, das heißt daß <math> \sqrt{a} </math> soviel bedeutet wie <math> \sqrt[2]{a} </math>, da ja eine <math> \sqrt[1]{a} </math> überhaupt kein Wurzeli t zeichen braucht, da <math> \sqrt[1]{a} = a^{ \frac{1}{1} } = a^1 = a</math> sein muß.
:Wir sagten „zum Abschluß“. Wir haben bewußt unsere Lehre von den Wurzeln nur sehr oberflächlich gebracht. Denn uns interessieren für unsere weiteren Zwecke nicht Dinge, die in jedem Lehrbuch genau und ausführlich enthalten sind, sondern uns beschäftigt ein ungleich tieferes Problem: Nämlich das innere Wesen des Zahlbegriffs und die Erweiterung dieses Begriffs durch die Einführung der Wurzeloperation, des Radizierungsbefchls, den man, nebenbei bemerkt, in halbwegs einfacher Weise ohne Hilfe der sogenannten LogariLhmen nur in bestimmten und sehr beschränkten Fällen wirklich ziffernmäßig ausführen kann.
::(<small>Prinzipiell ist jede Wurzel aus einer konkreten Zahl berechenbar. Das dafür ersonnene Verfahren erfordert jedoch, wie erwähnt, große Sorgfalt und Mühe, so daß es für die Praxis des Rechners kaum in Betracht kommt.</small>)
 
== 16 ==
 
 
:'''Sechszehntes Kapitel'''
:---
:'''Irrationalzahlen '''
:---
:Wenn wir uns die Frage vorlegen, unter welcher Bedingung, rein allgemein betrachtet, eine Wurzel 4 berechenbar ist, dann finden wir, daß etwa <math> \sqrt[4]{a} </math> dann ein klares Ergebnis liefert, wenn ''a'' gleich ist einer Zahl <math> p^4 </math>. Denn dann ist
:<math> \textstyle \sqrt[4]{a} = \sqrt[4]{p^4} = p^{ \frac{4}{5} } p^4 </math>.
:Wir erhalten also p als Resultat und sagen p sei „die vierte Wurzel“ von a.
:Nun müssen wir weiter zusehen, ob diese Möglichkeit stets gegeben ist. Nehmen wir den einfachsten Fall an und fordern wir, daß a eine ganze Zahl sei. Irgendeine beliebige ganze Zahl. Wenn wir das einmal festgestellt haben, bemerken wir sofort, daß ein großer Zufall notwendig ist, damit ''a'' wirklich die vierte Potenz einer anderen ganzen Zahl ''p'' darstellt. Denn innerhalb der ersten hundert ganzen positiven Zahlen etwa finden wir an vierten Potenzen bloß 1, 16 und 81. Das heißt, daß jeder ganzzahligc Wert für a, der nicht eben 1, 16 oder 81 wäre, keine vierte Potenz einer positiven ganzen Zahl darstellen würde. Die Zahl 25 etwa lüge zwischen 2* und 34, die Zahl 90 zwischen 3<sup>4</sup> und 4<sup>4</sup> usw. In der Mathematik benützt man die sogenannten „Ungleichungen“ dazu, um dieses „Dazwischenliegen“ auszudrücken. Da es sich um eine äußerst wichtige Schreibweise handelt, die besonders in der höheren Mathematik ununterbrochen angewendet wird, wollen wir etwas ausführlicher davon sprechen. Will ich etwa anmerken oder zur Bedingung stellen, daß die Zahl b zwischen 30 und 40 liegt, so schreibe ich: ''b'' ist größer als 30, aber kleiner als 40 oder
:<math> 30 < b < 40 </math>.
:Will ich dagegen sagen, sie liege zwischen 30 und 40, wobei sie aber auch eventuell 30 oder 40 selbst sein kann, dann notiere ich
:<math> 30 \leqq b \leqq 40 </math>.
:Man nennt dieses Verfahren auch „zwischen Grenzen einschließen“ und bezeichnet hier 30 als die untere, 40 als die obere Grenze. Bei allgemeinen Zahlen weiß ich natürlich nicht von vornherein, welche Zahl die höhere oder die tiefere ist. Schreibe ich
:<math> a < b < c </math>,
:dann liegt ''b'' zwischen ''a'' und ''c''. Und ich erfahre erst indirekt durch diesen Ansatz, daß ''a'' die kleinste, ''c'' die größte der drei Zahlen ist.
::(<small>Daß, wenn <math>a<b</math> und <math>b<c</math>, auch <math>a<c</math>, ist ein Fall des sogenannten Prinzips der Transitivität. </small>)
:Um nun aus dieser Schreibweise die Nutzanwendung für unsere Wurzeln zu ziehen, können wir sagen, 25 liege zwischen 2<sup>4</sup> und 3<sup>4</sup> oder
:<math> 2^4 < 25 < 3^4 </math>.
:Es ist also offensichtlich, daß die vierte Wurzel 4 von 25 nicht in der Art <math> \sqrt[4]{p^4} = p </math> (wobei ''p'' eine positive ganze Zahl) zu berechnen ist.
:Nun besitzen wir aber doch eine zweite Art von Zahlen, die in unendlicher Mannigfaltigkeit und Abstufung zwischen den ganzen Zahlen liegen. Nämlich die sogenannten gemeinen Brüche. Wir haben schon behauptet, daß etwa die Stammbrüche
:<math> \textstyle \frac{1}{2} </math>, <math> \textstyle \frac{1}{3} </math>, <math> \textstyle \frac{1}{4} </math>, <math> \textstyle \frac{1}{5} </math> usw. bis <math> \textstyle \frac{1}{ \text{fast} \infty } </math> zwischen 0 und 1 liegen, weitere aber zudem noch alle übrigen echten Brüche wie
:<math> \textstyle \frac{2}{3} </math>, <math> \textstyle \frac{3}{4} </math>, <math> \textstyle \frac{4}{5} </math>, <math> \textstyle \frac{5}{6} </math>, <math> \textstyle \frac{6}{7} </math> ... bis <math> \textstyle \frac{1}{ \text{fast} \infty } </math>.
::(<small>Der Einfachheit halber wird <math> \infty </math> für <math> \lim \infty </math> geschrieben. </small>)
:Da nun aber auch Zwischenwerte zwischen beliebigen anderen ganzen Zahlen, etwa zwischen 12 und 13 stets in der Form unechter Brüche, also <math> \textstyle \frac{25}{2} = 12 \frac{1}{2}</math> oder in der Form <math> \textstyle 12 + \frac{1}{2} </math>, <math> \textstyle 12 + \frac{3}{4} </math>, <math> \textstyle 12 + \frac{7}{8} </math> usw. auszufüllen sind, haben wir berechtigte Hoffnung, daß wir unsere <math> \sqrt[4]{25} </math>, wo nicht ganzzahlig, so doch durch einen Bruch lösen können. Und wir denken, da <math> 2^4 = 16 </math>, <math> 3^4 = 81</math>, daß diese vierte Wurzel die Form 2 plus irgendeinem komplizierten Bruch haben wird, etwa um <math> \textstyle 2 + \frac{1}{4} </math> herum, da <math> \textstyle 2 \frac{1}{4} = \frac{9}{4} </math> zur Vierten gleich ist
:<math> \textstyle \frac{9}{4} \cdot \frac{9}{4} \cdot \frac{9}{4} \cdot \frac{9}{4} \cdot = \frac{6561}{256} = 25 \cdot 63 \dots </math>
:Wir haben also mit unserer rohen Schätzung nicht sehr weit danebengegriffen. Nun haben wir aber Brüche in unendlicher Zahl zur Verfügung und können erwarten, daß wir mit einem Bruch, der ein wenig kleiner als <math> \textstyle \frac{9}{4} </math> ist, unsere vierte Wurzel genau treffen werden. Das Ausprobieren würde große Mühe verursachen und uns zudem vielleicht nicht einmal die Sicherheit liefern, daß wir diesen Bruch auch wirklich finden. Haben wir doch, dies sei nochmals betont, unendlich viele Brüche zur Auswahl, deren Nenner auch 200 Stellen haben könnten oder 2000 oder 2.000.000 Stellen. Vielleicht fänden wir den genauen Wert für <math> \sqrt[4]{25} </math> erst durch einen Bruch, dessen Nenner 10.000 Quintillionen Stellen hat; oder diese Zahl noch multipliziert mit einer Billion Sexlillionen. Es wäre noch immer ein gemeiner Bruch. Und die Stellenzahl des Nenners könnte stets noch weiter und weiter erhöht werden.
:Wir müssen also unser Problem allgemein stellen, was nicht schwer ist. Wir wissen, daß es zwei Fälle gibt. Entweder ist bei der n-ten Wurzel von ''a'' dieses ''a'' gleich p<sup>n</sup>. Dabei sollen ''a'' und ''p'' ganze positive Zahlen sein. Oder aber unser ''a'' liegt zwischen zwei n-ten Potenzen von ''p''.
:Also <math>p^n < a < (p+1)^n </math>.
:Das <math> (p+1) </math> ist die auf ''p'' nächstfolgende ganze Zahl, wie etwa auf 17 die Zahl <math> (17+1)= 18 </math> folgt. Da wir weiter wissen, daß im n zweiten Fall die <math> \sqrt [n]{a}</math> ganzzahlig nicht zu gewinnen ist, fragen wir, ob sie durch einen gemeinen Bruch <math>{}^r_s</math> ausdrdrückbar sei. Dann müßte <math> \textstyle \sqrt[n]{4} </math> gleich sein <math> \textstyle \sqrt[n]{ ( \frac{r}{s} )^n } </math> da ''n'' dann auch <math> \textstyle ( \frac{r}{s} )^{ \frac{n}{n} } </math> gleich wäre <math> \textstyle ( \frac{r}{s} )^1 = \frac{r}{s} </math> und damit die Wurzel als gemeiner Bruch berechnet wäre. Es ist selbstverständlich, daß ''r'' und ''s'' „teilerfremd“ sind, da wir den Bruch auf die einfachste Form gebracht haben.
:Wir würden etwa nicht <math> \textstyle \frac{24}{15} </math> sondern <math> \textstyle \frac{8}{5} </math> als Lösung anschreiben.
:Nun müßte, da <math> \textstyle \sqrt[n]{a} = \sqrt[n]{ ( \frac{r}{s} )^n } </math> ist, natürlich auch ''a'' gleich sein <math> \textstyle ( \frac{r}{s} )^n </math> da sich nichts ändert, wenn ich die Gleichung <math> \textstyle \sqrt[n]{a} = \sqrt[n]{ ( \frac{r}{s} )^n } </math> mit ''n'' potenziere, also <math> \textstyle (\sqrt[n]{a})^n = ( \sqrt[n]{ ( \frac{r}{s} )^n } )^n </math> anschreibe. Dies ergibt aber <math> \textstyle a = ( \frac{r}{s} )^n </math>.
:Zur weiteren Untersuchung muß ich mich daran erinnern, daß ''a'' eine ganze Zahl ist. Dies war ja der Ausgangspunkt unserer Untersuchung. Wenn aber ''a'' eine ganze Zahl ist, dann muß auch das, was ihr gleich ist, nämlich <math> \textstyle (\frac{r}{s})^n </math> eine ganze Zahl sein. <math> \textstyle (\frac{r}{s})^n </math> ist aber weiter gleich <math> \textstyle (\frac{r}{s})^n </math> <math> \textstyle \frac{r^n}{s^n} </math>
:Und ''r'' und ''s'' sind teilerfremd. Wenn aber Zähler und Nenner teilcrfremd sind, kann ich beide solange potenzieren als ich will und sie können nie ein gemeinsames Maß erhalten, da dadurch weder im Zähler noch im Nenner ein neuer Faktor hinzutritt. Potenziere ich etwa <math> \textstyle \frac{3}{5} </math>, dann erhalle ich
:<math> \textstyle \frac{3 \cdot 3 \cdot 3 \cdot 3 \cdot 3 \dots \dots \text{ins Unendliche} }{5 \cdot 5 \cdot 5 \cdot 5 \cdot 5 \dots \dots \text{ins Unendliche} } </math>
:Somit bleiben auch die n-ten (beliebigen) Potenzen teilerfremder Zalden zueinander teilerfremd. Und teilerfremde Zahlen, durcheinander dividiert, können niemals eine ganze Zahl ergeben, also kann unser ''a'' niemals <math> \textstyle (\frac{r}{s})^n </math> sein, solange die Bedingung der Ganzzahligkeit von ''a'' aufrechterhalten wird.
:Unser Ergebnis ist geradezu erschreckend. Denn es sagt nicht weniger, als daß ich trotz unendlicher Menge der zwischen den ganzen Zahlen liegenden Brüche keinen gemeinen Bruch finden kann, der es uns ermöglicht, etwa das Ergebnis von <math> \sqrt[4]{25} </math> auszudrücken. Es gibt, da aber dieses <math> \sqrt[4]{25} </math> doch irgendein Resultat liefern muß, dem wir ja mit <math> \textstyle 2 \frac{1}{4} </math> schon sehr nahe waren, anscheinend außer den ganzen und gebrochenen Zahlen noch einen anderen Typus von Zahlen, der sich in einer unendlichen Kleinheit zweiter, höherer (oder tieferer) Ordnung zwischen die Brüche schiebt. Dazu haben wir noch gewähnt, daß die Brüche alle Zwischenräume zwischen den ganzen Zahlen ausfüllen.
:Unser Ergebnis ist, wie die Griechen seit Pythagoras sagten, „alogos“, unaussprechlich, unsinnig. Es widerspricht der Vernunft, der „ratio“.
::(<small>Die Ableitung des Irrationalen von ratio im Sinne von „richtigem Verhältnis“ wird beim Begriff des Inkommensurablen abgehandelt werden.</small>)
:Und wir nennen diese neuen mysteriösen Zahlen, von denen wir noch nicht einmal wissen, wie wir sie schreiben sollen, die „irrationalen“, die nicht rationalen Zahlen.
:Wie aber drücke ich nun diese unausdrückbaren Zahlenmonstren, diese sonderbaren Zwischenzahlen aus, wenn mir sowohl ihre Schreibung als Bruch wie als ganze Zahl verwehrt ist?
:Ich finde etwa für <math> \sqrt[4]{25} </math> nach logarithmischer Ausrechnung den Wert 2,23606...
:Die Punkte sollen andeuten, daß damit die Rechnung in keiner Weise abgeschlossen ist. Für eine andere „irrationale“ Zahl, die sogenannte Kreiszahl <math> \pi </math> hat Leibniz eine Rechenregel angegeben, die besagt, daß man <math> \frac{\pi}{4} </math> durch folgende Reihe finden könne:
:<math> \textstyle \frac{\pi}{4} = 1 - \frac{1}{3} + \frac{1}{5} - \frac{1}{7} +</math><math> \textstyle \frac{1}{9} - \frac{1}{11} +</math><math> \textstyle \frac{1}{13} -</math><math> \textstyle \frac{1}{15} +</math><math> \textstyle \frac{1}{17} -</math><math> \textstyle \frac{1}{19} \dots </math>.
:Das heißt <math> \frac{\pi}{4} </math> wäre erst ausgedrückt, wenn ich diese Reihe bis ins Unendliche berechnet hätte. Ich kann also beliebig genau, niemals jedoch zu Ende rechnen.
:Wir sehen schon jetzt zwei Möglichkeiten, irrationale Zahlen auszudrücken, die in Wahrheit auf ein und dasselbe hinauslaufen. Nämlich die Schreibung in Form von Dezimalbrüchen und die Schreibung in Form unendlicher Reihen, die, wie die „Leihniz-Reihe“ zeigt, auch Addition und Subtraktion mischen können, was man „alternierende“ Reihen nennt.
:Nun wollen wir uns aber mit der sehr schwierigen Lehre von den Reihen noch nicht näher beschäftigen, sondern sie nur so weit durchforschen, als sie uns zur Bewahrheitung unserer Behauptung dient, daß beide Schreibweisen für Irrationalzahlen eigentlich auf demselben Prinzip, nämlich eben auf der Darstellung unendlicher Reihen, beruhen. Zur Prüfbarkeit der Leibniz-Reihe wird jetzt schon angeführt, daß die Kreiszahl <math> \pi </math>, dezimal geschrieben, 3,141 592 653 589 793... beträgt. Eine andere bekannte irrationale Zahl wäre etwa noch die Basis der natürlichen Logarithmen, genannt die „Zahl e“, die als Reihe in der Form:
:<math> \textstyle 2 = 1 + \frac{1}{1!} + \frac{1}{2!} + \frac{1}{3!} + </math><math> \textstyle \frac{1}{4!} + \dots </math> und als Dezimalzahl in der Form
:e = 2,718 281 828 459 045 235 36...
:dargestellt wird.
:Nun macht uns unser Widersacher mit Recht aufmerksam, daß wir von Dezimalbrüchen überhaupt noch nicht gesprochen haben, folglich unter der Bedingung voller Voraussctzungslosigkeit gar kein Recht besitzen, Dezimalbrüche anzuschreiben. Weiters werden uns begabtere und aufmerksamere Leser sofort einwerfen, daß es ja auch genug Fälle gebe, in denen eine gewöhnliche Division, wie man sagt, nicht „aufgehe“. Hier muß etwas nicht stimmen. Denn die Division irgendwelcher ganzer Zahlen ist ja nichts anderes als ein horizontal unter Verwendung des Doppelpunktes als Befehl angeschriebener gemeiner Bruch. Und wir haben behauptet, daß gemeine Brüche und Irrationalzahlen zueinander geradezu gegensätzlich seien; und daß die Irrationalzahlen „zwischen“ den nächstbenachbarten gemeinen Brüchen (oder Divisionen) lägen. Und wir haben weiter so getan, als ob Irrationalzahlen erst durch die lytische Operation des Wurzelziehens entstehen würden, wo man doch wisse, daß etwa 20:6 oder <math> \textstyle \frac{20}{6} </math> ebenfalls solch eine Irrationalzahl, nämlich <math>3{,}33333333 \dots</math> oder <math> 3{,}\overline3 </math> (drei periodisch) oder
:<math> \textstyle 3 + \frac{3}{10} + \frac{3}{100} + \frac{3}{1.000} + </math><math> \textstyle \frac{3}{10.000} + \frac{3}{100.000} + \frac{3}{1.000.000} + </math><math> \dots </math> als Ergebnis liefern.
:Wir sind für diese Einwürfe äußerst dankbar. Denn es ist eine auffallende Tatsache, daß sich selbst gute Rechner und Menscheu mit Gymnasialbildung in diesen Unterschieden nicht zurechtfinden, ja, daß sie nicht einmal darüber nachgedacht haben oder daß sie nicht entsprechend darauf hingewiesen worden sind. Daß ein gemeiner Bruch von einer Irrationalzahl verschieden ist, sieht jeder ein. Denn der gemeine Bruch ist abgeschlossen, fertig, vollendet; während die Irrationalzahl nie als Zahl, sondern stets nur als unendlicher, nie abzuschließender Prozeß, als Rechenregel, als Bildungsgesetz, als Reihe darzustellen ist. Man könnte daher auch die ganze und die gebrochene Zahl als statische Zahl, die Irrationalzahl, der Schreibung gemäß, als dynamische Zahl bezeichnen. Sie ist keine Größe, sondern eine Richtung nach einer Größe hin, wiewohl wir sie stets zum Teil unanfechtbar statisch machen können. Und dies, soweit wir wollen.
:Wenn wir bei <math> \sqrt[4]{25} </math> nur wissen wollen, wie groß diese Wurzel auf drei 4 Dezimalstellen ist, dann ist <math> \sqrt[4]{25} </math> eben 2,236. Wollen wir aber wissen, wie groß sie überhaupt ist, dann können wir allerdings keine Antwort geben. Denn wir können nicht unendlich viel Dezimalstellen anschreiben. Das können wir aber doch auch bei 3,333333... (periodisch) nicht ausführen? Auch diese Zahl können wir nie vollenden. Gewiß! Nämlich als Dezimalbruch ist es unmöglich. Wohl ist die Vollendung aber als gemeiner Bruch in diesem Fall möglich. 3,3333... (periodisch) ist ja nichts anderes als <math> \textstyle \frac{20}{6} </math> oder <math> \textstyle \frac{10}{3} </math> oder <math> \textstyle 10 \cdot \frac{1}{3} </math>.
:In dieser Schreibung gibt es keinen Zweifel. Und ich kann auf der Zahlenlinie mit dem Finger auf die Stelle zeigen, wo dieses <math> \textstyle 10 \cdot \frac{1}{3} </math> liegt. Nämlich <math> \textstyle \frac{1}{3} </math> nach 3. Denn <math> \textstyle \frac{10}{3} </math> ist auch <math> \textstyle 3 + \frac{1}{3} </math> oder <math> \textstyle 3 \frac{1}{3} </math>.
:Die <math> \sqrt[4]{25} </math> aber, dieses 2,236 finde ich nicht einmal mit einem überirdischen Mikroskop auf der Zahlenlinie. Selbst dann nicht, wenn ich die gemeinen Brüche wüßte, zwischen denen es liegt. Denn es liegt dort irgendwo in einer unendlichen Menge von anderen Irrationalzahlen. Das erscheint sehr mystisch. Wir haben aber leider in unserem Rahmen nicht die Möglichkeit, diese höchst aufregende Angelegenheit restlos zu klären.
 
== 17 ==
 
 
:'''Siebzehntes Kapitel'''
:---
:'''Systembrüche '''
:---
:Wir wenden uns also der näherliegenden Aufgabe zu, endlich die sogenannten Systembrüche zu untersuchen, deren Spezialfall die Dezimalbrüche sind. Aus unseren Untersuchungen über Ziffernsysteme können wir entnehmen, was der Ausdruck „Systembruch“ bedeuten soll. Es gibt in jedem Stellenwcrlsystem etwas, das den „Dezimalbrüchen“ entspricht. Im Sechsersystem folgen nach dem „Dezimalpunkt“ (der dort der „Seximalpunkt“ heißen müßte) die Sechstel, die Sechsunddreißigstel, die Zweihundertsechzehntel usw. Im dyadischen System nach dem „Binalpunkt“ die Halben, Viertel, Achtel, Sechzehnte! usw., im Dreizehnersystem nach dem „Tredezimalpunkt“ die Dreizehntel, Hundcrtneunundsechzigstel, Zweitausendeinhundertsiebenundneunzigstel usw. — und im Dezimalsystem die Zehntel, Hundertel, Tausendtel usw. Allgemein sieht also eine Stellenwertzahl mit Systembruchstellen folgendermaßen aus, wenn die Grundzahl ''g'' heißt und die Potenzanzeiger dekadisch geschrieben sind: Etwa eine fünfstellige Zahl mit vier Bruchstellen:
:<math> \textstyle mg^4 + ng^3 + og^2 + pg^1 + qg^0 +</math><math> \textstyle r \frac{1}{g^1} +</math><math> \textstyle s \frac{1}{g^2} +</math><math> \textstyle t \frac{1}{g^3} +</math><math> \textstyle u \frac{1}{g^4} </math>
:oder einfacher mit Verwendung von Minuspotenzen:
:<math> mg^4 + ng^3 + og^2 + pg^1 + qg^0 +</math><math> rg^{-1} +</math><math> sg^{-2} +</math><math> tg^{-3} +</math><math> ug^{-4}</math>.
:Der „Dezimalpunkt“ wäre zwischen <math> qg^0 +</math> und <math> rg^{-1} +</math> zu denken. Wir wollen aber hier nicht alle möglichen Systeme durchrechnen und uns vornehmlich mit der Dekadik begnügen. Eine dekadische Zahl mit Dezimalbruchstellen,
:etwa 50.341,7328, hat die Form:
:<math> 5 \cdot 10^4 + 0 \cdot 10^3 + 3 \cdot 10^2 +</math><math> 4 \cdot 10^1 +</math><math> 1 \cdot 10^0 +</math><math> 7 \cdot 10^{-1} +</math><math> 3 \cdot 10^{-2} +</math><math> 2 \cdot 10^{-3} +</math><math> 8 \cdot 10^{-4}</math>,
:was ihren Aufbau vollkommen durchsichtig macht.
:Also noch einmal: Unter einem Systembruch, der allgemein mit dem kleinen griechischen Buchstaben <math> \sigma </math> (Sigma) geschrieben wird, verstehen wir die Darstellung einer gebrochenen Zahl in einem Stellenwertsystem. Bevor wir aber die einzelnen möglichen Typen solcher Systembrüche feststellen, wollen wir ein neues Symbol kennenlernen, das es gestattet, die Schreibung systematischer Reihen ganz wesentlich zu vereinfachen. Es ist der sogenannte Summenoperator, das Summenzeichen, das Zeichen „Summe von ...“. Und wird durch den großen griechischen Buchstaben <math> \Sigma </math> (Sigma) ausgedrückt. Iliezu müssen wir weiters den „Bereich“ der Summierung abstecken. Ein solcher „Bereich“ hat nur dann einen Sinn, wenn es sich um lauter im wesentlichen strukturgleiche Ausdrücke handelt, die zu summieren sind und die sich lediglich durch irgendwelche Anzeiger (Indizes) unterscheiden. Wir beginnen zu ahnen, daß z.&nbsp;B. eine als Reihe geschriebene dekadische oder eine Systemzahl eines anderen Stellenwertsystems diesen Bedingungen entspricht. Denn jeder Summand einer Stellenwertzahl setzt sich aus dem Koeffizienten und aus der Grundzahl zusammen, von denen ersterer durch einen Platzindex, letzterer durch einen Potenzanzeiger kenntlich gemacht ist, wobei noch Platzindex und Potenzanzeiger untereinander gesetzmäßig zusammenhängen. Die Stellenwertzahl
:<math> a_1g^0 + a_2g^1 + a_3g^2 + a_4g^3 +</math><math> a_5g^4 +</math><math> a_6g^5 +</math><math> a_7g^6 +</math><math> a_8g^7</math>
:besteht in jedem Summanden aus ''a'' und ''g''. Sie ist also die Summe aller ''a'' mal ''g''. Aber welcher <math> a \cdot g </math>? Nun, der mit 1 bis 8 indizierten a mal der mit 0 bis 7 potenzierten ''g'', wobei in jedem Summanden (dies der Zusammenhang) der Index um 1 größer ist als der Potenzanzeiger oder der Potenzanzeiger um 1 kleiner ist als der Index. Die Zahl ist also die Summe aller Ausdrücke der Form <math> a_{\nu} g^{\nu - 1} </math> oder <math> a_{\varrho + 1} g^{\varrho} </math>. Die Zeichen <math> \nu </math> (Ni) und <math> \varrho </math> (Rho) sind kleine griechische Buchstaben. Damit bin ich aber noch nicht fertig. Denn ich weiß noch nicht den Bereich, innerhalb dessen die Summe zu bilden ist. Wie werde ich mir da helfen? Nun, sehr einfach! Da der Index als kleinsten Wert 1 und als größten Wert 8 aufweist, so ist die sogenannte untere Grenze des „Laufens“ eben 1 und die obere Grenze dieses „IndexLaufens“ 8. Grenzen sind stets als einschließlich, als inklusive aufzufassen. Der Potenzanzeiger dagegen hat die untere Grenze 0 und die obere Grenze 7. Er „läuft“ von 0 bis 7. Wir machen hier — und es ist eine der wichtigsten und grundlegendsten Bemerkungen des ganzen Buches — darauf aufmerksam, daß man dieses „Laufen“ das unstetige, das diskontinuierliche oder das diskrete Laufen nennt. Es ist eigentlich ein ganzzahliges Springen von einem Index zum anderen, von einem Potenzanzeiger zum anderen. Und wir verraten zur Aufmunterung, daß das gefürchtete Integral im Wesen nichts anderes ist als solch eine Reihensumme, bei der das „Laufen“ nicht sprunghaft, sondern stetig fließend erfolgt. Wenn wir uns also den Summenbefehl <math> \Sigma </math> genau einprägen, haben wir für den Integralbegriff ungeheuer viel gewonnen. Denn der Summenoperator ist ja nichts als der unstetige, vergröberte, gleichsam mit freiem Auge durchschaubare Integrationsoperator. Und — dies sei schon hier verraten — der große Leibniz hat auf jenen weltwichtigen Zettel vom 29. Oktober 1675 hingeschrieben, daß das neue (Integral-) Zeichen <math> \textstyle \int </math> nichts anderes bedeute als „Summe von ...“. Dieses Zeichen ist auch nichts anderes als ein in die Länge gezogenes großes lateinisches ''S''.
:Da aber mein Widersacher mit den Fäusten auf den Tisch trommelt und sich die Haare rauft, kehre ich erschrocken zum Summenzeichen zurück. Denn er behauptet, nachdem er sich gefaßt hat, mit Recht, daß wir noch nicht einmal wissen, was ein Dezimalbruch ist.
:Wir stellen also fest, daß sowohl der Index als der Potenzanzeiger der aus a mal g gebildeten Gruppen jeweils von einer unteren bis zu einer oberen Grenze „läuft“. Das heißt, er nimmt nacheinander, ganzzahlig springend, jedoch nicht überspringend, alle Werte an, die durch die ganzen Zahlen von der unteren bis zur oberen Grenze gegeben sind.
:Ich denke, wir sind soweit, unseren Summenoperator anschreiben zu können. Er lautet:
:<math> \sum_{\varrho=0}^7 a_{\varrho+1}g^{\rho} </math> oder <math> \sum_{\nu=0}^7 a_{\nu}g^{\nu-1} </math>.
:Logisch und plausibel schreibt man die untere Grenze unter den Summierungsbefehl, die obere Grenze über den Befehl. Innen in der Mitte kann, aber muß man nicht schreiben, welche Größe die „laufende“ ist. Dann folgt das Struktur- oder Gestaltbild des Summanden, allgemein indiziert und mit allgemeinem Potenzanzeiger versehen. Natürlich dürften auch zwei, drei, vier, fünf allgemeine Zahlen und noch mehr neben dem Summierungszeichen stehen und sie könnten alle nur indiziert oder nur mit Potenzanzeigern oder beides in beliebiger Mischung versehen sein.
::(<small>Von anderen Möglichkeiten wird hier absichtlich nicht gesprochen.</small>)
:Auch könnte ein und dieselbe Zahl sowohl Index als Potenzanzeiger besitzen. Das hieße dann, daß sich die betreffende allgemeine Zahl ändert, doch aber ihre Potenzanzeiger nach einem Gesetz steigen oder fallen. Um jedoch nicht zu abstrakt zu werden, wollen wir jetzt, wohl wissend, daß der Summenoperator anfänglich große Schwierigkeiten macht, gemeinsam einige Beispiele mehr oder weniger verwickelter Art durchrechnen. Und dazu noch bemerken, daß der Summierungsbefehl eine geradezu unabsehbare Vereinfachung beim Rechnen bedeutet, da er es gestattet, sonst kaum anschreibbare Ausdrücke spielend auf den Raum eines Ausdruckes zusammenzufassen.
:Wir hätten etwa
:<math> \sum_{\nu=2}^9 a^{\nu}b_{\nu+1} {c_{\nu}}^{\nu+2} </math> gegeben.
:Wie sieht die „entwickelte“ Summe aus? Nun, ganz einfach:
:<math>a^2b_3{c_2}^4 + a^3b_4{c_3}^5 + a^4b_5{c_4}^6 +</math><math>a^5b_6{c_5}^7 +</math><math>a^6b_7{c_6}^8 +</math><math>a^7b_8{c_7}^9 +</math><math>a^8b_9{c_8}^{10} +</math><math>a^9b_{10}{c_9}^{11}</math>
:Man muß naturgemäß bei der „Entwicklung“ sehr aufpassen. Aber notwendige Aufmerksamkeit und Schwierigkeit sind in der Mathematik und auch sonst im Leben durchaus nicht ein und dasselbe.
:Nehmen wir jetzt einen praktischen Fall. Wie etwa schreiben wir einen vierstelligen Systembruch des Zehnersystems?
:Natürlich so:
:<math> 0 \cdot g^0 + \sum_{\nu=1}^4 a_{\nu} \cdot \frac{1}{g^{\nu}} </math> oder
:<math> 0 \cdot g^0 + \sum_{\nu=1}^4 a_{\nu}g^{- \nu} </math>.
:Die Entwicklung ergibt in der ersten Form:
:<math> \textstyle 0 \cdot g^0 + a_1 \cdot \frac{1}{g^1} + a_2 \cdot \frac{1}{g^2} +</math><math>\textstyle a_3 \cdot \frac{1}{g^3} +</math><math> \textstyle a_4 \cdot \frac{1}{g^4}</math>
:in der zweiten Form
:<math>0 \cdot g^0 + a_1g^{-1} + a_2g^{-2} +</math><math>a_3g^{-3} +</math><math> a_4g^{-4} </math>, was offensichtlich das gleiche bedeutet. Nämlich 0 Einer, <math> a_1 </math> Zehntel, <math> a_2 </math> Hundertstel, <math> a_3 </math> Tausendstel, <math> a_4 </math> Zehntausendstel.
:Nun darf ich natürlich die „Laufgrenzen“ auch anders bestimmen. Wollte ich etwa einen n-stelligen Dezimalbruch schreiben, wobei ''n'' eine unbestimmte aber endliche Zahl bedeutet, dann müßte ich ansetzen:
:<math> 0 \cdot g^0 + \sum_{\nu=1}^n a_{\nu}g^{- \nu} = </math>
:<math> 0 \cdot g^0 +a_1g^{-1} +a_2g^{-2} +</math><math>\dots +</math><math>a_ng^{-n}</math>.
:Ich kann aber die Grenzen noch kühner bestimmen. Etwa für einen unendlichen Dezimalbruch, also für einen Bruch, der stets wieder neue Dezimalstellen bringt:
:<math>0 \cdot g^0 +\sum_{\nu=1}^{\infty} a_{\nu}g^{- \nu} =</math>
:<math>0 \cdot g^0 +a_1g^{-1} +</math><math>a_2g^{-2} +</math><math>a_3g^{-3} +</math><math>\dots +</math><math>a_{\infty}g^{- \infty}</math>.
:Endlich wollen wir versuchen, die allgemeinste Form einer Stellenwertzahl irgendwie mit unserem neuen „Befehl“ auszudrücken. Wir bemerken dazu, daß es wie bei fast allen derartigen Ansätzen möglich ist, den Ausdruck in verschiedener Art zu finden. Wir wollen irgendeine leichtfaßliche Form wählen:
:Stellenwertzahl = <math> \sum_{+m}^{\infty} a_{\nu}g^{\nu} </math> wobei (<math> +m </math>) beliebig groß ist. Entwickelt liefert der „Befehl“ die Reihe:
:<math>a_mg^m +a_{m-1}g^{m-1} +\dots +a_2g^2 +</math><math>a_1g^1 +</math><math>a_0g^0 +</math><math>a_{-1}g^{-1} +</math><math>a_{-2}g^{-2} +</math><math>\dots +</math><math>a_{-\infty}g^{-\infty}</math>.
:Unser neuer Algorithmus, bei dem ich mit Rücksicht auf die Art, wie wir Zahlen anschreiben, die obere und untere Grenze scheinbar sinnwidrig angesetzt habe, liefert uns folgendes Ergebnis:
:1. Index und Potenzanzeiger in jeder Gruppe ''a'' mal ''g'' sind gleich.
:2. Beide laufen ganzzahlig von m um je eins fallend bis 0 und von da an als Minuszahlen dem Absolutwert nach steigend bis <math> -\infty </math>.
:Wir wollen aber nicht zu tief dringen und nur noch ein ganz eigentümliches, aber sehr häufig verwendetes System zeigen, nach dem wir sogar „alternierende“ Reihen gewinnen können. Das sind Reihen, bei denen das Vorzeichen systematisch abwechselt. Versuchen wir etwa die berühmte Leibniz-Reihe
:<math> \textstyle \frac{\pi}{4} = \frac{1}{1} - \frac{1}{3} + \frac{1}{5} - \frac{1}{7} + \dots </math>
:für eine beliebige aber gerade Anzahl von Gliedern anzuschreiben. Und zwar als Summierungsbefehl. Wir verwirklichen unsere Absicht durch folgenden Ansatz:
:Näherungswert für <math> \frac{\pi}{4} = \sum_{\nu=1}^{2n} \frac{1}{2\nu - 1}(-1)^{\nu +1} </math>
:und wollen nun erforschen, wie unsere algorithmische Maschine funktioniert:
:1. Glied:
:<math> \textstyle \frac{1}{(2 \cdot 1)-1}(-1)^{1+1} = \frac{1}{1} \cdot (-1)^2 = +1</math>
:2. Glied:
:<math> \textstyle \frac{1}{(2 \cdot 2)-1}(-1)^{2+1} = \frac{1}{3} \cdot (-1)^3 = - \frac{1}{3}</math>
:3. Glied:
:<math> \textstyle \frac{1}{(2 \cdot 3)-1}(-1)^{3+1} = \frac{1}{5} \cdot (-1)^4 = + \frac{1}{5}</math>
:4. Glied:
:<math> \textstyle \frac{1}{(2 \cdot 4)-1}(-1)^{4+1} = \frac{1}{7} \cdot (-1)^5 = - \frac{1}{7}</math>
:usw.
:2n-tes Glied:
:<math> \textstyle \frac{1}{(2 \cdot 2n)-1}(-1)^{2n+1} = \frac{1}{4n-1} (-1)^{2n+1} = - \frac{1}{4n-1}</math>.
:Wir erhalten unfehlbar genau die Leibniz-Reihe. Es muß nur noch bemerkt werden, daß 2n der Ausdruck für eine gerade Zahl ist. Denn man kann ein ganzzahliges n (und ein anderes kommt hier nicht in Betracht) wählen wie man will, so muß es, mit zwei multipliziert, eine gerade Zahl ergeben. Ist n=2, dann ist 2n=4. Ist n=27, dann ist 2n=54 usw. Deshalb ist 2n+l, das sich beim 2n-ten Glied als Potenzanzeiger ergibt, eine ungerade Zahl. Auch dies paßt vortrefflich in unserem Algorithmus, da ja alle „geraden“ Glieder ungerade Anzeiger haben, etwa das 4. Glied den Anzeiger 5. Unser Zauberzeichen hat also klaglos funktioniert, und wir haben dabei noch die Genugtuung erlebt, zu beobachten, wie man die scheinbar durch ein Zeichen unausdrückbare Bedingung des regelmäßigen Vorzeichenwechsels einfach dadurch in den Algorithmus eingliederte, daß man eine Eigenschaft der Potenzen benützte. Die Potenzen negativer Zahlen ergeben ja bei geraden Anzeigern stets Plus- und bei ungeraden Anzeigern stets Minuswerte.
::(<small>Folgt aus den Regeln der „Befehlsverknüpfung“. Etwa ist (-a)<sup>3</sup>=(-a)•(-a)•(-a) und (-a)<sup>6</sup>=(-a)•(-a)•(-a)•(-a)•(-a)•(-a). Kommt aber das Minus in einer Multiplikation in gerader Zahl vor, so ergibt sich Plus für das Resultat, sonst Minus.</small>)
:Damit sich aber sonst nichts ändert und damit nur das Vorzeichen hin und her springt-, haben wir zudem noch (—1) als Basis gewählt. Wohl ein überaus raffinierter Trick!
:So verlockend es nun wäre, diesen neuen Algorithmus, den wir noch einmal allerdringendsL zum genauen Studium empfehlen, weiter zu durchforschen, da das Gezeigte ja nur einen sehr kleinen Ausschnilt aller Möglichkeiten gibt, wollen wir jetzt endlich zu unseren Systembrüchen übergehen. Und zwar an der Hand von Beispielen. Vorausgesetzt wird, daß wir nur sogenannte „reduzierte“ Brüche behandeln, das sind Brüche, deren absoluler Wert kleiner ist als eins und deren Zähler und Nenner teilerfremd sind, also kein gemeinsames Maß besitzen. Nun häufen sich leider plötzlich die neuen Begriffe. Wir haben von „absolutem“ Werte gesprochen und müssen diese Bezeichnung schnell noch erklären: Es ist offensichtlich, daß „kleiner als eins“ zweierlei bedeuten kann. Nämlich zuerst das, was man gewöhnlich darunter versteht. Also etwa: <math> \textstyle \frac{1}{2} </math> ist kleiner als eins. <math> \textstyle \frac{4}{7} </math> sind kleiner als eins. Überhaupt ist jeder echte Bruch kleiner als eins, weil ich eben einen Bruch, der kleiner als 1 ist, einen echten genannt habe. Nun gibt es aber noch eine zweite BcdcuLung von „kleiner als 1“, die durch Einführung der negativen Zahlen entsteht. Die 0 ist sicher kleiner als 1. Noch kleiner als die 0 ist aber (—1), (—2), (—3) usw. und überhaupt jede negative Zahl.
:Wer Schulden hat, dessen Besitz ist sicher kleiner als der Besitz eines Mannes, der eine Zechine sein eigen nennt. Ich kann also eben wegen dieser zweiten Bedeutung des „kleiner als ...“ nicht behaupten, daß nur echle Brüche kleiner sind als eins. Deshalb betrachte ich bei jeder Zahl drei Möglichkeiten ihrer Größe: Ihren Wert positiv genommen, ihren Wert negativ genommen und schließlich ihren absoluten, vorzeichenfremden Wert, ihre Zahlenbedeutung an sich. Ich schreibe dann die Zahl zwischen senkrechten Strichen und erkläre: '''|5|''' ist auf jeden Fall größer als '''|3|''', obwohl natürlich (—5) bestimmt kleiner ist als (+3), ja sogar als (—3). Die „absolute“ Zahl ist also stets kleiner als |1|, ebenso ist jeder andere, absolut betrachtete echte Bruch kleiner als die absolut betrachtete Eins.
:Nach diesem Zwischenspiel können wir endlich an unsere Arbeit gehen. Wir versuchen zuerst, festzustellen, welchen Wert etwa der Bruch <math> \textstyle \frac{3}{40} </math> besitzt. Wir finden durch Division den Wert 0,075, haben also einen sogenannten endlichen Dezimalbruch vor uns. Ebenso bei <math> \textstyle \frac{4}{125} </math>, der als Systembruch dezimal geschrieben 0,032 als Ergebnis liefern würde. Daß <math> \textstyle \frac{1}{2} = 0,5 </math> und <math> \textstyle \frac{1}{5} = 0,2 </math> ergibt, weiß jedes Kind. Wenn wir nun, der allgemeinen Schreibweise folgend, den Bruchzähler eines „reduzierten“ echten Bruches mit ''p'', den Nenner mit ''q'' bezeichnen, dann gilt die Regel, daß jeder solche gemeine Bruch einen endlichen Systembruch liefert, wenn der Nenner ''q'' des Bruches lediglich aus den zwei Primfaktoren 2 und 5 der Grundzahl 10 unseres Dezimalsystems zusammengesetzt ist.
:<math> 40 = 2 \cdot 2 \cdot 2 \cdot 5 = 2^3 \cdot 5^1 </math>,
:<math> 125 = 5 \cdot 5 \cdot 5 = 5^3 \cdot 2^0 </math>,
::(<small>Die Nullpolenz 2<sup>0</sup> des fehlenden Faktors wird zur Erhaltung der allgemeinen Regel angeschrieben!</small>)
:<math> 2 = 2^1 \cdot 5^0</math> und
:<math> 5 = 5^1 \cdot 2^0</math>
:Überall in unseren Beispielen trifft also die Regel zu. Daher kann man allgemein behaupten, daß ich nur dann Hoffnung bzw. Sicherheit des „Aufgehens“ einer Division habe, wenn nach durchgeführter Kürzung aller im Dividenden und Divisor enthaltenen gemeinsamen Teiler, der Divisor lediglich aus Potenzen von 2 und 5 zusammengesetzt bleibt, wobei 2 oder 5 auch in der 0-ten Potenz, das heißt überhaupt nicht auftreten können. Wenn ich also etwa <math> 2^{27} \cdot 5^{13} </math> oder allgemein <math> 2^n \cdot 5^m </math> als Zahl bilde, dann muß jede andere rationale Zahl der Welt, durch dieses <math> 2^n \cdot 5^m </math> dividiert, irgendeinmal einen abgeschlossenen Quotienten in ganzen oder Systembruchzahlen liefern. Es liefert also jeder Bruch der Form <math> \textstyle \frac{p}{2^n 5^m} </math> einen endlichen, unperiodischen Systembruch. Ganz allgemein für jedes System erhalte ich solch einen endlichen Systembruch, wenn ich den Zähler p durch einen, lediglich aus Primzahlpotenzen der Grundzahl ''g'' zusammengesetzten Nenner dividiere. Im dyadischen System ist also jede Zahl durch einen Nenner, der aus Potenzen von 2 besteht, endlich dividierbar. Im Sechsersystem muß der Divisor sich zu diesem Zweck aus Potenzen von 2 und 3, im Zwölfersystem ebenfalls aus Potenzen von 2 und 3, im Dreißigersystem aus Potenzen von 2, 3 und 5 zusammensetzen. Und so fort.
:Wiederholt: Gewisse, eben näher erläuterte Formen von gemeinen Brüchen liefern endliche ''n'' Systembrüche. Geschrieben
:<math> \sigma_n = 0 \cdot g^0 + \sum_{\nu=1}^n a_{\nu}g^{-\nu} </math>, wobei die obere Grenze ''n'' verschieden von unendlich sein muß.
:Wenn nun unser Bruch <math> \textstyle \frac{p}{q} </math> im Nenner eine Zahl q stehen hätte, die nur Potenzen von Primfaktoren enthält, durch die die Grundzahl nicht teilbar ist (also im Zehnersystem etwa 3 oder 7 oder 3 und 7), dann ergibt sich als Resultat der Division ein sogenannter reinperiodischer Systembruch. Es wiederholt sich eine Ziffer oder eine Zifferngruppe bis ins Unendliche,
:<math> \textstyle \frac{1}{7} </math> etwa <math>= 0{,}{\overline {142857}}\;{\overline {142857}}\;{\overline {142857}} \dots</math>,
:<math> \textstyle \frac{3}{7} =</math><math> 0{,}{\overline {428571}}\;{\overline {428571}} \dots</math>,
:<math> \textstyle \frac{5}{21} =</math><math>= 0{,}{\overline {238095}}\;{\overline {238095}} \dots</math>,
:<math> \textstyle \frac{4}{11} =</math><math>= 0{,}{\overline {36}}\;{\overline {36}}\;{\overline {36}} \dots</math>,
:<math> \textstyle \frac{2}{3} =</math><math>= 0{,}{\overline 6}\;{\overline 6}\;{\overline 6} \dots</math> usw.
:Die Schreibweise ist gewöhnlich so, daß man über die periodische Einzelziffer oder über die beiden Begrenzungsziffern der periodischen Zifferngruppen Punkte setzt. Im letzteren Fall oft auch einen waagrechten Strich. Also etwa
:<math> 7{,}{\dot 3} </math> heißt 7,3333333 usw.,
:<math> 0{,}{\dot 5}43218{\dot 9} </math> oder <math>= 0{,}{\overline {5432189}}</math> heißt <math>= 0{,}{\overline {5432189}}\;{\overline {5432189}} </math> usw.
:Nun gäbe es noch als letzten Fall die Möglichkeit, daß der Bruchnenner (Divisor) zwar Primzahlpotenzen enthält, durch die die Grundzahl des Systems teilbar ist; aber dazu noch andere Primzahlpotenzen von Primzahlen, die mit der Systemgrundzahl teilerfremd sind. Im Zehnersystem etwa 2 und 3, wie bei der Zahl 6. <math> \textstyle \frac{5}{6} </math> etwa ergibt als Systembruch 0,83333... , also einen Bruchtypus, den wir noch nicht angetroffen haben. Er heißt „gemischtperiodischer“ Bruch. Zuerst kommt die 8 und dann erst die periodische 3. Hier ist die Mischung äußerst einfach. Es kann aber auch vorkommen, daß sowohl die Gruppe vor der Periode, als die Periode selbst aus mehreren Ziffern besteht.
:Bei <math> \textstyle \frac{5}{22} = 0{,}2\overline{27}\;\overline{27}\;\overline{27} </math> ist die vorperiodische Gruppe einstellig, die Periode zweistellig.
:Bei <math> \textstyle \frac{3}{26} = 0{,}01\overline{153846}\;\overline{153846} </math> ist die vorperiodische Gruppe einstellig, die periodische sechsstellig.
:Bei <math> 0{,}26\overline{387} </math> endlich (was als gemeiner Bruch <math> \textstyle \frac{2929}{11.100} </math> ergäbe) ist die vorpcriodische Gruppe zweistellig, also ebenfalls mehrstellig.
:Eine weitere Art der Zusammensetzung des Divisors oder Nenners gibt es aber nicht. Wir sind also, ohne uns in die schwierige Lehre von den Systembrüchen weiter vertiefen zu können, gleichwohl berechtigt, festzustellen, daß die Verwandlung von gemeinen Brüchen in Systembrüche (dadurch auch die Division zweier Zahlen) niemals etwas anderes liefern kann als einen endlichen Systembruch, einen reinperiodischen Systeinbrueh oder einen gemischtperiodischen Systembruch.
:Eine irrationale Zahl, das heißt ein Systembruch, der ohne Regel und ohne oder mit einem anderen als dem bisher geschilderten Bildungsgesetz der reinperiodischen oder gemischtpcriodischen Brüche ins Unendliche läuft, ist als Ergebnis einer Division undenkbar. Er kann nur aus Wurzeloperalionen (Operationen mit gebrochenen Potenzexponenten) oder aus unendlichen Summierungen von gewissen fallenden Potenzreihen mit negativem Potenzanzeiger oder aus anderen Reihen von fallenden Brüchen (etwa mit steigenden Fakultäten im Nenner) hervorgehen.
:Wir sind also sicher, in jedem Bruch und in jeder Division rationaler Zahlen als Resultat einer Ausrechnung eine rationale Zahl zu erhalten. <math> \textstyle \frac{p}{q} = r</math> (rationale Zahl), wie immer ''p'' und ''q'' aussehen mögen, ob sie nun ganze, gebrochene, positive und negative Zahlen sind. Nur irrational dürfen weder ''q'' noch ''p'' sein.
:Wenn dem aber so ist, dann muß es auch möglich sein, jeden endlichen, jeden reinperiodisch-unendlichen und jeden gemischtpcriodisch-unendlichen Systembruch in eine rationale Zahl, einen gemeinen Bruch der reduzierten Form <math> \textstyle \frac{p}{q} </math> zurückzuverwandeln. Einen unendlichen Systembruch mit einem nichtperiodischen Bildungsgesetz oder einen unendlichen Systembruch ohne jedes Bildungsgesetz dagegen werden wir niemals rückverwandeln können, da es sich dabei ja um irrationale Zahlen handelt, und es sich im gegenteiligen Falle ergeben würde, daß eine irrationale Zahl in eine rationale verwandelbar ist.
:Zugleich aber wird diese „Rückverwandlung“ eine taugliche Probe auf unsere bisherigen Behauptungen sein. Nur können wir es uns vorläufig noch gar nicht recht vorstellen, wie es möglich sein soll, unendliche, wenn auch periodische Brüche rechnerisch anzupacken. Wir wissen zwar, daß <math> \textstyle \frac{1}{3} </math> gleich ist 0,333333... (periodisch ins Unendliche), wenn wir aber nur 0,333333333... vor uns hätten, wüßten wir nicht, wie wir daraus einen gemeinen Bruch machen sollen. Wenigstens nicht ohne scharfe und tiefe Überlegungen.
:Am einfachsten ist es wohl, einen endlichen Dezimalbruch zurückzuverwandeln. Etwa 0,225. Ich brauche ihn bloß auszusprechen, als gemeinen Bruch zu schreiben und erhalte das Resultat. Also <math> \textstyle 0,225 = \frac{225}{1000} </math>, das aber ist, durch 25 gekürzt, nichts anderes als die „reduzierte Form <math> \textstyle \frac{9}{40} </math>“, die sich nicht weiter reduzieren läßt. Will ich unsere Regel dagegen streng wissenschaftlich schreiben, dann setze ich an:
:<math> \sigma_m = \frac{ \sum_{ \mu=1}^m c_{\mu} g^{m-\mu} }{g^m} </math>
:Dabei ist das <math> \mu </math> (das kleine griechische „mi“) die „laufende Zahl“, ''c'' ist der jeweilige Koeffizient (bei uns also 2, 2, 5) und ''g'' ist die Grundzahl des Systems (bei uns 10). Das ''m'' bedeutet die Stellenzahl des endlichen Dezimalbruches (bei uns 3). Wir hätten also einzusetzen
:<math> \textstyle \sigma_m = \frac{2 \cdot 10^{3-1} + 2 \cdot 10^{3-2} + 5 \cdot 10^{3-3}}{ 10^3} = </math><math> \textstyle \frac{2 \cdot 100 + 2 \cdot 10 + 5 \cdot 1 }{1000} = </math><math> \textstyle \frac{225}{1000} </math>,
:also dasselbe, was wir, gleichsam dem Naturverstand folgend, erhielten. Unsere Formel hat aber den ungeheuren Vorteil, daß sie allgemein für jedes Stellenwertsystem gilt und dadurch das genaue Gestallbild der Angelegenheit entschleiert.
:Für die Rückverwandlung reinperiodischer Brüche in reduzierte gemeine Brüche benützen wir die Formel ::(<small>Die Ableitung der Rückverwandlungsformeln ist für unsere Zwecke zu langwierig.</small>)
:<math> \sigma_r = \frac{ \sum_{ \varrho=1}^r c_{\varrho} g^{r-\varrho} }{g^r - 1} </math>
:was nichts anderes bedeutet, als daß man die Stellen der Bruchperiode im Zähler als ganze Zahl anschreiben muß, während im Nenner soviel Neuner zu setzen sind, als im Zähler Ziffern stehen. Diese Erläuterung ist selbstverständlich nur für das Dezimalsystem gedacht.
:Wenn ich also etwa <math> 0{,}\overline 3 </math> zurückzuverwandeln hätte, schreibe ich einfach <math> \textstyle \frac{3}{9} </math> und erhalte sofort <math> \textstyle \frac{1}{3} </math>. Ebenso bei <math> 0{,}\overline 6 </math>, was <math> \textstyle \frac{6}{9} </math> also <math> \textstyle \frac{2}{3} </math> ergibt. Der reinperiodische Bruch 0,076923 müßte <math> \textstyle \frac{76923}{999999} </math> angeschrieben werden, was nach Kürzung <math> \textstyle \frac{1}{13} </math> liefert. Allerdings müssen wir mit unserer „Zimmermannsregel“ etwas vorsichtig sein, wenn wir nicht durch die strenge Formel kontrollieren.
:Beginnt nämlich die Periode mit einer Null oder mit mehreren Nullen, dann sind die Nullen zwar im Zähler nicht zu schreiben, da wir ja ganze Zahlen nicht mit 0 beginnen lassen dürfen. Wohl aber sind diese „Nullkoeffizienten“ sorgfältig für die Zahl der Neuner zu beachten, die in den Nenner kommen. Wir haben, da die Periode einschließlich der Null sechsstellig ist, in den Nenner auch 6 Neuner gesetzt, obgleich der Zähler nach Weglassung der Null nur fünf Stellen behielt.
:Die Rückverwandlung gemischtperiodischer Brüche ist eine Art von Zusammensetzung aus den beiden bisher besprochenen Verfahren. Wollte ich für das Zehnersystem wieder die „Zimmermannsregel“ geben, so müßte ich fordern: „Setze in den Zähler zuerst alle Stellen des Dezimalbruches (also sowohl die nicht periodischen als die Stellen der ersten Periode) als ganze Zahl. Von dieser Zahl subtrahiere die, ebenfalls als ganze Zahl geschriebenen, nicht- oder vorperiodischen Stellen. Und stelle hierauf soviel Neuner in den Nenner, als die Periode Stellen hat. An diese Neuner aber hänge noch soviel Nullen an, als die Stellenanzahl der vorperiodischen Ziffern beträgt!“
:Hätte ich nach dieser Regel etwa <math>= 0{,}2{\overline {27}}\;{\overline {27}}\;{\overline {27}} \dots</math> zu behandeln, so müßte ich ansetzen:
:<math> \textstyle \sigma (m,r) = \frac{227-2}{990} = \frac{225}{990} =</math><math> \textstyle \frac{45}{198} =</math><math> \textstyle \frac{5}{22} </math>.
:Wie man sieht, erhält man durch all unsere Rückverwandlungsanleitungen in der Regel unreduzierte (ungekürzte) Brüche, die wir auf die endgültige Form <math> \textstyle \frac{p}{q} </math> (wobei ''p'' und ''q'' teilerfremd) bringen müssen. Das ist aber eine harmlose Aufgabe, die eigentlich jeder Mittelschüler der untersten Klassen anstandslos muß bewältigen können.
:Natürlich gibt es auch für diesen dritten und letzten Fall der „Rückverwandlung“ einen eleganten allgemeinen Befehl. Er lautet:
:<math> \sigma (m,r) = \frac{ \sum_{ \nu=1}^{m+r} c_{\nu} g^{m+r-\nu} - \sum_{ \mu=1}^{m} c_{\mu} g^{m-\mu} }{g^m (g^r - 1)} </math>
:wobei ''m'' die Anzahl der vorperiodischen, ''r'' die Anzahl der periodischen Stellen, ''g'' die Grundzahl des Systems, ''c'' den jeweiligen indexmäßig zugeordneten Koeffizienten bedeutet. Das <math> \nu </math> ist die „laufende“ Zahl des ersten, das <math> \mu </math> die „laufende“ Zahl des zweiten Summationsbefehles, deren untere und obere Grenzen bei den Summationssymbolen stehen.
:Wir beherrschen jetzt das ganze Reich der Systembrüche und sind imstande, willkürlich in jedem Ziffernsystem einen beliebigen Systembruch, der überhaupt rückverwandelbar ist, anzuschreiben und ihn in einen reduzierten gemeinen Bruch zu überführen.
:Schreiben wir etwa dezimal 0,23471..., dann erhalten wir nach der letzten, nur scheinbar monströsen Formel:
:<math> \sigma (2,3) = \frac{ (2 \cdot 10^{5-1} + 3 \cdot 10^{5-2} + 4 \cdot 10^{5-3} + 7 \cdot 10^{5-4} + } {\text{Fortsetzung in der naechsten Zeile}}</math>
:<math> \frac{1 \cdot 10^{5-5} ) - ( 2 \cdot 10^{2-1} + 3 \cdot 10^{2-2} ) } {10^2 (10^3 - 1)} = </math>
:<math> \frac{23471-23}{100 \cdot 999} =</math><math> \frac{23471-23}{99900} \text{**} =</math><math> \frac{23448}{99900} =</math><math> \frac{1954}{8325} </math>.
::(<small> ** Siehe „Zimmermannsregel“!</small>)
:Wie man an diesem Beispiel sieht, kann ein verhältnismäßig einfach erscheinender gemischtperiodischer Bruch einem sehr komplizierten gemeinen Bruch entsprechen.
:Nun blicken wir schon auf große Leistungen zurück. Denn uns ist jetzt das Gebiet der ganzen, der gebrochenen und der irrationalen Zahlen bekannt. All dies nicht nur dem absoluten Wert nach. Denn wir kennen auch positive und negative Zahlen. Und alle diese Zahlen wieder in sämtlichen möglichen Ziffernsystemen. Noch mehr: Wir haben uns mit allgemeinen Zahlen und da wieder mit konstanten und unbekannten allgemeinen Zahlen befaßt. Da wir außerdem auch den Algorithmus der Gleichung mit einer Unbekannten und den der sogenannten diophantischen Gleichung wenigstens dem Wesen nach erforscht haben, sind wir reif, uns der größten Aufgabe der Mathematik zuzuwenden, der Lehre von den Funktionen. Hier auch betreten wir nicht mehr verschleiert, sondern offen und freudig den eigentlichen Boden der höheren Mathematik und wieder leuchtet uns der Geist des großen Leibniz voran. Denn er war es eigentlich, der in den Neunzigerjahren des 17. Saeculums den Funktionsbegriff in seiner Tiefe und Allgemeinheit erfaßte und der diesem Algorithmus den Namen gab. Und wir pflichten Oswald Spengler bei, wenn er die Funktion als die faustische oder abendländische Zahl bezeichnet. Denn eben dieses „Faustische“ der höheren Mathematik ist es, was sie so bunt, so abenteuerreich, so aufregend — und dabei im tiefsten Grunde so leicht macht.
:Wir kündigen es an dieser Stelle im vollsten Bewußtsein des Umstandes an, daß wir diese Behauptung werden durch die Tat beweisen müssen: Alles, was noch in diesem Buche folgt, ist leichter als das Bisherige! Wir werden von nun an viel sprechen, viel erklären, viel gemeinsam diskutieren. Wir werden aber nicht mehr mühselig rechnen und tüfteln, sondern in mathematischer Höhenluft uns an den kühnen Kunstgriffen, bizarren Parodoxien und überraschenden, schier unfaßbaren Lösungen erfreuen.