Diferencia entre revisiones de «Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 106c»

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:Hatte man sich im Griechentum, Harmonie suchend, im äußeren Anschauungsraum getummelt, so erstrebt die magische Seele gleichsam die Strukturierung des Denkraumes. Etwas unglaublich Kühles, dabei jedoch Glitzerndes legt sich über diese Welt. Alle Bilder und Begriffe, alle Architektonik und Formulierung wird scharf, wie eine mit kleinster Blende aufgenommene und hart kopierte Photographie. Und es ist kein Gegensatz zu dieser Geisteshaltung, wenn das Gemüt nebenher in üppigen Märchen Zuflucht sucht. Denn auch durch Aladins Wunderlampe gelangen wir schließlich in Gärten, in denen geschliffene Edelsteine an den Bäumen hängen. Plastik und Malerei aber fehlen in dieser Kultur. Das irrational Lebendige ist verbannt. Zumindest aus dem Anschauungsraum vertrieben und in seinen Resten ins Innerste, in die Bereiche der Phantasie und des Zaubers zurückgedrängt.
:Wir haben das Wort „Zauber“ ausgesprochen. Die Bedeutung des Magischen liegt nämlich nicht bloß in der rationalen Geschlossenheit des Weltbildes, besser des Weltdenkens, sondern hat dazu noch einen polaren dunklen Begleiter. Wo sich nämlich die Anschauung aufzulösen beginnt, dort steht hinter der Form das Chaos. Wo sich dagegen die ratio, die bewußte Tätigkeit, in den Schatten verliert, dort lauert der Wahnsinn, das Schauderhafte, der Zauber. Derselbe Zauber, der wieder nichts anderes ist als die halbvergebliche Mühe, das Reich des Verstandes, über seine Grenzen hinaus, ins Unerforschte vorzutreiben.
:Die Mathematik aber bot seit jeher diesem kabbalistisch-magischen Bemühen allerlei Vorschub. Jeder, der sich tiefer in sie versenkt, wird durch ihre eigentümliche Erkenntnishilfe überrascht und erschreckt zu gleicher Zeit. Denn nur Mathematik ist die „vera cabbala“, wie sie Leibniz ein Jahrtausend später genannt hat. Ihre Ergebnisse springen oft unvermutet aus dem Innersten des Menschen hervor, so daß schon der große Platon diesen Vorgang nicht anders deuten konnte denn als „Anamnesis“, Rückerinnerung. Sodaß der Unterricht in Mathematik nichts anderes bedeutet als Wiedererweckung eines gleichsam angeborenen Gedankengutes. Aber nicht bloß dieses Emporschießen von Zusammenhängen bei längerer passiver Betrachtung, das jeder Geometer kennt, dieser Zustand, bei dem ganze Figurengruppen sich gleichsam zu bewegen, zu schichten, zu ordnen beginnen, um schließlich Ungeahntes zu offenbaren, ist ein Zauber. Ebenso kabbalistisch ist die Führung, die das Werkzeug der Arithmetik und Algebra plötzlich an sich reißt, wodurch es sich als richtigen Zauberlehrling erweist. Und diese Führung durch das Werkzeug selbst leitet uns oft über Abgründe, in die niemals ein Gedanke dringt und deren Boden auch ein Gedanke niemals erblicken kann. Die höchste aller kabbalistischen Künste aber ist der durch richtige Notation entstandene Algorithmus, ist die Denkmaschine der Arithmetik und Algebra mit all ihrem Symbolzauber.
„Anamnesis“, Rückerinnerung. Sodaß der Unterricht in Mathematik nichts anderes bedeutet als Wiedererweckung eines gleichsam angeborenen Gedankengutes. Aber nicht bloß dieses Emporschießen von Zusammenhängen bei längerer passiver Betrachtung, das jeder Geometer kennt, dieser Zustand, bei dem ganze Figurengruppen sich gleichsam zu bewegen, zu schichten, zu ordnen beginnen, um schließlich Ungeahntes zu offenbaren, ist ein Zauber. Ebenso kabbalistisch ist die Führung, die das Werkzeug der Arithmetik und Algebra plötzlich an sich reißt, wodurch es sich als richtigen Zauberlehrling erweist. Und diese Führung durch das Werkzeug selbst leitet uns oft über Abgründe, in die niemals ein Gedanke dringt und deren Boden auch ein Gedanke niemals erblicken kann. Die höchste aller kabbalistischen Künste aber ist der durch richtige Notation entstandene Algorithmus, ist die Denkmaschine der Arithmetik und Algebra mit all ihrem Symbolzauber.
:Woher das Wort Algorithmus stammt, wußte man bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein nicht, obgleich er seit Leibniz in allgemeiner Verwendung stand. Man dachte an eine Verstümmelung des Ausdruckes Logarithmus, sicherlich aber an einen Zusammenhang mit „Arithmos“ (Zahl). Erst die Orientalisten klärten das Rätsel, beseitigten auch den Irrglauben, daß Algoritmi ein indischer, sagenhafter, zauberkundiger König gewesen sei. Er war vielmehr ein höchst lebendiger Mensch, ein großer Mathematiker der Kalifenzeit, lebte um 800 nach Christi Geburt und hieß Muhammed ibn Musa Alchwarizmi. Dieser Beiname Alchwarizmi bedeutet aber bloß, daß er aus der ostpersischen Provinz Khorassan (später Khanat Chiwa) stammte. Muhammed Alchwarizmi verfaßte nun zwischen 800 und 825 zwei mathematische Werke, deren eines ein Rechenbuch ist und in der lateinischen Übersetzung mit den Worten „Algoritmi dicit“ („also sagt Alchwarizmi“) beginnt. Das zweite Werk aber ist eine geniale Algebra mit dem Titel „Aldschebr Walmukabala“, was etwa „Einrichtung-Gegenüberstellung“ heißt und bedeutet, daß eine Gleichung „eingerichtet“ ist, wenn sie nur mehr positive Glieder enthält. „Gegenüberstellung“ aber ist das weglassen oder Subtrahieren gleicher Größen auf beiden Seiten der Gleichung. Nun hat sich, nach Günther, das Wort Algebrista in Spanien unter maurischem Einfluß bis auf Cervantes erhalten, da der „Spiegelritter“, den Don Quixote vom Pferde geworfen hat, einem Algebrista (einem Einrichter) zum Einrenken der Glieder übergeben wird.
:Und es ist der wunderlichste Zufall der Wissenschaftsgeschichte, daß unser Alchwarizmi zu verschiedenen Zeitpunkten gleich zweimal kategorial verewigt wurde. Der Titel seines Werkes lieferte die Gattungsbezeichnung für die Buchstabenrechnung und für alle sich daran schließenden Formenlehren; wobei Alchwarizmi selbst, wie wir sehen werden, von einer Algebra dritter Stufe, also von der Buchstabenrechnung, keine Ahnung hatte. Er steht vielmehr durchwegs auf der ersten, Wortalgebraischen Stufe. Sein verballhornter Beiname aber wurde zur Gattungsbezeichnung für einen der tiefsten und umfassendsten Begriffe, die die Mathematik kennt, zum „Algorithmus“, was ungefähr dasselbe wäre, als ob spätere Jahrtausende irgendeine mathematische Kategorie nach Gauß „Braunschweiger“ nennen würden.
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:<math>(14 \cdot 1\frac{1}{2} \cdot 7 \cdot \frac{4}{7}) : 3 = 28</math> lautete,
:da alle in Worten angegebenen Rechnungsoperationen gerade umgekehrt angesetzt werden mußten. Denn <math>28 \cdot 3 = 84</math>. Dazu <math> \textstyle \frac{3}{4} </math> von 84, also 63, ergibt 147.
:Diese 147 durch 7 sind 21, davon <math> \textstyle \frac{1}{3} </math> ab macht 14, das, mit sich selbst vervielfacht, 196 ergibt.
:Subtraktion von 52 vermindert l96 auf 144, dessen Quadratwurzel 12 ist. Wenn man hierzu 8 addiert, also 20 erhält, und dies durch 10 dividiert, resultiert tatsächlich 2, wie es verlangt war. Noch poetischer erscheint uns die Aufgabe: „Von einem Schwarm Bienen läßt <math> \textstyle \frac{1}{5} </math> sich auf einer Kadambablüte, <math> \textstyle \frac{1}{3} </math> auf der Silindhablume nieder. Der dreifache Unterschied der beiden Zahlen flog nach den Blüten einer Kutuja, eine Biene blieb übrig, die in der Luft hin und her schwebte, gleichzeitig angezogen durch den lieblichen Duft einer Jasmine und eines Pandamus. Sage mir, reizendes Weib, die Anzahl der Bienen“. Es handelt sich dabei nicht um einen großen Bienenschwarm. Wenn wir ihn <math> x </math> nennen, so ist
selbst vervielfacht, 196 ergibt.
 
:Subtraktion von 52 vermindert l96 auf 144, dessen Quadratwurzel 12 ist. Wenn man hierzu 8 addiert, also 20 erhält, und dies durch 10 dividiert, resultiert tatsächlich 2, wie es verlangt war.
Noch poetischer erscheint uns die Aufgabe: „Von einem Schwarm Bienen läßt <math> \textstyle \frac{1}{5} </math> sich auf einer Kadambablüte, <math> \textstyle \frac{1}{3} </math> auf der Silindhablume nieder. Der dreifache Unterschied der beiden Zahlen flog nach den Blüten einer Kutuja, eine Biene blieb übrig, die in der Luft hin und her schwebte, gleichzeitig angezogen durch den lieblichen Duft einer Jasmine und eines Pandamus. Sage mir, reizendes Weib, die Anzahl der Bienen“. Es handelt sich dabei nicht um einen großen Bienenschwarm. Wenn wir ihn <math> x </math> nennen, so ist
:<math> \textstyle x = \frac{x}{5} + \frac{x}{3} + (\frac{x}{3} - \frac{x}{5})3 + 1 </math>
:oder
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:Wir merken bloß an, daß das Stellenwertsystem eigentlich nichts anderes ist als eine fallende Potenzreihe der Form
:<math> a_0g^n + a_1g^{n-1} + ... + a_{n-2}g^2 + a_{n-1}g^1 + a_ng^0</math>
:wobei <math> a_0 </math> bis <math> a_n </math> an die Koeffizienten und <math> g^0 </math> bis <math> g^n </math> die Potenzen der Grundzahl <math> g </math> sind. Also beim Zehnersystem <math> g^0 = 10^0 = 1 </math> bis <math> g^n = 10^n </math>. Nun werden bloß die Koeffizienten nach dem Grundsatz der Größenfolge geschrieben und die „Stelle“ zeigt an, mit welcher Potenz der Grundzahl der Koeffizient zu multiplizieren ist. In der Zahl 3457 ist die 3 tausendmal so groß als in der Zahl 72.553. Daher kann man für alle Fälle mit 10 Zeichen auskommen, wozu allerdings auch die sogenannte Null gehört, deren Erfindung am spàltesten erfolgte und die im Indischen „das Leere“ (sunga) heißt. Erst diese Null schließt das System, indem sie das Fehlen von Grundzahlenpotenzen, bzw. das Vorhandensein von N ullkoeffizienten anzeigt. Gerade die Null aber ist eine echt indische Entdeckung, ebenso wie die Benennung der Stufenzahlen (10, 100, 1000 usw.) bis <math> 10^29 </math> mit eigenen Wörtern. Die Null nun wurde, wahrscheinlich in Ägypten, von den Arabern als „as sifr“ bezeichnet, was eine Übersetzung für das indische „das Leere“ ist. Aus diesem Wort aber entsprang wieder die Bezeichnungen chiffre und Ziffer, und Zero für die Null.
Grundsatz der Größenfolge geschrieben und die „Stelle“ zeigt an, mit welcher Potenz der Grundzahl der Koeffizient zu multiplizieren ist. In der Zahl 3457 ist die 3 tausendmal so groß als in der Zahl 72.553. Daher kann man für alle Fälle mit 10 Zeichen auskommen, wozu allerdings auch die sogenannte Null gehört, deren Erfindung am spàltesten erfolgte und die im Indischen „das Leere“ (sunga) heißt. Erst diese Null schließt das System, indem sie das Fehlen von Grundzahlenpotenzen, bzw. das Vorhandensein von N ullkoeffizienten anzeigt. Gerade die Null aber ist eine echt indische Entdeckung, ebenso wie die Benennung der Stufenzahlen (10, 100, 1000 usw.) bis <math> 10^29 </math> mit eigenen Wörtern. Die Null nun wurde, wahrscheinlich in Ägypten, von den Arabern als „as sifr“ bezeichnet, was eine Übersetzung für das indische „das Leere“ ist. Aus diesem Wort aber entsprang wieder die Bezeichnungen chiffre und Ziffer, und Zero für die Null.
:Wir sprachen von der algorithmischen Eignung der neuen Positionsarithmetik. Gewiß, auch die Griechen multiplizierten und dividierten. Ebenso die Römer. Sie mußten aber, etwa bei der Multiplikation, die Teilprodukte nach dem distributiven Gesetz wirklich bilden und diese Teilprodukte dann addieren, als ob es sich um Polynome (Mehrgliederausdrücke) gehandelt hätte. Die Zahlen 320 und 47 wurden multipliziert als
:<math> (300 \times 40) + (20 \times 40) </math> <math>+ (300 \times 7) + (20 \times 7) </math> <math>= 12000 + 800 + 2100 + 140 </math> <math>= 15.040. </math>