Diferencia entre revisiones de «Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 102c»

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:Es liegt uns fern, uns lächerlich zu machen und die Schöpfer dieser Wissenschaft wegen einer Namens-
unkorrektheit zu kritisieren. Wir weisen nur darauf hin, um allfällige Irrtümer abzuriegeln. Uns interessiert auch noch viel mehr die Tatsache, daß die griechische Mathematik in ihren beiden Hauptzweigen, der Lehre von Zahlen und Zahlenvertretern (also in Arithmetik und Algebra) und in der Lehre von den Größen und ihren Beziehungen (also in der Geometrie), jegliche Praxis, härter gesagt: eine Verunreinigung durch solche Praxis ablehnte. ur im Denkraum sollte Mathematik getrieben werden und enthalten sein, aus dem Erfahrungsraum war sie verbannt, soweit sie Wissenschaft genannt wurde. Dadurch, und daß die Rechtfertigung eines derartigen Puritanismus, der besonders bei einem lebenszugewandten Volk, wie es die Griechen waren, auffällt, dadurch also wurde ihr höchste Allgemeingültigkeit, Verallgemeinerungskraft und ästhetisch-harmonische Einheitlichkeit gesichert. Dadurch aber Wieder schritt sie an manchem Problem, das nur die Praxis stellen hätte können, achtlos vorbei und brachte sich auch im rein Theoretischen um eine gewisse notwendige Elastizität und Weltweite. Es ist das Problem des Klassischen, der Formreinheit an und für sich, das uns hier entgegentritt: das Problem von Form und Inhalt, das am Ende der vonuns eben besprochenen Vorbereitungszeit ein Aristoteles in seiner ganzen Breite aufrollte. Und es ist zudem noch ein weiteres, sehr tiefes und rätselhaftes Problem des Zusammenwirkens der einzelnen Kulturfaktoren.
Während nämlich in Ägypten die Mathematik bloße Hilfstechnik einer sicherlich tiefkulturellen Gesamtheitsformung auf architektonischem und verwaltungsmäßigem Gebiete war, während sie in Babylon und bei dessen Vorläufern auch noch gleichsam als Zusatzmaterie das Leben und die Mystik unterstützte, hat sie sich im Griechentum zur eigenen Welt konstituiert. Die Mathematik hat sich auf hellenischem Boden selbständig gemacht, beginnt das gesamte Denken der führenden Menschen zu formen, sie wird eine„ÜberWissenschaft“, ähnlich der Philosophie, die ja aus der Natur ihrer Problemstellung heraus stets Überwissenschaft sein soll. Und die Mathematik prallt auch folgerichtig in diesen Jahrhunderten mit der Nebenbuhlerin Philosophie hart zusammen. Unter ungeheurem geistigem Schmerz wird er„euklidische Mensch“ geboren, wie Oswald Spengler diesen Typus von Menschen nennt, der die Form so hoch stellt, daß er der praktisch anwendbarsten Wissenschaft fast die Anwendung auf die Wirklichkeit untersagt, um sie durch Jahrhunderte zu einer Vollendung zu treiben, die sie tatsächlich erst wieder am Ende des neunzehnten Jahrhunderts erreicht hat. Der Weg dieser Entwicklung wird unbeirrbar weitergegangen, nichts ist zu gering, nichts zu schwer, um das Ziel zu erreichen. In diesen für Hellas politisch
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so stürmischen und bewegten Jahrhunderten, in denen der Ansturm der Perser sich an den gepanzerten Scharen
von Schwerter schwingenden Künstlern, Philosophen und Mathematikern bricht, in denen, noch schmerzlicher, der Bruderzwist seine blutigsten Orgien im Peloponnesischen Krieg feiert, in denen schließlich der große abtrünnige Schüler Platons, der Riesengeist und Riesensammler Aristoteles, einen jungen, halbwilden König aus dem verachteten Bergland Makedonien unterrichtet, der dann als Alexander der Große die morschen Kulturstaaten des Ostens und Südens bis ins Fünfstromland Indien und bis an die Grenze Äthiopiens zerschmettert, - in dieser so stürmischen und wahrhaft großen Zeit hat die Philosophie das ihr anvertraute Reinigungswerk der Mathematik vollendet. Gleichzeitig mit den Formwundern eines Phidias, Praxiteles und der großen Dramatik des Aischylos, Sophokles und Euripides.
:Über Platons Akademie soll der Spruch gestanden haben, daß kein der Geometrie Unkundiger eintreten
möge. Und im Lyzeum des Aristoteles wurde elementare Mathematik als selbstverständlich vorausgesetzt. Ja, noch mehr: Platon selbst hat die noch heute gültige Forderung aufgestellt, daß Konstruktionen geometrischer Art nur dann kanonisch seien, wenn sie lediglich unter Zuhilfenahme von Lineal und Zirkel ausgeführt würden. Dies bedeutet aber, wie man heute weiß, daß nur Probleme in dieser Art konstruiert werden können, deren arithmetisches Gegenstück nicht höhere als zweitgradige, also höchstens gemischt-quadratische Gleichungen erfordert. Dabei blieb Platon nicht stehen. Er ließ sich von Pythagoreern unterrichten, lernte von Mitschülern, wie Theaitetos, und Zeitgenossen, wie Eudoxos, von denen der Erstgenannte die Theorie des Irrationalen in aller Allgemeinheit ausbaute. [<small>Von Eudoxos wird im nächsten Kapitel ausführlich die Rede sein.</small>] Und er hatte seine Forderung an den Pforten der Akademie durchaus nicht als Phrase oder Aperçu gemeint. Denn er selbst stellte als erster in der Geschichte der Mathematik die sogenannte „analytische Methode“ in den Vordergrund der Forschung die darin gipfelt, das geometrische Problem als gelöst zu betrachten und davon rückschließend die Eigenschaften der Figuren in ihrer umfassendsten Gesamtheit zu erforschen. Wenn die kosmischen Körper oder die regelmäßigen Vielflache auch platonische Körper heißen, hängt dies Wohl eher mit naturphilosophischen Ausdeutungen und näherer Erforschung dieser Körper als mit ihrer Entdeckung zusammen.
:Nun aber trat, Wie schon erwähnt, nach Platon, dessen Ermahnung an seine Schüler, sich der Mathematik philosophisch und kritisch zu widmen, auf durchaus fruchtbaren Boden gefallen War, der große Stagirite Aristoteles auf den Plan. Und schuf ein Gipfelwerk menschlichen Denkens, dessen Formung er der Mathematik ebensowohl ablauschte, als er es auch wieder zur Richtschnur und Forschungsregel an die Mathematik 'Weitergab. Wir meinen die Begründung der Logik als Wissenschaft, deren erste Geburtswehen uns aus den Platonischen Dialogen in wogendem Leben, in berauschendem Werden noch heute gegenwartsnah erscheinen. Aristoteles, dessen Geist, ungleich dem Geiste Platons, nicht so sehr dem synthetisch Deduktiven als dem Induktiven zuneigte, war Forscher und Sammler zugleich. Und er regte daher nach allen Seiten zu Kompilationen an. Auch auf dem Gebiete der Mathematik. So kam es, daß sein Schüler
Eudemos jene wertvolle Geschichte der Mathematik verfaßte, deren durch Proklos erhaltene Bruchstücke als sogenanntes „Mathematikerverzeichnis“ für uns noch heute von unschätzbarem Werte sind.
:Die Stürme der Welteroberung durch Alexander den Großen sind verrauscht. Alexander selbst hat seine
Kometenlaufbahn vollendet. Der Osten, den er niedergeworfen, hat ihn ausgehöhlt, entnervt, hat ihm ein
frühes Ende bereitet. Und die Diadochen haben untereinander das Erbe der Welt geteilt. Am Zentrum der
werdenden Welt, die Wieder in satter Ruhe liegt, in
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so stürmischen und bewegten Jahrhunderten, in denen
der Ansturm der Perser sich an den gepanzerten Scharen
von Schwerter schwingenden Künstlern, Philosophen
und Mathematikern bricht, in denen, noch schmerzlicher,
der Bruderzwist seine blutigsten Orgien im Peloponnesi-
schen Krieg feiert, in denen schließlich der große ab-
trünnige Schüler Platons, der Riesengeist und Riesen-
sammler Aristoteles, einen jungen, halbwilden König aus
dem verachteten Bergland Makedonien unterrichtet, der
dann als Alexander der Große die morschen Kultur-
staaten des Ostens und Südens bis ins Fünfstromland
Indien und bis an die Grenze Äthiopiens zerschmettert,
-- in dieser so stürmischen und wahrhaft großen Zeit
hat die Philosophie das ihr anvertraute Reinigungswerk
der Mathematik vollendet. Gleichzeitig mit den Form-
wundern eines Phidias, Praxiteles und der großen Dra-
matik des Aischylos, Sophokles und Euripides.
 
 
:Über Platons Akademie soll der Spruch gestanden
haben, daß kein der Geometrie Unkundiger eintreten
möge. Und im Lyzeum des Aristoteles wurde elementare
Mathematik als selbstverständlich vorausgesetzt. Ja,
noch mehr: Platon selbst hat die noch heute gültige For-
derung aufgestellt, daß Konstruktionen geometrischer
Art nur dann kanonisch seien, wenn sie lediglich unter
Zuhilfenahme von Lineal und Zirkel ausgeführt würden.
Dies bedeutet aber, wie man heute weiß, daß nur Pro«
bleme in dieser Art konstruiert werden können, deren
arithmetisches Gegenstück nicht höhere als zweitgradige,
also höchstens gemischt-quadratische Gleichungen er-
fordert. Dabei blieb Platon nicht stehen. Er ließ sich
von Pythagoreern unterrichten, lernte von Mitschülern,
wie Theaitetos, und Zeitgenossen, wie Eudoxos, von denen
der Erstgenannte die Theorie des Irrationalen in aller
Allgemeinheit ausbaute. [<small>Von Eudoxos wird im nächsten Kapitel ausführlich die
Rede sein.</small>] Und er hatte seine Forderung
an den Pforten der Akademie durchaus nicht als Phrase
gckzr Aperçu gemeint. Denn er selbst stellte als erster
 
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so stürmischen und bewegten Jahrhunderten, in denen
der Ansturm der Perser sich an den gepanzerten Scharen
von Schwerter schwingenden Künstlern, Philosophen
und Mathematikern bricht, in denen, noch schmerzlicher,
der Bruderzwist seine blutigsten Orgien im Peloponnesi-
schen Krieg feiert, in denen schließlich der große ab-
trünnige Schüler Platons, der Riesengeist und Riesen-
sammler Aristoteles, einen jungen, halbwilden König aus
dem verachteten Bergland Makedonien unterrichtet, der
dann als Alexander der Große die morschen Kultur-
staaten des Ostens und Südens bis ins Fünfstromland
Indien und bis an die Grenze Äthiopiens zerschmettert,
-- in dieser so stürmischen und wahrhaft großen Zeit
hat die Philosophie das ihr anvertraute Reinigungswerk
der Mathematik vollendet. Gleichzeitig mit den Form-
wundern eines Phidias, Praxiteles und der großen Dra-
matik des Aischylos, Sophokles und Euripides.
Über Platons Akademie soll der Spruch gestanden
haben, daß kein der Geometrie Unkundiger eintreten
möge. Und im Lyzeum des Aristoteles wurde elementare
Mathematik als selbstverständlich vorausgesetzt. Ja,
noch mehr: Platon selbst hat die noch heute gültige For-
derung aufgestellt, daß Konstruktionen geometrischer
Art nur dann kanonisch seien, wenn sie lediglich unter
Zuhilfenahme von Lineal und Zirkel ausgeführt würden.
Dies bedeutet aber, wie man heute weiß, daß nur Pro«
bleme in dieser Art konstruiert werden können, deren
arithmetisches Gegenstück nicht höhere als zweitgradige,
also höchstens gemischt-quadratische Gleichungen er-
fordert. Dabei blieb Platon nicht stehen. Er ließ sich
von Pythagoreern unterrichten, lernte von Mitschülern,
wie Theaitetos, und Zeitgenossen, wie Eudoxos, von denen
der Erstgenannte die Theorie des Irrationalen in aller
Allgemeinheit ausbaute*). Und er hatte seine Forderung
an den Pforten der Akademie durchaus nicht als Phrase
gckzr Aperçu gemeint. Denn er selbst stellte als erster
*) Von Eudoxos wird im nächsten Kapitel ausführlich die
Rede sein.
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in der Geschichte der Mathematik die sogenannte „ana-
lytische Methode“ in den Vordergrund der Forschung
die darin gipfelt, das geometrische Problem als gelöst zu
betrachten und davon rückschließend die Eigenschaften
der Figuren in ihrer umfassendsten Gesamtheit zu er-
forschen. Wenn die kosmischen Körper oder die regel-
mäßigen Vielflache auch platonische Körper heißen,
hängt dies Wohl eher mit naturphilosophischen Aus-
deutungen und näherer Erforschung dieser Körper als
mit ihrer Entdeckung zusammen.
 
 
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Nun aber trat, Wie schon erwähnt, nach Platon, dessen
Ermahnung an seine Schüler, sich der Mathematik philo-
sophisch und kritisch zu widmen, auf durchaus frucht-
baren Boden gefallen War, der große Stagirite Aristoteles
auf den Plan. Und schuf ein Gipfelwerk menschlichen
Denkens, dessen Formung er der Mathematik ebensowohl
ablauschte, als er es auch wieder zur Richtschnur und
Forschungsregel an die Mathematik 'Weitergab. Wir
meinen die Begründung der Logik als Wissenschaft,
deren erste Geburtswehen uns aus den Platonischen
Dialogen in Wogendem Leben, in berauschendem Werden
noch heute gegenwartsnah erscheinen. Aristoteles, dessen
Geist, ungleich dem Geiste Platons, nicht so sehr dem
synthetisch Deduktiven als dem Induktiven zuneigte,
War Forscher und Sammler zugleich. Und er regte daher
nach allen Seiten zu Kompilationen an. Auch auf dem
Gebiete der Mathematik. So kam es, daß sein Schüler'
Eudemos jene Wertvolle Geschichte der Mathematik ver-
faßte, deren durch Proklos erhaltene Bruchstücke als
sogenanntes ,,Mathematikerverzeichnis'“ für uns noch
heute von unschätzbarem Werte sind.
 
 
:Die Stürme der Welteroberung durch Alexander den
Großen sind verrauscht. Alexander selbst hat seine
Kometenlaufbahn vollendet. Der Osten, den er nieder-
geworfen, hat ihn ausgehöhlt, entnervt, hat ihm ein
frühes Ende bereitet. Und die Diadochen haben unter-
einander das Erbe der Welt geteilt. Am Zentrum der
werdenden Welt, die Wieder in satter Ruhe liegt, in
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Alexandria, residiert Ptolemäus Soter, der erste griechi-
sche König Ägyptens. Noch bleibt Athen Sitz höchster