Diferencia entre revisiones de «Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 102c»

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:Nun war Zenon von Elea ein zu heller Kopf, um auf den Einwurf, daß der Pfeil in Wirklichkeit abfliege, daß die Vielheit tatsachlich existiere und daß Achilles die Schildkröte in wenigen Augenblicken erreicht haben würde, mit dem Jahrtausende spater geprägten Philosophenwort: „Desto schlimmer für die Tatsachen“ zu antworten. Er wollte vielmehr die ebenso „tatsächlich“ sofort auftretenden Schwierigkeiten in möglichst greller Art beleuchten, die sich der Behauptung eines Anfanges, einer letzten Einheit, eines selbst unteilbaren Teiles entgegenstellen. Daran änderte es auch nichts, daß inzwischen schon Theodoros von Kyrene die Irrationalität aller unendlich vielen Quadratwurzeln, so-
fern es sich nicht um Wurzeln aus Quadratzahlen handelte, bewiesen hatte.
:Nun haben wir aber schon bei Anaxagoras angedeutet, dieser große Philosoph habe sich mit der Quadratur des Kreises beschäftigt. War das ein herausgegriffenes Einzelproblem oder war es vielmehr eine gleichsam prinzipielle Angelegenheit? Rein chronologisch müßten wir hier schon von den drei großen „klassischen Problemen“ des Hellenentums sprechen, müßten hier schon die Quadratur des Kreises, die Verdoppelung des Würfels und die Dreiteilung des Winkels behandeln. Wir bitten aber für die Erörterung dieser Probleme um Auischub. Wir werden sie im nächsten Kapitel eingehend durchleuchten. In diesem Kapitel müssen wir uns auf andere Probleme beschränken, da sonst die eigentümliche Stellung Euklids nicht zum vollen Ausdruck käme.
:Wir wollen also bloß anmerken, daß auch in dieser Zeit schon manches entstand, das die Taten eines Archimedes und eines Apollonios von Perga vorbereitete. Für Euklids Leistungen dagegen war es am wichtigsten, daß man erkannte, mathematischer Erfindergeist und plastisches Schauen reichten nicht aus, die Mathematik zu der Höhe emporzureißen, die den erleuchtetsten Köpfen als Ideal vorschwebte. Um vollste, echteste Wissenschaft zu werden, mußte sich Mathematik vorübergehend unter philosophische Kontrolle stellen. Diese Kräfteverschiebung hatte vor allem Zenon durch seine maßlosen, aber sehr treffsicheren Angriffe gegen die merkwürdig brüchigen und leicht verwundbaren Fundamente der Mathematik
In diesem Kapitel müssen wir uns auf andere Probleme
erreicht.
beschränken, da sonst die eigentümliche Stellung Euklids
:Bevor wir weitersprechen, noch eine kleine, sehr notwendige Einschaltung: wir hörten schon, daß die alten Griechen, insbesondere die Pythagoreer, ihre Zahlentheorie als Arithmetik bezeichneten, eine Bezeichnung, die auch auf all das ausgedehnt wurde, was damals algebraischen Charakter trug. Ein konkretes Zahlenrechnen, wie es die mathematische Hauptbeschäftigung bei Ägyptern und Babyloniern (und allen andern nichtgriechischen Völkern) gebildet hatte, wurde auf hellenischem Boden nicht als Wissenschaft anerkannt. Es hieß Logistik, War eine geschätzte Kunst der Rechenmeister (Logistiker), war aber durchaus keine Wissenschaft. Diese Unterschätzung, deren Ursachen wir ergründen müssen, rächte sich für die hellenische Mathematik noch mehr als die absolute Trennung zwischen praktischer, messender
nicht zum vollen Ausdruck käme.
Geometrie, der sogenannten Geodäsie, und der eigentlichen strengen Geometrie als Wissenschaft, die einzig wirklichen Rang im geistigen Kosmos besaß. Das Wort Geometrie, das „Vermessung“ oder „Ausmessung“ der Erde bedeutet, ist also falsch und anachronistisch. Thales und die Pythagoreer dürften es in Anlehnung an ägyptische Gebräuche und Methoden ohne weitern Nebengedanken auf die griechische Mathematik angewendet haben, die höchstens Gestalten-, Formen- oder Proportionenlehre hätte heißen dürfen, um durch ihren Namen das auszudrücken, was sie wollte und was sie wieder nicht wollte.
:Es liegt uns fern, uns lächerlich zu machen und die Schöpfer dieser Wissenschaft wegen einer Namens-
unkorrektheit zu kritisieren. Wir weisen nur darauf hin, um allfällige Irrtümer abzuriegeln. Uns interessiert auch noch viel mehr die Tatsache, daß die griechische Mathematik in ihren beiden Hauptzweigen, der Lehre von Zahlen und Zahlenvertretern (also in Arithmetik und Algebra) und in der Lehre von den Größen und ihren Beziehungen (also in der Geometrie), jegliche Praxis, härter gesagt: eine Verunreinigung durch solche Praxis ablehnte. ur im Denkraum sollte Mathematik getrieben werden und enthalten sein, aus dem Erfahrungsraum war sie verbannt, soweit sie Wissenschaft genannt wurde. Dadurch, und daß die Rechtfertigung eines derartigen Puritanismus, der besonders bei einem lebenszugewandten Volk, wie es die Griechen waren, auffällt, dadurch also wurde ihr höchste Allgemeingültigkeit, Verallgemeinerungskraft und ästhetisch-harmonische Einheitlichkeit gesichert. Dadurch aber Wieder schritt sie an manchem Problem, das nur die Praxis stellen hätte können, achtlos vorbei und brachte sich auch im rein Theoretischen um eine gewisse notwendige Elastizität und Weltweite. Es ist das Problem des Klassischen, der Formreinheit an und für sich, das uns hier entgegentritt: das Problem von Form und Inhalt, das am Ende der vonuns eben besprochenen Vorbereitungszeit ein Aristoteles in seiner ganzen Breite aufrollte. Und es ist zudem noch ein weiteres, sehr tiefes und rätselhaftes Problem des Zusammenwirkens der einzelnen Kulturfaktoren.
Während nämlich in Ägypten die Mathematik bloße Hilfstechnik einer sicherlich tiefkulturellen Gesamtheitsformung auf architektonischem und verwaltungsmäßigem Gebiete war, während sie in Babylon und bei dessen Vorläufern auch noch gleichsam als Zusatzmaterie das Leben und die Mystik unterstützte, hat sie sich im Griechentum zur eigenen Welt konstituiert. Die Mathematik hat sich auf hellenischem Boden selbständig gemacht, beginnt das gesamte Denken der führenden Menschen zu formen, sie wird eine„ÜberWissenschaft“, ähnlich der Philosophie, die ja aus der Natur ihrer Problemstellung heraus stets Überwissenschaft sein soll. Und die Mathematik prallt auch folgerichtig in diesen Jahrhunderten mit der Nebenbuhlerin Philosophie hart zusammen. Unter ungeheurem geistigem Schmerz wird er„euklidische Mensch“ geboren, wie Oswald Spengler diesen Typus von Menschen nennt, der die Form so hoch stellt, daß er der praktisch anwendbarsten Wissenschaft fast die Anwendung auf die Wirklichkeit untersagt, um sie durch Jahrhunderte zu einer Vollendung zu treiben, die sie tatsächlich erst wieder am Ende des neunzehnten Jahrhunderts erreicht hat. Der Weg dieser Entwicklung wird unbeirrbar weitergegangen, nichts ist zu gering, nichts zu schwer, um das Ziel zu erreichen. In diesen für Hellas politisch
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:Wir wollen also bloß anmerken, daß auch in dieser
Zeit schon manches entstand, das die Taten eines Archi-
medes und eines Apollonios von Perga vorbereitete. Für
Euklids Leistungen dagegen war es am wichtigsten, daß
man erkannte, mathematischer Erfindergeist und pla-
stisches Schauen reichten nicht aus, die Mathematik zu
der Höhe emporzureißen, die den erleuchtetsten Köpfen
als Ideal vorschwebte. Um vollste, echteste Wissenschaft
zu werden, mußte sich Mathematik vorübergehend unter
philosophische Kontrolle stellen. Diese Kräfteverschie-
bung hatte vor allem Zenon durch seine maßlosen, aber
sehr treffsicheren Angriffe gegen die merkwürdig brüchigen
und leicht verwundbaren Fundamente der Mathematik
erreicht.
 
:Bevor wir weitersprechen, noch eine kleine, sehr not-
wendige Einschaltung: wir hörten schon, daß die alten
Griechen, insbesondere die Pythagoreer, ihre Zahlen-
theorie als Arithmetik bezeichneten, eine Bezeichnung,
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die auch auf all das ausgedehnt wurde, was damals
algebraischen Charakter trug. Ein konkretes Zahlen-
rechnen, wie es die mathematische Hauptbeschäftigung
bei Ägyptern und Babyloniern (und allen andern nicht-
griechischen Völkern) gebildet hatte, wurde auf helleni-
schem Boden nicht als Wissenschaft anerkannt. Es hieß
Logistik, War eine geschätzte Kunst der Rechenmeister
(Logistiker), war aber durchaus keine Wissenschaft. Diese
Unterschätzung, deren Ursachen wir ergründen müssen,
rächte sich für die hellenische Mathematik noch mehr als
die absolute Trennung zwischen praktischer, messender
Geometrie, der sogenannten Geodäsie, und der eigent-
lichen strengen Geometrie als Wissenschaft, die einzig
wirklichen Rang im geistigen Kosmos besaß. Das Wort
Geometrie, das „Vermessung“ oder „Ausmessung“ der
Erde bedeutet, ist also falsch und anachronistisch. Thales
und die Pythagoreer dürften es in Anlehnung an ägyp-
tische Gebräuche und Methoden ohne weitern Neben-
gedanken auf die griechische Mathematik angewendet
haben, die höchstens Gestalten-, Formen- oder Pro-
portionenlehre hätte heißen dürfen, um durch ihren
Namen das auszudrücken, was sie wollte und was sie
wieder nicht wollte.
Es liegt uns fern, uns lächerlich zu machen und die
Schöpfer dieser Wissenschaft wegen einer Namens-
unkorrektheit zu kritisieren. Wir weisen nur darauf hin,
um allfällige Irrtümer abzuriegeln. Uns interessiert auch
noch Viel mehr die Tatsache, daß die griechische Mathe-
matik in ihren beiden Hauptzweigen, der Lehre von
Zahlen und Zahlenvertretern (also in Arithmetik und
Algebra) und in der Lehre von den Größen und ihren
Beziehungen (also in der Geometrie), jegliche Praxis,
härter gesagt: eine Verunreinigung durch solche Praxis
ablehnte. ur im Denkraum sollte Mathematik getrieben
werden und enthalten sein, aus dem Erfahrungsraum war
sie verbannt, soweit sie Wissenschaft genannt wurde.
Dadurch, und daß die Rechtfertigung eines derartigen
Puritanismus, der besonders bei einem lebenszuge-
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wandten Volk, wie es die Griechen waren, auffällt, da-
durch also wurde ihr höchste Allgemeingültigkeit, Ver-
allgemeinerungskraft und ästhetisch-harmonische Ein-
heitlichkeit gesichert. Dadurch aber Wieder schritt sie an
manchem Problem, das nur die Praxis stellen hätte
können, achtlos vorbei und brachte sich auch im rein
Theoretischen um eine gewisse notwendige Elastizität
und Weltweite. Es ist das Problem des Klassischen, der
Formreinheit an und für sich, das uns hier entgegentritt:
das Problem von Form und Inhalt, das am Ende der
vonuns eben besprochenen Vorbereitungszeit ein Aristo-
teles in seiner ganzen Breite aufrollte. Und es ist zudem
noch ein weiteres, sehr tiefes und rätselhaftes Problem
des Zusammenwirkens der einzelnen Kulturfaktoren.
Während nämlich in Ägypten die Mathematik bloße
Hilfstechnik einer sicherlich tiefkulturellen Gesamtheits-
formung auf architektonischem und verwaltungsmäßigem
Gebiete war, während sie in Babylon und bei dessen Vor-
läufern auch noch gleichsam als Zusatzmaterie das Leben
und die Mystik unterstützte, hat sie sich im Griechentum
zur eigenen Welt konstituiert. Die Mathematik hat sich
auf hellenischem Boden selbständig gemacht, beginnt
das gesamte Denken der führenden Menschen zu formen,
sie wird eine„ÜberWissenschaft“, ähnlich derPhilosophie,
die ja aus der Natur ihrer Problemstellung heraus stets
Uberwissenschaft sein soll. Und die Mathematik prallt
auch folgerichtig in diesen Jahrhunderten mit der Neben-
buhlerin Philosophie hart zusammen. Unter unge-
heurem geistigem Schmerz wird der„euklidische Mensch“
geboren, wie Oswald Spengler diesen Typus von Menschen
nennt, der die Form so hoch stellt, daß er der praktisch
anwendbarsten Wissenschaft fast die Anwendung auf
die Wirklichkeit untersagt, um sie durch Jahrhunderte
zu einer Vollendung zu treiben, die sie tatsächlich erst
Wieder am Ende des neunzehnten Jahrhunderts erreicht
hat. Der Weg dieser Entwicklung wird unbeirrbar
weitergegangen, nichts ist zu gering, nichts zu schwer,
um das Ziel zu erreichen. In diesen für Hellas politisch
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so stürmischen und bewegten Jahrhunderten, in denen
der Ansturm der Perser sich an den gepanzerten Scharen
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wundern eines Phidias, Praxiteles und der großen Dra-
matik des Aischylos, Sophokles und Euripides.
 
Über Platons Akademie soll der Spruch gestanden
 
:Über Platons Akademie soll der Spruch gestanden
haben, daß kein der Geometrie Unkundiger eintreten
möge. Und im Lyzeum des Aristoteles wurde elementare
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wie Theaitetos, und Zeitgenossen, wie Eudoxos, von denen
der Erstgenannte die Theorie des Irrationalen in aller
Allgemeinheit ausbaute*). Und[<small>Von erEudoxos hattewird seineim Forderungnächsten Kapitel ausführlich die
Rede sein.</small>] Und er hatte seine Forderung
an den Pforten der Akademie durchaus nicht als Phrase
gckzr Aperçu gemeint. Denn er selbst stellte als erster
 
*) Von Eudoxos wird im nächsten Kapitel ausführlich die
Rede sein.
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so stürmischen und bewegten Jahrhunderten, in denen
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deutungen und näherer Erforschung dieser Körper als
mit ihrer Entdeckung zusammen.
 
 
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Nun aber trat, Wie schon erwähnt, nach Platon, dessen
Ermahnung an seine Schüler, sich der Mathematik philo-
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sogenanntes ,,Mathematikerverzeichnis'“ für uns noch
heute von unschätzbarem Werte sind.
 
Die Stürme der Welteroberung durch Alexander den
 
:Die Stürme der Welteroberung durch Alexander den
Großen sind verrauscht. Alexander selbst hat seine
Kometenlaufbahn vollendet. Der Osten, den er nieder-
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der bisherigen Weltentwicklung aller Zonen aufge-
zeichnet haben.
 
Durch diese Hallen nun wandelt etwa um 300 vor
 
 
:Durch diese Hallen nun wandelt etwa um 300 vor
Christi Geburt ein stiller Mann. Woher er kam, wissen
wir nicht. Wir wissen nicht einmal, wann er geboren