Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 287c

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Leibniz. Der Lebensroman eines weltumspannenden Geistes.


41. Unions -Verhandlungen

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Etwa zwei Wochen später saßen an einem dunklen Herbstabend Abt Molanus von Lokkum [Gerhard Wolter Molanus], der Franziskaner Rojas de Spinola und Leibniz um den Tisch im Erkerzimmer des neuen Hauses.
Leibniz, dem selbst die besten seiner Freunde manchmal nachgesagt hatten, daß ihn, trotz seiner geistigen und Gemütstiefe, doch nichts eigentlich bis zum Grund seiner Seele aufwühle, und daß erst Ereignisse größter Art sein Wesen erschüttern müßten, um ihn ganz in die Nähe des Göttlichen zu führen, war heute, im Gegensatz zu solcher Meinung seiner Freunde, von wilden Schauern der Gottesgegenwart überkommen. Denn das Unfaßbare, das stets Gehoffte, doch nicht mehr Geglaubte, die größte Harmonie nach der größten Disharmonie des Christentums, nach dem furchtbaren Dreißigjährigen Krieg, begann leise, doch unleugbar mit überirdischen Tönen zu erklingen.
Ins Irdische übersetzt: Die drei Männer, deren Antlitze durch das flackernde Licht der Kerzen in eigentümlicher Schärfe und Schattenkontrastierung hervortraten, waren im Begriff, die Schlußredaktion des ersten Unions-Entwurfes zwischen Katholiken und Protestanten vorzunehmen. Und es gab dabei, soweit es die Unterhändler betraf, keinen Rest, keine Unklarheit.
Rojas de Spinola, aus dessen dunkelhäutigem hispanischem Gesicht nachtschwarze Augen lohten, dessen Bewegungen jedoch von seltsamer, fast müder Gelassenheit waren, wandte sich eben an Molanus, der heute den Vorsitz des kleinen Kollegiums führte und bei dem eher das Umgekehrte zu bemerken war. Man war nämlich erstaunt, daß dieser Mann mit dem gütigen frischen Greisenantlitz oft plötzlich den Verhandlungsgegner in geradezu jugendlichem Feuer und Ungestüm ansprang. Zwischen beiden stand nach seiner äußeren Charakteristik Leibniz, der alle Skalen menschlicher Möglichkeiten, vom harmlosen Scherz über funkelnde Beredsamkeit zu kalter sachlicher Replik und von sanfter, einfühlender Nachgiebigkeit über entschiedene Wahrung des Standpunktes bis zu sarkastisch-ironischer und mitleidloser Vernichtung der Gegen-Argumente durchlief.
Wie erwähnt, hatte sich Rojas de Spinola eben an Molanus gewendet und sagte:
„Ich würde vorschlagen, daß wir beide, die wir in der Hierarchie unsrer Kirchen stehen, die Ehre und die Freude, das Ergebnis unsrer Beratungen zusammenfassen, dem Laien in unsrem Kreise überantworten. Herr Leibniz, dessen Gedächtnis wir schon mehr als einmal bewunderten, möge also Punkt für Punkt all das wiederholen, worüber wir einig geworden sind. Ich selbst behalte mir vor, zum Schluß noch eine Erklärung abzugeben, die ich bisher aus höheren Rücksicht en zurückzuhalten gezwungen war.“
Was für eine Erklärung? Wieder überschauerte es Leibniz, als Molanus zustimmend erwiderte. Was gab es noch zu erklären? Sollte gar der Franziskaner weit größere Vollmachten besitzen, als er es bisher zugegeben hatte? Also nicht bloß gleichsam nur aus eigenem Antrieb und auf eigene Verantwortung handeln, um die Stimmungen der Protestanten zu sondieren, wenn von dieser Absicht auch der deutsche Kaiser Leopold I. und die Spinola unmittelbar Vorgesetzten Kirchenbehörden wußten? Doch Leibniz durfte jetzt nicht grübeln und träumen. Er war beauftragt worden, die weltentscheidenden Punkte der Einigung zu formulieren.
„Die erste, wichtigste und vielleicht schwierigste Frage betraf das Konzil von Trient“, sagte er, während er sich ein Papier zurechtrückte, um die Stilisierung des Beschlusses sogleich festhalten zu können. „Wir sind“, setzte er fort, „übereingekommen, daß das Tridentinum, die ganze auf diesem Konzil beschlossene Gesetzgebung, so weit sie Bannflüche gegen die Protestanten und ihre Lehre enthält, aufgehoben werden soll.“
„Ich habe dieses beinahe beispiellose Zugeständnis gemacht“, antwortete Spinola und senkte den Blick. „Und zwar habe ich es ohne jeden Vorbehalt gemacht. Ich bin nämlich überzeugt, daß die Wucht der Tatsachen, die Notwendigkeit des Weltablaufs und die nähere Einsicht in die Fragenkomplexe auch auch die Protestanten bald ähnliche Wege werden gehen lassen, wie wir sie auf dem Tridentinum gegangen sind.“
Molanus lachte leise auf.
„Also kein Vorbehalt?“ sagte er dann, ein wenig ironisch.
„Kein juristisch greifbarer Vorbehalt“, replizierte Spinola. „Sie müssen jedoch zugeben, verehrter Herr Abt, daß der Katholizismus seine Grundansicht, seinen ersten tragenden Stützpfeiler, der im Worte ‚kaht‘ holou‘, die in dieser Erstreckung ‚über alles‘ liegt, auch dann nicht preisgeben kann, wenn wir uns wieder vereinigen. Nicht wir haben uns losgetrennt, sondern Ihre Konfession hat sich abgesondert. Und wir werden, ohne Zwang natürlich, versuchen, auch die Einheitlichkeit des Glaubens im Lauf der Geschichte wieder herzustellen. Besser, diese Einheitlichkeit wird sich selbst in integrum restituieren, in den vorherigen Stand wieder einsetzen.“
„Obwohl“, fiel Leibnitz ein, „der zweite Punkt unseres Übereinkommens, daß keine Antastung der wesentlichen Grundsätze der lutherischen Konfession stattfinden darf. Ich möchte über diese Formel hinaus beifügen, daß ich Ihre Hoffnungen, hochwürdiger Herr von Spinola nicht als eine solche Antastung empfinde. Denn auch wir erwarten, wieder aus protestantischer Überzeugung, daß manche unserer Lehren durch das Zusammenleben der Bekenntnisse in den Katholizismus Eingang finden werden. Wir stehen noch heute auf dem Standpunkt des Augustinermönches Martin Luther, der sich beim Anschlag seiner Thesen in Wittenberg wahrscheinlich nur bewußt war, nach Wissen und Glauben die Gebote Christi und der Kirche zu erfüllen. Also Hoffnung gegen Hoffnung, hochwürdigster Herr von Spinola. Es ist nur selbstverständlich, daß wir beide die Entwicklung so sehen, Wie es die Überzeugungen unsres bisherigen Lebens vorzeichnen. Übrigens soll über diese Fragen schon die Ausführung des dritten Punktes Klarheit bringen, nämlich das allgemeine ökumenische Konzil, das an Stelle des Konzils von Trient die Gesamtheit der Glaubensfrage regeln wird. Und dem unsre Super-Intendenten, gleichsam als unsre Bischöfe, als Mitrichter im Range von vollwertigen Bischöfen der vereinigten Kirchen teilnehmen sollen. Wird die Formulierung meines letzten Satzes anerkannt?“
„Ich hätte nichts hinzuzufügen. Wiederum nichts Juristisches, meine ich“, erwiderte Spinola. „Wenn ich, für mich selbst, unsre Bischöfe schon heute als feuerzüngige Vertreter unsrer Lehre auf diesem Konzil vor mir sehe; wenn ich, darüber hinaus, am liebsten gleich jetzt aufstehen möchte, um eine der Reden dieses zukünftigen Konzils mit ebenso viel Eifer als Leidenschaft vorwegzunehmen: so können Sie, meine Herren der anderen Konfession, daraus höchstens entnehmen, wie viel Gewissensqual es mich gekostet hat, den Weg zu Ihnen zu beschreiten und diesen Weg durch Zugeständnisse beinahe selbstvernichtender Art zu Ende zu gehen.“
Molanus schüttelte ein wenig verdüstert den Kopf. Dann sagte er sarkastisch:
„Gewiß, Wir haben es leichter. Viel leichter. Weil wir den Gesamtheitsanspruch nicht stellen können und nicht stellen wollen. Ich denke aber, wir sollten diese Rückzugsgefechte, die jeder von uns innerlich führt, wenn es sich um eine Konzession von seiner Seite handelt, nicht mit unsrer sicher gottgefälligen Lösung so sehr verquicken, daß man schließlich am eigenen Willen zur Versöhnung irre wird. Ich sage das natürlich durchaus nicht nur für Sie, hochwürdiger Pater, sondern ebensogut auch für mich selbst und für Leibniz.“
„Und ich“, sagte Leibniz, „bin durch eine Fügung des Schicksales jetzt in der Lage, den folgenden Punkt zu formulieren, bei dem nicht einmal ein solcher Gewissenszweifel in Betracht kommt. Denn eben dieser Punkt tilgt als freundlicher Januskopf den alten Hader in gleicher Weise nach beiden Seiten. Punkt vier lautet nämlich, daß wir Protestanten endgültig vom Vorwurf der Ketzerei losgesprochen werden sollen, während wir es wieder für alle Zeiten unterlassen werden, den Papst als den Antichrist zu bezeichnen. Damitist, so glaube ich, unsrem Streit, wenn selbst ein solcher zurückbleiben sollte, die häßliche Schärfe genommen. Der Streit ist auf eine Ebene gerückt, die nicht mehr allzusehr von den Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Katholizismus und innerhalb des Protestantismus unterscheidet. Es bleiben dann nur noch Kontroversen, die immer bestanden haben und immer bestehen werden und sogar bestehen sollen, da das Prinzip einer Religion, zu deren unbestrittenen Offenbarungen es gehört, daß die Haare auf dem Haupt jedes Gläubigen gezählt seien, durchaus ein individualistisches, ein Persönlichkeitsprinzip sein muß und nie zu uniformer Gleichmacherei entarten kann. Weil aber unsre vom Vorwurf der Ketzerei gereinigte Gotteskindschaft nunmehr ebenso unangefochten ist wie die Heiligkeit des Papstes, ist es nur logisch gewesen, im Punkt fünf unsrer Vereinbarungen die wiedervereinigten Kirchen dem Primat dieser Heiligkeit nach menschlichem und kirchlichem Rechte zu unterstellen. Womit die ursprüngliche Hierarchie aller Christen unsrer Bekenntnisse wieder Geltung gewinnt. Ob allerdings die protestantische Kirche auch den Primat der Gerichtsbarkeit Seiner Heiligkeit des Papstes damit anerkennt, haben wir im vollen Bewußtsein der Schwierigkeit dieser Frage vorläufig offengelassen. Wir haben aber als Auslegung des vierten Punktes zusätzlich vereinbart, daß eine Verdammung oder Verketzerung auch bei künftigen Meinungsverschiedenheiten, die sich ja schon aus Herrn von Spinolas und meinen ,Hoffnungen“ ergeben müssen, unzulässig sein wird. Sofern es sich um Lehren handelt, die den Rahmen der Fortentwicklung der katholischen oder protestantischen Lehre nicht überschreiten.“
„Ich glaube, daß die wesentlichsten Punkte aufgezählt sind“, sagte Molanus.
„Es fehlen nur noch Bestimmungen“, antwortete Leibniz, „die sich eigentlich aus dem ersten Punkt mit logischer Notwendigkeit ergeben. So die unbeschränkte Möglichkeit des deutschen Gottesdienstes für die Protestanten und die Reichung des Laienkelches. Wir haben allerdings eine ebenso selbstverständliche Folgerung wegen ihrer, ich möchte sagen, allgemeinen Sichtbarkeit als Punkt sechs ausdrücklich herausgehoben. Nämlich die Gestattung der Ehe für protestantische Priester. Eine Erlaubnis, die sich sogar auf die Bigamia similitudinaria, auf eine allfällige zweite Ehe erstreckt. Der letzte unsrer Punkte, die Krönung unsres Werkes endlich, trägt meiner Ansicht nach den Charakter einer feierlichen Kundgebung urbibus et orbi, wenn ich mir diese Variation eines geheiligten Ausdruckes gestatten darf: Die wechselseitige Kommunion der Katholiken und Protestanten soll für alle Zukunft zum Ausdruck bringen, daß die trennendste Schranke zwischen unsren Bekenntnissen gefallen ist, daß sich das Mysterium des Abendmahles, der Transsubstantiation, gleich wahr und gleich gültig in beiden Formen vollzieht; und daß, bis zum letzten, das Gotteshaus des Katholiken die Heimat und die Zuflucht des Protestanten ebenso sein kann wie das Gotteshaus des Protestanten für den Katholiken.“
Spinola sah merkwürdig feierlich auf, als Leibniz schwieg. Da Molanus, der angestrengt grübelte, nichts mehr zu finden schien, was der Erörterung bedurfte, erhob sich nach einer weiteren kleinen Pause der Franziskaner, zog die schmalen Lippen ein und faltete die Hände zum Gebet. Dabei kerbten sich die Falten seines Asketenantlitzes tiefer und der Strahl seiner glosenden Augen schien sich nach innen zu kehren.
Nur einige Herzschläge lang verharrte er in dieser Stellung. Unvermittelt schlug er ein Kreuz und sein Gesicht entspannte sich zu einem verklärten Lächeln.
„Wir haben Gott für die glückliche Vollendung eines Werkes gedankt“, sagte er leise aber betont, „eines Werkes, das durch die Schwächen und durch die Irrungen der Menschen notwendig geworden ist. Denn nie kann es der Wille Gottes gewesen sein, diese furchtbaren, schon durch mehr als zwei Jahrhunderte währenden Zerwürfnisse zu wünschen. Es war eine große, eine größte Prüfung. Und auch heute, da wir die erste Stufe der Treppe gelegt haben, die uns gemeinsam vor Seinen allerheiligsten Thron hinanleiten soll, steht es uns nicht zu, mehr zu glauben, mehr zu hoffen, als daß es eben diese erste Stufe ist. Gleichwohl darf ich jetzt meine ebenso gutwilligen als glaubensstarken Mitstreiter an diesem Einigungswerk über Wesentlichstes nicht mehr im Zweifel lassen. Über Allerwesentlichstes. Das ich nicht aus Hinterhältigkeit bisher verbarg. Sondern im unabweislichen Interesse des Ansehens und der Macht der katholischen Kirche und ihres geheiligten Oberhauptes. Ich bin nämlich, unter dem tiefsten Siegel der Verschwiegenheit, nicht nur vom deutschen Kaiser, von der katholischen Majestät Leopolds des Ersten, ermächtigt, diese Verhandlungen zu führen, sondern auch Seine Heiligkeit, Papst Innozenz der Elfte, hat mir gestattet, den Protestanten alle Hoffnung zu machen, daß er selbst solche Unionsverträge genehmigen würde; wenn sie sich in einem Rahmen bewegten, der, wie ich betone, durch unsre Vereinbarungen nicht nur nicht gesprengt, sondern durchaus erfüllt und begrenzt ist. Und ich verfüge darüber hinaus noch über die Zustimmung mehrerer Kardinäle, des Jesuitengenerals Noyelles, des Magisters sacri palatii und andrer Theologen. Seine Heiligkeit, der Papst, weiß die Wichtigkeit unsrer Bestrebungen voll zu ermessen. Er hat bekanntlich als einfacher Kriegsmann im Dreißigjährigen Kriege auf den blutgetränkten Gefilden Deutschlands und Polens gekämpft. Und deshalb wird kein andrer Papst so heiß wie er es wünschen und ersehnen, daß nie mehr die Verschiedenheit der Lehre Christen gegen Christen auf die Walstatt treibt. Ich habe gesagt, was ich zu sagen hatte. Wenn ich noch hinzufüge, daß ich in unsrem kleinen Kreis die Wiedervereinigung der Kirchen als schon vollzogen ansehe, will ich damit nur die unbedingte und vorbehaltlose Freundschaft ausdrücken, die uns drei in gemeinsamen Werk zur höheren Ehre Gottes verbunden hat. Und die sich selbst dann nicht lockern würde, wenn Gott in seinem unerforschlichen Ratschlusse unsre Treppenstufe verwerfen sollte.“ Spinola ließ sich langsam nieder und senkte den Blick.
In Leibniz aber brauste die Harmonie, jene nie geglaubte, stets gehoffte Harmonie in vollen Akkorden auf. Was fehlte noch zum Gelingen? Papst und Kaiser, von den anderen zu schweigen, hatten Rojas de Spinola zu Verhandlungen ermächtigt. Hatten einen Rahmen gezogen, der, wie der Franziskaner gesagt hatte, durch den schon geschlossenen Pakt nicht überschritten war. Was fehlte noch? Was fehlte, daß zumindest die protestantische Kirche Hannovers, die durch ihn selbst und Molanus vertreten war, sich mit der katholischen vereinigte? Was fehlte noch? Und sofort sah er alle Folgen, eine berauschender als die andere. Wo war dann ein Gegensatz zwischen seinem Herzog und dem Volk Hannovers? Zwischen den Würdenträgern am Hofe? Wo die Bekehrungsversuche Arnauds und des edlen Landgrafen von Hessen-Rheinfels, der einen vorwurfsvollen Brief nach dem andern an ihn richtete? Wo ein Konflikt mit Steno aus Jütland? Er, Leibniz, würde nach Italien ziehen, würde Rom betreten, würde als vollgültiger Christ dem Heiligen Vater und den Kardinälen gegenüberstehen. Und wichtiger als all das: In seiner eigenen Brust würde der Zweifel und der Kampf seines Charakters, der ihn an die Religion der Väter band, mit den Tiefen seiner Gefühle, die ihn mächtig zum Kosmos des Katholischen hinzogen, zur Ruhe kommen; und er würde mit aller Kraft seines Geistes den Monos Theos, den nunmehr in vollster Klarheit einzigen und einheitlichen Gott gegen die vordringlichen Ansprüche der Vernunft und gegen den Primat der logischen Verstandes gemäßen „Wahrheit“ verteidigen, Ansprüche, die ihm aus eigenstem Erleben durchaus nicht fremd waren. Verteidigen im Angriff und in der Abwehr. Nicht aber vielleicht, um Verfolgungen auszuweichen, wie seine freigeisternden Feinde behaupteten. Nicht, um sich den Höfen gefällig zu zeigen, die sich an Gott zur Stützung und Aufrechterhaltung ihrer Machtansprüche klammerten. Auch nicht, um der Euthanasie, des beruhigten gesicherten Todes mit einem verbrieften Anspruch auf ewige Seligkeit teilhaft zu werden. Nein, nicht deshalb. Sondern nur, weil er wußte, sicherer wußte als alle Sicherheit der Mathematik und Logik, daß der ewige Anstieg menschlichen Geistes, menschlicher Erkenntnis, menschlicher Vollendung vom Glauben und von der Gnade abhing. Und daß jeder andere Weg der Seins- und Wissenserweiterung schließlich nur in Wüsten führen konnte, durch die disharmonisch das tönende Erz und die klingenden Schellen lärmten; mit diesem Lärm aber die unfaßbare Harmonie der Sphären überdeckten.
Leibniz war bleich und Tränen schimmerten in seinen Augen, als er sich erhob, um in schlichten Sätzen für die innigen und erhabenen Worte des Franziskaners zu danken.


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