Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 175c

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Archimedes (Teil 14)


Eratosthenes führte Archimedes über zwei kleinere Höfe, die dem großen glichen und ebenso von zerstäubtem Wasser und Blüten dufteten, in eine Säulenhalle, die ebenfalls durch Öllampen erleuchtet war und von Gemälden schimmerte. Nur reihte sich hier eine Türe an die andere. Nach wenigen Schritten öffnete der große Beta eine dieser Bronzetüren und sie traten in einen Vorraum, in dem ein Diener auf einem Löwenfell schlief, bei ihrem Eintreten jedoch sogleich aufsprang. Es war ein untersetzter Bursche in kurzem, weißem Kittel. Sein Gesicht war rund und glatt und seine Haare waren kurz geschoren.
„Ein Ägypter, Archimedes. Er ist dir zugeteilt. Du wirst erst in einigen Tagen voll ermessen, wie nützlich er ist. Er wird dir beim Bad behilflich sein, er ist ein geschickter Handwerker, der dir alles anfertigt, was du brauchst; er versteht es, in der Bibliothek Schriften aufzustöbern und ist zudem ein äußerst flinker Schreiber. Er kennt auch Stadt und Leute in Alexandria. Du wirst zufrieden Sem.“
Der Diener lächelte still vor sich hin und wartete auf Befehle.
„Schlaf wohl, Archimedes“, sagte Eratosthenes, „wir werden gleich am Morgen den größten Schatz des Museions besichtigen.“ Damit entfernte er sich ebenso liebenswürdig und langsam, wie es hier alle taten. Es war Zeit, alles nachzuholen, was man etwa vergessen hatte zu sagen oder zu tun.
Der Diener, der die letzten Reste von Schlaftrunkenheit verloren hatte, schien äußerst erfreut, dass die weitere Führung nunmehr ihm anvertraut war. Er hob die Öllampe aus der Erzpfanne und öffnete eine Türe, die in ein großes, auffallend kühles Gemach leitete. Dieses Gemach war ungemein vornehm und prächtig ausgestattet. Nichts fehlte. Alles war vorhanden: ein im wahrsten Sinne schwellendes Lager, ein Tisch, auf dem Schüsseln mit Obst, Backwerk und Karaffen voll Wein standen, ein Arbeitstisch nahe dem Fenster. Wiederum Gemälde und Plastiken. Schwere Vorhänge vor dem Fenster. Ein breiter Lehnstuhl. Schreibgeräte. Metallspiegel.
Es war noch nicht genug, was das Museion schon in diesem Raum seinen Bewohnern bot. Ein Vorhang schob sich unter der Hand des Dieners zur Seite und in einem kleineren Zimmer glitzerte das Wasser eines in die Fliesen eingelassenen Badebeckens, an dessen Rand auf einem Tischchen Salben, Essenzen und Tücherlagen.
„Es ist laues Wasser, Herr“, sagte der Diener. „Es kommt aus den Springbrunnen und ich ließ es ein, als die Sonne noch hoch stand. Willst du jedoch kaltes, dann lasse ich es abströmen und du wirst das Wasser haben, das nur die Sterne bestrahlten.“
Archimedes warf die Kleider ab. Eine Gier nach Entspannung war über ihn gekommen. Windstille, Wellengekräusel, Sturm. Peisithanatos. Was ist Lust, was Form, was Freitod? Ist die bewohnte Erde ein Frevel, sind es die Sterne? Oder der Rauminhalt der glatten, ungreifbaren, irrationalen Kugel? Oder ist alles nur ein Traum? Der Traum eines Traumes?
Sein Herz hämmerte, die Schläfen pochten, an tausend Stellen stach es in seiner Haut wie mit Nadeln.
Nein, keine Unrast, keine Eile! Im Museion steht die Zeit still. Hier ist es Pflicht, alles zu tun, um das Werkzeug Mensch zu höchster Schärfe zu schleifen. Alles ist hier selbstverständlich. Und doch liegt ein leiser Hauch von Windstille, von Übersättigung in allem.
Am Rande seiner Gedanken stand plötzlich das Mädchen Wirklichkeit, als ihn die lauen Wasser umspielten. Hinweg, Mädchen Wirklichkeit! Du selbst warst der tiefste Traum, den ich in den wenigen Stunden hier träumte. Ich werde dich nie wiedersehen. Was man hier schaut, zerrinnt zwischen den Händen wie dieses duftende, schäumende Smegma, diese weißen Wolken, die mir der Diener auf den Schultern verreibt, dass sie das Wasser trüben.
Alles scheint hier einmalig zu sein. Auch einen Apollonios werde ich nie wieder sprechen, nie Wieder die Qualen seiner Eifersucht erblicken, nie wieder den starren Blick seines Hasses und die kalten Worte, in denen der heilige Zorn ihn um Jahrzehnte reifen ließ, fühlen. Vielleicht auch nie wieder dieses Bad, wie es mich heute umkräuselt. Ist das der letzte Sinn der Sattheit dieser Stadt, dass sie alles nur einmal erleben lässt, obgleich sie es täglich, stündlich bietet? Dass sie unsre Sehnsucht steigert, je vollkommener sie Erfüllung gibt? Poros und Penia, Überfluss und Mangel als die Eltern des Eros. So hat es der göttliche Platon gesehen. Hier aber erzeugt der Überfluss den Mangel, der zum unauslöschlichen Eros wird.
Die Schläfen pochten nicht mehr, als der Diener ihn mit kräuterduftenden Essenzen rieb und mit weichrauhen Tüchern trocknete. Eine beruhigende I-land hatte sich auf sein Denken gelegt. Es begann abzuebben und sich der Windstille zu nähern. Und er streckte sich auf das kühle Lager und hörte schon in weiten Fernen die leisen Tritte des Dieners, der sich in den Vorraum zurückzog.