Curso de alemán nivel medio con audio/Lección 087c

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Mathematik von A bis Z (Teil 24)
Vierundzwanzigstes Kapitel
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Problem der Quadratur
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Von der „Quadratur des Zirkels“ dürfte jeder Leser schon in irgendeinem Zusammenhang gehört haben. Ebenso darüber, daß diese Aufgabe unlösbar ist wie etwa die Konstruktion des „Perpetuum mobile“.
Was ist eine solche „Quadratur“? Nun, eigentlich nichts anderes als eine Flächenmessung. Denn die Aufgabe fordert, einen Kreis (Zirkel=circulus) entweder in lauter Einheitsquadrate zu zerlegen, ihn als die Summe solcher Quadrate darzustellen, zu sagen, wieviel Quadrateinheiten (etwa Quadratmillimeter) er enthalte; oder aber, was prinzipiell dasselbe ist, ein Quadrat darzustellen, das denselben Flächeninhalt hat wie der Kreis. Daß diese Aufgabe unlösbar ist, wie klein ich auch die Maßquadrate wähle, hat eigentlich erst Lindemann in den Achtziger jähren des neunzehnten Jahrhunderts bewiesen, obgleich man es schon weit früher ahnte und z. B. aus Leibnizens Reihe ungefähr wußte. Die Zahl   ist also ein unendlichcr Dezimalbruch irrationaler Art und da die Kreisfläche sich stets als   darstellt, muß   auch eine Irrationalzahl sein. Eine solche Zahl ist aber niemals durch irgendwelche, zur Messung verwendeten Quadrate darstellbar, da ich diese Quadrate ja unendlich klein machen müßte, damit mir nicht ein Rest bliebe. Unendlich kleine Quadrate aber sind Punkte, und die Fläche des Kreises, in Punkten gemessen, gäbe eine unendliche Anzahl solcher „Quadrateinheiten“.
Nun wußte aber schon der große Archimedes, daß es kompliziertere Gebilde als den Kreis gibt, deren Fläche durchaus nicht als Irrationalzahl sich darstellt. Es ist auch nicht einzusehen, warum eine krummlinig begrenzte Figur nicht zufällig inhaltsgleich sein könnte mit einer rationalen Zahl von Flächeneinheiten (Quadraten). Man kann dafür sogar einen höchst sinnfälligen „Beweis“ führen. Wenn man etwa aus einem durchaus gleichmäßig dicken Kartonblatt ein beliebiges Quadrat, etwa mit der Seite 1 cm, ausschneidet und dieses Blättchen auf einer Präzisionswaage abwiegt und dafür angenommenermaßen ein rundes Gewicht, etwa   Gramm erhält, dann muß es möglich sein, aus demselben Kartonblatt bei Anwendung peinlichster Sorgfalt eine beliebig krummlinig begrenzte Figur auszuschneiden, die etwa 3 Gramm wiegt. Diese Figur hat aber dann unbedingt den Flächeninhalt 30 Quadratzentimeter. Von Irrationalität ist dabei keine Spur.
Über solche Erwägungen hinaus gaben etwa die „Möndchen des Hippokrates aus Keos“ den Mathematikern Griechenlands schon viel zu denken. Ihre „Quadratur“ beruht auf einer Erweiterung des pythagoräischen Lehrsatzes. Es wurde nämlich, auch schon im Altertum, bewiesen, daß nicht nur die Summe der Quadrate über den Katheten gleich sei dem Quadrat über der Hypotenuse, sondern daß ganz allgemein die Flächensumme zweier ähnlicher, über den Katheten errichteter Figuren gleich sei einer ähnlichen Figur über der Hypotenuse. Nebenbei bemerkt liefert dieser erweiterte pythagoräische Lehrsatz einen ebenso einfachen als sinnfälligen Beweis für die „erweiterte Eselsbrücke“.
 
Fig. 42


Die Figur zeigt, daß sich das ganze rechtwinklige Dreieck durch eine Höhe h in zwei Teildreiecke zerlegen läßt, die einander ähnlich sein müssen, da ihre Winkel paarweise gleich sind. Man kann nun diese beiden Teildreiecke als ähnliche Figuren auffassen, die über den Katheten (hier allerdings nach innen) errichtet sind. Da nun weiter das ganze Dreieck den beiden Teildreiecken infolge Winkelgleichheit ebenfalls ähnlich ist und außerdem als „ähnliche Figur über der Hypotenuse“ aufgefaßt werden kann, ergibt sich die Richtigkeit des erweiterten pythagoräischen Satzes mit sinnfälligster Deutlichkeit. Denn die Summe der „Kathetendreiecke“ ist ja nichts anderes als das „Hypotenusendreieck“.
 
Fig. 43


Es ist außerdem nach dem erweiterten „Pythagoräer“ auch der Halbkreis über der Hypotenuse flächengleich der Summe aus den Halbkreisen über den Katheten. Denn Halbkreise sind untereinander stets ähnliche Figuren. Da sich aber der Halbkreis über der Hypotenuse in unserer Figur als Summe der Fläche des rechtwinkligen Dreiecks plus der Fläche der beiden weißen Segmente S1 und S2 darstellt, während die Halbkreise über den Katheten als Segment S1 plus Möndchen M1 bzw. Segment S2 plus Möndchen M2 in Erscheinung treten, muß nach dem erweiterten Pythagoräer die Gleichheit bestehen:
Dreiecksfläche + S1 + S2 = (M1 + S1) +(M2 + S2) oder
Dreiecksfläche + (S1 + S2) = (M1 + M2) + (S1 + S2) oder
Dreiecksfläche = (M1 + M2) + (S1 + S2) - (S1 + S2) oder
Dreiecksfläche = M1 + M2
Wir sehen zu unserem Erstaunen, daß es rein elementargeometrisch gelingt, die Summe der „Möndchen“ zu quadrieren. Denn die Dreiecksfläche kann jederzeit als irgendeine rationale Zahl angegeben oder ausgemessen werden. Die Möndchen aber sind allseitig krummlinig begrenzte Flächen, noch dazu von Kreisteilen eingeschlossen, so daß es nahe läge zu glauben, sie müßten irrationalen Flächeninhalt aufweisen. Es ist aber — und dafür gibt es keine Ableugnung — augenscheinlich das Gegenteil der Fall.
Da man nun, wie erwähnt, ähnliche Dinge schon im klassischen Altertum wußte, glaubte man, die Kreisausmessung scheitere nur an der Mangelhaftigkeit der Methode. Dazu kam aber noch ein Umstand. Ins Körperliche übertragen, entspricht der „Quadratur“ die sogenannte „Kubatur“, die Darstellung eines körperlichen Gebildes in „Einheitswürfeln“. Nun wäre, grob gesagt, das Problem, ein Kilogramm Birnen abzuwiegen oder einen bauchigen Krug mit dem Inhalt von zwei Litern herzustellen, von vornherein unmöglich, wenn es keine „Kubatur“ krummlinig bzw. krumm flächig begrenzter Körper gäbe. Quadratur und Kubatur scheitern also nicht so sehr prinzipiell am Unregelmäßigen oder Gekrümmten der Fläche und des Raumgebildes, als vielmehr am Fehlen der Methode, die Flächen und Körper rechnerisch zu fassen. Ein Rechteck, ein Dreieck, eine Pyramide, ein Prisma, auch noch ein Trapez oder ein Oktaeder kann man quadrieren bzw. kubieren, wenn genügend „Bestimmungsstücke“ (Seiten oder Kanten) gegeben sind. Beim Kegel, beim Zylinder und der Kugel treten infolge des dort unvermeidlichen   schon Irrationalitäten auf. Ebenso etwa beim Rotationsellipsoid. Wie man aber den komplizierteren krummlinig oder krummflächig begrenzten Flächen und Körpern beikommen sollte (von deren einigen man sogar wußte, daß sie quadrierbar und kubierbar sein müssen, da man sich davon durch Wägung überzeugen konnte), bildete eines der größten Rätsel und brennendsten Probleme der Mathematik. Obgleich wir damit schon Gesagtes eigentlich wiederholen, versetze man sich in die Lage eines Mathematikers, dem folgende Frage vorgelegt wird: Ist es eine Kubatur oder nicht, wenn 25 Kubikzentimeter Blei, die in genau gemessenen Würfelchen zu je 1 cm3 vor uns liegen, eingeschmolzen werden und man hierauf unter der Annahme, daß vom Blei nichts verloren ging, aus dem geschmolzenen Blei irgendeinen unregelmäßigen, krummflächig begrenzten „Kuchen“ gießt? Wenn man diesen Kuchen dann abwiegt und sich überzeugt, er habe das gleiche Gewicht mit den 25 Würfelchen; und wenn man schließlich behauptet, der „Kuchen“ sei kubierbar? Er enthalte nämlich genau das Volumen von 25 Kubikzentimeter. Darauf gibt es für den Mathematiker keine andere Antwort als das Einbekenntnis, die Mathematik sei unfähig, die Kubatur zu leisten. Außer auf Umwegen. Etwa, wie Archimedes das Goldvolumen der Krone des Königs Hieron von Syrakus dadurch bestimmte, daß er sie unter Wasser tauchte und die Menge des verdrängten Wassers maß, wodurch das berühmte „archimedische Prinzip“ entdeckt wurde.
Wir wollen jedoch nicht weiter orakeln, sondern bekanntgeben, daß Jahrtausende des Nachdenkens, von den ältesten Zeiten bis auf Kepler, doch manches Licht in das Problem brachten. So hat Kepler im besonders ergiebigen Weinjahre 1624 in Oberösterreich tiefgründige Untersuchungen über die Weinfässer angestellt und dabei nicht nur ihre Kubatur erforscht, sondern zugleich das schwierigere Problem angefaßt, wie man Fässer von möglichst großem Inhalt bei kleinstem Holzvcrbrauch (das heißt geometrisch: bei kleinster Oberfläche) erzeugen könnte.
Im siebzehnten Jahrhundert — es seien bloß Fermat, Cavalieri, Pascal, Gregorius a Sto. Vincentio, Wallis, Sluse, de Witt genannt — rückte man von allen Seiten dem Quadratur- und Kubaturproblem näher an den Leib und fand auch viel Gutes und Richtiges. Dabei bediente man sich zum Teil der Methoden des Archimedes, auf die hier noch nicht näher eingegangen werden kann. Volles Licht in die Zusammenhänge brachten allerdings erst Newton und Leibniz durch die Begründung der Infinitesimalgeometrie, der Unendlichkeitsanalysis.
Deshalb wollen wir jetzt die historischen Erörterungen beschließen und versuchen, Schritt für Schritt, möglichst sinnfällig das Problem der Quadratur zu lösen. Wir verzichten dabei bewußt auf philosophische Feinheiten, die auch heute noch nicht restlos geklärt sind, und gehen die Angelegenheit in einer Weise an, die unserem Widersacher oft Gelegenheit geben wird, die Augen entsetzt zum Himmel zu richten. Wir sind aber der Ansicht, daß ein ungefähres Verständnis besser ist als überhaupt keines. Besonders, wo wir eigentlich nicht mehr verbrechen, als daß wir Anschauungen wiedergeben, wie sie im achtzehnten Jahrhundert selbst die größten Mathematiker nicht als falsch empfanden. Der ehrgeizigere Leser kann sich dann immer noch später in den Werken großer und strenger Virtuosen der Mathematik von unseren Ketzereien reinwaschen.
Wir bemerken einleitend, daß das Quadraturproblem
(Das durchaus ähnliche Problem der Kubatur vernachlässigen wir, da wir nur „analytische Geometrie der Ebene“ voraussetzen.)
in großer Allgemeinheit erst zugänglich wurde, als einmal die Koordinatengeometrie begründet war. Also im Wesen nach Dcscartes. Und wir setzen es uns jetzt in den Kopf, den Flächeninhalt irgendeiner Fläche zu berechnen, die keineswegs überall geradlinig begrenzt ist. Etwa der Fläche OBC.
 
Fig. 44


Die Kurve K ist durchaus nicht das Stück eines Kreises. Sie ist irgendeine Kurve, allerdings eine, deren „Gleichung“ wir zufällig kennen. Diese Gleichung sei  , das heißt, jedes y ist für jedes x dadurch errechenbar, daß ich in die x den konkreten Wert für x einsetze. Wir schreiben absichtlich keine komplizierte Funktion hin, um später leichter rechnen zu können. Es ist aber vorausgesetzt, daß   irgendein verwickelter Ausdruck ist, bestehend aus einer Zusammenstellung von x-Potenzen mit Koeffizienten und von konstanten Größen.
  heißt also irgendein aus x-Potenzen und Konstanten bestehender Ausdruck, dessen nähere Einzelheiten mich momentan nicht interessieren.
Vielleicht stört den Anfänger diese erweiterte Allgemeinheit. Wir wollen ja jetzt nicht einmal mehr mil allgemeinen Zahlen, sondern mit noch höheren Einheiten, nämlich mit „faustischen Zahlen“oder Funktionen rechnen. Deshalb erläutern wir den Vorgang noch einmal kurz:
  wäre etwa  .
Natürlich könnte es ebensogut   oder noch etwas anderes sein. Etwa  .
Gemeinsam ist all diesen Möglichkeiten die Form  . Das heißt, in allen Fällen ist vorausgesetzt, daß der x-Wert willkürlich gewählt werden kann und sich dann y daraus zwangsläufig ergibt. Daher ist es arithmetisch auch dasselbe, ob wir y oder   sagen. Beide Größen sind einander ja gleich und sind geometrisch nichts anderes als Ordinaten. Die „faustische Zahl“ ist also nichts anderes als eine Ordinate, die aus dem jeweiligen Punkt x der Abszissenachse gezogen wird. Die „Kopfpunkte“ aller Ordinaten aber bilden die „Kurve“.
Noch eine kleine Zwischenbemerkung, bevor wir die „Quadratur“ entdecken gehen. Real gesprochen, heißt „Funktion“ die Tatsache, daß eine Größe gesetzmäßig von einer anderen abhängt Jedes Kind weiß, daß sieh Gegenstände durch Erwärmung ausdehnen. Auf dieser physikalischen Erfahrung beruht ja das Quecksilberthermometer. Ich darf nun sagen daß die Ausdehnung eine Funktion der Temperatur sei. Solche Beispiele lassen sich zu Tausenden ersinnen. Die zurückgelegte Strecke bei einer Reise ist eine „Funktion“ der Reisegeschwindigkeit. Die Schnelligkeit des Falls von Körpern ist eine Funktion der Anziehungskraft der Erde, die Größe des Menschen eine Funktion des Alters. Auch die Güte des Weines und Gorgonzolakäses kann eine Funktion des Alters sein.
Da aber etwa auch der Flächeninhalt eines Kreises vom Radius abhängt, so ist die Kreisfläche eine Funktion des Radius. Als weiteres Beispiel noch eine Betrachtung aus dem Alltagsleben: Jeder versierte Raucher weiß, daß Zigaretten milder schmecken, wenn sie dicker sind. Derselbe Tabak in einer dünneren Hülse schmeckt schärfer als in einer Hülse größeren Durchmessers. Wie läßt sich das erklären? Nun, sehr einfach. Die Papiermenge wächst bei größerer Zigarettendicke in „linearem“ Maßstab.  . Ist r etwa 5 mm,dann bekommt man den Rauch von ( ) mm, also etwa 31,4 mm Papier zu schlucken.
Wird r = 10 mm, dann verbrennt ein Papierumfang von ( ) mm, also 62,8... mm. Die Tabakfläche, die brennt, ist dagegen durch   ausgedrückt. Bei r=5 mm ist sie ( ) mm = 78,5... mm2, bei r=10 dagegen ( ) mm = 314,1... mm2.
Nun die Nutzanwendung: Die „Milde“ ist eine quadratische Funktion von r, die „Schärfe“ eine bloß lineare. Wollte ich die „Bildkurve“ zeichnen, würde ich sehen, daß die „Milde“ ungleich rascher steigt als die „Schärfe“.
(Die „Milde“ steigt in einer Parabel, die „Schärfe“ in einer geraden Linie.)
Deshalb sind eben dickere Zigaretten bei Materialgleichheit milder als dünnere.
Zum Abschluß ein parodoxes Beispiel, das wir dem ausgezeichneten Buch von Georg Scheffers entnehmen. Es sei um den Äquator ein eiserner, genau anpassender Ring gelegt, der aus lauter Teilstücken zu je einem Meter besteht. Die Erde ist als geometrisch ideale, glatte Kugel angenommen. Wieweit, fragen wir, wird der Ring sich lockern, wieweit wird er ringsherum um die Erde abstehen, wenn ich an irgendeiner Stelle ein Meterslück einfüge. Jeder wird nach dem „Hausverstand“ antworten, daß man die Lockerung über haupt nicht bemerken wird. Ein Abstand von der Erde wird sicherlich nirgends sichtbar sein, da er höchstens einige Milliontel von Millimetern betragen könnte. Nun, so billig ist die Sache keineswegs. Unser Beispiel wird uns nicht bloß von der Unverläßlichkeit des „Hausverstandes“ sondern auch von der wunderbaren Eindeutigkeit der Mathematik überzeugen.
Wir schließen folgendermaßen: Der ursprüngliche Kreis hat den Umfang  . Folglich ist der Radius  . Der um das Meterstück erweiterte Kreis hat den Umfang  , folglich den Radius  , da jeder Radius nach der Formel   zu berechnen ist. Nun subtrahieren wir den kleineren vom größeren Radius, wodurch wir den Abstand des neuen Kreisringes von der Erde erhalten müssen. Also
   
 
 
Da wir Metermaß verwendeten,ist  , was 15,92... cm oder rund 16 cm ergibt. Wahrhaftig, ein verblüffendes Resultat! Der Kreisring um die Erde wird also durch Hinzufügung eines einzigen Meters zu den restlichen 40.000 Kilometern überall um 16 cm von der Erde abgerückt. Der Mathematiker allerdings wundert sich nicht. Denn er sieht aus der Beziehung
 
daß der Abstand nur von   abhängt, also von einer Größe, die mit dem jeweiligen Radius nichts zu tun hat. Er würde schreiben
 
und damit zum Ausdruck bringen, daß der Abstand bei Einfügung eines neuen Kreisstückes stets um das gleiche wachst, ob es sich nun um den Äquator, einen Fingerring oder um die als kreisförmig angenommene Neptunbahn handelt. Stets ist allgemein
  wobei St das eingefügte Stück bedeutet. Füge ich gar etwa einen ganzen Kreisumfang ein, also  , dann erhalte ich
 
was nichts anderes sagt, als daß bei einem Kreis von doppeltem Umfang auch der Radius aufs Doppelte wächst. Das aber wissen wir schon vom „Zigarettenbeispiel“, allerdings in umgekehrter Weise.
Für „Naturverständler“ will ich nur beifügen, daß ja 16 cm auch im Verhältnis zum Erdradius im selben Verhältnis so wenig bedeuten wie der Meter zum Erdäquator. Wenn man das gehörig erfaßt hat, wird man wissen  
und wird befriedigt sein.
Jetzt aber, wieder um ein Stück gebildeter und elastischer, müssen wir uns der Quadratur zuwenden. Wir legten uns schon früher die Aufgabe vor, ein Flächenstück zu berechnen, das etwa durch eine uns bekannte Kurve mit der Gleichung  , der Abszissenachse und durch zwei Ordinaten   und   begrenzt wäre (s. Fig. 45).
Es ist aus der Figur ersichtlich, daß unsere gesuchte Fläche zwischen der Summe aller senkrechten Flächenstreifen (Rechtecke) liegen wird, bei denen die schraffierten kleinen Rcchtccke nicht mitgezählt sind und zwischen der Summe aller Streifen, bei denen diese schraffierten Rechtecke mitgezählt sind. Wäre keine Kurve, sondern eine Gerade vorhanden, dann hätte ich leichtes Spiel. Denn danil wäre jedes der schraffierten Rechtecke halbiert und ich könnte alles sehr einfach berechnen. Da wir aber nun gerade eine Kurve zur Grundlage der Quadratur benutzen wollen, müssen wir weiter forschen.
 
Fig. 45


Wie groß ist einmal die Summe der sogenannten „der Kurve einbeschricbenen“ Streifen. Wir haben die Streifen numeriert:
Streifen I   ist  
Streifen II  ist  
Streifen III ist  
usw. bis
Streifen VIII ist  .
Da nun aber weiter   gleich ist   usw., da ja die x um gleiche Betrage nach rechts rücken, nennen wir diese Differenzen, die alle gleich sind, einfach  . Somit ist die Summe der einbeschriebenen Streifen
      
Die Summe der umbeschriebenen Streifen, deren jeweilige Höhe naturgemäß größer ist als die der einbeschriebenen, da ja noch die kleinen geschrafften Rechtecke dazukommen, ist laut Figur:
      
Wenn wir uns nun erinnern, daß man solche Summen mit dem Summenbefehl schreiben kann, dürfen wir die erste Summe
  und die zweite Summe   setzen.
Weiters dürfen nach dem distributiven Gesetz die Faktoren, die bei allen Summanden vorkommen, vor das Summenzeichen gestellt werden.
Ich darf also   und   schreiben.
Wenn wir weiters die gesuchte richtige, von der Kurve begrenzte Fläche mit F bezeichnen, dann wissen wir, daß
 
was nichts anderes ist, als die mathematische Formulierung dafür, daß die von der Kurve begrenzte Fläche zwischen der Summe der einbeschriebenen und der umbeschriebenen Flächenstreifen liegt.
Man könnte sich nun der großen Mühe unterziehen, mit Hilfe der bekannten Gleichung  , die y-Werte für alle x-Werte wirklich auszurechnen. Dadurch erhielte man sowohl die Fläche der einbeschriebenen als der umbeschriebenen Rechtecke und wüßte, daß die gesuchte „Quadratur“ irgendwo zwischen diesen Werten liegt. Machen wir nun das   kleiner und kleiner, die Flächenstreifen also schmaler, dann wird der Zwischenraum zwischen der „Innensumme“ und der „Außensumme“ der Streifen, wie man leicht aus einer entsprechenden Zeichnung sehen könnte, stets kleiner werden. Wenn man nach dieser Methode, die uns die Wirklichkeit stets besser erschöpft (daher Exhaustionsmethode von exhaurire = ausschöpfen), fortfährt, kommt man schließlich zu ganz guten angenäherten Ergebnissen. Allerdings ist die Arbeit ungeheuer groß und das Resultat, wie erwähnt, nur angenähert. Man stelle sich etwa vor, die Parabel   für den Bereich von   und   zu „erschöpfen“. Man müßte zuerst feststellen, wie groß   ist. Da ich zwischen   und   nicht weniger als 999 Flächenstreifen legen soll, wäre  . Nun müßte ich Schritt für Schritt tausendmal das y berechnen. Also für
 
usw.
Dann müßte ich weiters sämtliche einbeschriebenen und sämtliche umbeschriebenen Flächenstreifen berechnen. Also:
einbeschriebener Streifen l  
einbeschriebener Streifen 2  
usw.
umbeschriebener Streifen 1  
umbeschriebener Streifen 2  
Wenn man nun auch 1000 Streifen statt 999 hätte wählen können, um die Rechnung zu vereinfachen und wenn auch weiters jeder nächstfolgende um beschriebene dem vorhergegangenen einbeschriebenen Streifen gleich ist, sieht man doch, daß schon eine so einfache Funktion wie
 
geradezu unerhörte Schwierigkeiten macht und daß man außerdem nur erst ein angenähertes Ergebnis dadurch erhält.
Man sieht aber noch etwas anderes: daß nämlich die Genauigkeit zunehmend wächst, in je mehr Streifen wir die Fläche zerlegen. Wenn wir also das   so klein als möglich wählen dürften, wenn wir aus   das dx, das eben noch „hinschwindend“ eine Größe besitzt, zur Grundlinie der Flächenstreifen machen könnten, dann würden wir eine genaue Quadratur erhalten. Dazu aber müßten wir unendlich viele y berechnen, denn jede Länge des x bestellt aus unendlich vielen dx. Wir fordern also zur Quadratur eine Operation, die es erlaubt, die Summe aller, innerhalb eines Bereiches von   bis   gelegenen bzw. von diesen Fußpunkten aufragenden Ordinaten mit dx zu multiplizieren. Der große Cavalieri schrieb daher das Quadraturproblem als „Summa omnium y“ („Summe aller y“). Und Leibniz notierte auf jenem welthistorischen Zettel am 29. Oktober 1676 die Worte: „Es wird nützlich sein, von nun an statt ,summa omnium y‘ des Cavalieri das Zeichen   zu schreiben...“
Wir sind damit eigentlich auf dem Gipfel unseres Buches angelangt. Leibniz behauptet, es sei nützlich, statt des „Summa omnium y“-Befehls einfach den Integralbefehl   zu erteilen.
(Das Wort Integral wurde von Jakob Bernoulli geprägt und mit Leibniz einverständlich als Bezeichnung des neuen Algorithmus   festgesetzt.)
Ist das nicht bloß eine Wortspielerei? Oder steckt doch mehr dahinter? Etwa wieder eine „wahre Kabbala“?
Das müssen wir jetzt Schritt für Schritt untersuchen. Auf jeden Fall wissen wir schon, was von uns verlangt wird. Wir wollen es noch verdeutlichen. Wie beim Summenzeichen werden wir den „Bereich“ des Integrals notieren und dieses dadurch zum „bestimmten“ Integral machen. Ist das erste x, das uns interessiert, etwa gleich a und das Ende des Bereiches  , dann schreiben wir:
 
und lesen: „Integral über y von a bis b“. Oder „Integral von y von der Untergrenze a bis zur Obergrenze b“. Nun wollen wir einen weiteren Schritt vorwärts machen. Wir wissen, daß y gleich ist f(x). Daher können wir auch schreiben
 
Der Befehl also wäre da. Nun fehlt aber noch das Rezept zur Ausführung des Befehls. Denn an und für sich ist der Befehl wieder einmal der helle Wahnsinn. Wir werden uns zur Konstatierung dieses psychopathischen Verlangens einmal ansehen, was im Bauche des Integrals vorgehen muß, um den Befehl zu erfüllen. Diese Zaubermaschine soll nicht weniger leisten, als folgende unendliche Summe zu bilden:
1. Flächenstreifen  
2. Flächenstreifen  
3. Flächenstreifen  
4. Flächenstreifen  
usw. unendlich oft,
vorletzter Flächenstreifen  
letzter Flächenstreifen  
Dabei bedeuten  ,   usw. die y-Werte, die bei dem jeweiligen  ,  ,   usw. resultieren.
Außerdem soll das dx gleich sein  , also den letzten Wert vor dem Nichts repräsentieren. Oder wie man ungenau sagt: dx soll unendlich klein sein.
Da nun Leibniz und all die anderen großen Geister, die diese Wissenschaft begründeten, alles andere eher als geistesgestört waren, wollen wir nicht weiter grübeln, sondern wir werden jetzt das Wunder dankbar aus ihren Händen in Empfang nehmen.
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