Nach diesem Exkurs über das Größenwachstum durch verschiedene mathematische, äußerlieh harmlos aussehende „Befehle“ wollen wir uns dorthin vortasten, wo man mit „Fakultäten“ rechnet: In das Gebiet, für das der Begriff dieses 1•2•3•4•5•6•7•8 usw., also der Begriff des Rufzeichens neben der Zahl, eingeführt wurde. Es ist ein Teil des Algorithmus der sogenannten Kombinatorik, der Konibinationskunst im weiteren Sinne. Da das Wort „kombinieren“ jedem geläufig ist, wollen wir uns nicht mit einer Verdeutschung abplagen. Man könnte allenfalls von Zusammensetzungsoder Umslellungskunst sprechen, ich glaube aber, wir bleiben lieber beim Worte Kombinatorik.
Wieder fällt es uns nicht im entferntesten ein, etwa jetzt eine Reihe von Definitionen oder Festsetzungen voranzustellen, wie es mathematisch korrekt wäre. Wir sind Rekruten und Wildlinge und entdecken alles, was uns interessiert, auf erfahrungsmäßiger Grundlage. Wobei ich auf den entsetzten Seitenblick unseres Widersachers so weit nachgebe, feierlich zu erklären, daß das niemals heißen soll, die Mathematik sei eine Erfahrungswissenschaft. Mathematik stammt, grob gesagt, ausschließlich aus dem Kopf, kann ohne jede Erfahrung aufgebaut werden und wird auch in ihren Ergebnissen durch Erfahrung niemals bestätigt oder widerlegt. Sondern lediglich durch Uberprüfung der Korrektheit ihrer logischen Operationen. Das aber nur nebenbei für philosophisch interessierte Leser, die sich zu diesem Gegenstand das Wort „a priori“ oder „aprioristisch“ vormerken wollen.
Arbeiten wir also, ohne den Widersacher weiter zu beachten, zuerst mit dem uns schon bekannten mathematischen Material. Fragen wir zum drittenmal, wie es möglich ist, aus den zehn Zeichen des dekadischen Systems alle Zahlen der Welt zusammenzusetzen. Jeder, der sich etwa die Zahlen 123, 132, 213, 231, 312, 321 ansieht und halbwegs ein Fingerspitzengefühl für die Bedeutung von Worten hat, wird sagen, man „kombiniert“ eben aus den einzelnen Ziffernzeichen die verschiedenen Zahlen. Vollständig richtig! Alle Zahlen der Welt in den von uns erörterten Systemen kommen „kombinatorisch“ zustande. Wir verstellen die Ziffern, setzen die Zahlen durch Vertauschungen der Zeichen zusammen und geben so jeder Zahl gleichsam ein anderes Gesicht. Vom Stellenwert soll hier nicht gesprochen werden. Uns interessiert lediglich die Unterscheidungsmöglichkeit der äußeren „Zahlenbilder“, wenn man so sagen darf. Ich entdecke aber, wenn ich alles recht überlege, große Unterschiede in der Art, wie ich zusammensetze. Bei Zahlen, deren Stellenzahl unter zehn liegt, verwende ich von den zehn Zeichen stets nur höchstens eines, zwei, drei usw. bis neun für jede Gruppe. Dabei darf ich noch, wie bei 1111 oder 1212 oder 1112, eine und dieselbe Ziffer mehrmals anschreiben. Bei zehnziffrigen Zahlen kann ich alle zehn Ziffern verwenden und sie bloß untereinander vertauschen. Etwa 1234567890 oder 1347658092 usf. Es gibt aber auch zehnziffrige Zahlen, bei denen Ziffernzeichen mehrfach vorkommen. Etwa 1.000.000.000 oder 2.322.234.777. Bei Zahlen mit mehr als 10 Ziffern schließlich müssen einzelne Ziffern mehrmals vorkommen, da ich einfach nicht fünfundzwanzig verschiedene Zeichen schreiben kann, wenn ich nur zehn Zeichen besitze.
Wir haben in ein wahres Wespennest gestochen. Und ich denke, unser erster Schritt hat uns mehr verwirrt als aufgeklärt. Wie soll man dieses, ins Unendliche verlaufende Zahlenchaos mit einem Algorithmus packen? Was helfen da alle „Befehle“, wenn einem der Kopf nur so schwirrt? Mit „Experimenten“ ist nichts getan. Bei einigermaßen höherer Stellenzahl kommen wir — das wird bald offenbar werden — zu einer Anzahl von Möglichkeiten, deren Erschöpfung, auch wenn wir Tag und Nacht „kombinieren“, Zeiten erforderte, die sich nur im Lebensalter von Sonnensystemen ausdrücken ließen. Unser erster „Algorithmus“ (des Ziffernsystems) ist ein Zauberlehrling geworden und beginnt in den eigenen Wassern zu verschwimmen. Also doch ein Befehl! In die Ecke, Besen, sei's gewesen!
Die wahre Kabbala ist nur mit der Kabbala zu bändigen. Wortzauber, Symbolzauber kann nur wieder durch Wortzauber neutralisiert, unschädlich gemacht werden.
Und wir beginnen damit, daß wir die Kombinatorik kombinieren, also den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Um aber die Gegenständlichkeit nicht zu verlieren, wollen wir unsere Kombinatorik der Kombinatorik, unsere Kombinatorik zweiter Potenz, in Beispiele einkleiden. Zum Schluß aber werden wir prüfen, ob wir alle Möglichkeiten erschöpft haben und gleichsam ein geschlossenes System der Kombinatorik aufstellten.